Daemonenherz
Hintergrund gehalten. Hier nun richteten sich plötzlich alle Augen auf mich. Was ich tat. Was ich nicht tat. Wie ich mich verhielt. Alles konnte über Leben oder Tod – oder in meinem Fall Höllenwurm – entscheiden.
Ich schlenderte an ein paar Marktständen vorbei. Die Preise waren recht günstig verglichen mit dem, was ich laut meinem Account auf dem Konto verfügte.
Ich war reich!!
Plötzlich wirkten die Klamotten und Waffen in den Schaufenstern verlockender. Vom Schmuck ganz zu Schweigen. Vielleicht konnte ich sogar irgendwann aus dem Schlosszimmer ausziehen. Ein Zimmer war ja wohl ein Witz. Ich wollte ne Stadtwohnung in einem der Hochhäuser. Ein Loft wär geil.
Ich stutzte. Machte ich ernsthaft gerade Pläne, mich hier häuslich einzurichten? In der Hölle?
Rasch wollte ich mich dazu ermahnen, das zu unterlassen. Aber wozu? Was war falsch daran.
Ich erspähte einen Markt auf einem der Plätze und beschloss, da nach was Essbarem zu suchen.
Ein Stand mit Früchten zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Es würde sicher nicht schaden, etwas zu Essen im Zimmer zu haben.
«Hallo», sagte ich zum Verkäufer hinter dem Tisch.
Er war ziemlich dick und seine Haut vernarbt. Nur ein einfaches Stück Leder bedeckte sein bestes Stück. Immerhin trug er Handschuhe.
«Hallo junge Dame», meinte der Dämon. «Was kann ich euch geben.»
«Nun, ehrlich gesagt», begann ich zögernd. «Ich habe keine Ahnung, was das alles ist.»
Er lachte donnernd. «Das kann ich glauben. Ihr seid die Neue hier. Ich muss schon sagen, ihr beweist Mut, hier alleine durch zu marschieren.»
Jetzt bloß keine falsche Antwort, schoss es mir durch den Kopf. «Mut brauchen nur jene, die in Gefahr schweben. Ich sehe hier keine Gefahr für mich.»
Etwas mehr Selbstvertrauen hatte noch niemandem geschadet. Hier würde es eventuell sogar mein Leben retten.
Der Verkäufer lachte erneut. «Nun, hier hätten wir Äpfel aus den Tälern des Styx», meinte er und wies auf große, silberne Kugeln. «Sie wachsen wild auf den sanften Wiesen nahe des Flusses. Das hier sind Pechbeeren aus den Tiefen von
Avaritia
. Die hier, junge Dame, sind besonders süß. Das sind Melonen aus
Luxuria.
Probiert nur. Ich garantiere euch, die Qualität ist hervorragend. Der Geschmack von Gold wird euch auf der Zunge zergehen.»
Ich nickte. Er griff nach einer Beere, die golden schimmerte und reichte sie mir. «Goldbeeren aus
Avaritia
. Unweit der Ebene von Niflheim.»
Zögernd nahm ich sie zwischen die Finger. Er lachte. «Keine Sorge, es bringt mir nichts, euch zu vergiften. Das würde euch töten und ich wäre weiterhin im fünften Rang.»
Ich beschloss, ihm zu trauen und aß die Beere. Sie schmeckte unglaublich. Süß und trotzdem irgendwie würzig.
«Ich sehe schon, sie schmeckt. Also, was darf ich euch mitgeben?»
Mein aufgeplustertes Ego wollte gerade antworten, da kreischte es hinter mir laut. Ich drehte mich geistesgegenwärtig um und hob das Schwert.
Die Dämonin blieb abrupt stehen und keuchte. Ihre rotglühenden Augen wurden matt und sie starrte mich entgeistert an. Das Messer in ihrer Hand fiel klirrend zu Boden.
Mein Blick schweifte nach unten. Mein Schwert stak tief in ihrem Körper. Ich begann zu zittern und umklammerte den Knauf noch stärker.
Die Angreiferin brach zu Boden.
Ich konnte nicht klar denken, nicht sprechen. Ich hörte das zaghafte Flüstern der umstehenden Dämonen. Wie sie mich ehrfürchtig ansahen.
Ich hatte zwei Möglichkeiten. Entweder ich gab jetzt nach oder ich spielte das Spiel weiter, bis ich zurück im Schloss war. Ich zog das Schwert mit einem Ruck aus dem leblosen Körper und drehte ich mich zum Verkäufer um. Er starrte mich halb beeindruckt, halb belustigt an.
«Ich hätte gern vier von denen, zwei von denen, eine Melone und eine Schachtel von denen hier», flüsterte ich und erwiderte seinen Blick gelassen.
Er zögerte einen Augenblick, schließlich lachte er und nickte. «Wahrhaftig, Mut braucht ihr nicht», rief er, als er mir die Früchte einpackte. «Bitte sehr», sagte er. «Zweihundert Silber.»
Ich hielt ihm mein Handgelenk mit dem Armband entgegen und er scannte es.
Er lächelte breit. «Es war mir ein Vergnügen, Engel. Beehrt mich bald wieder.»
Ich zwang mich, sein Lächeln nicht zu erwidert, nickte stattdessen ruhig und eilte zum Schloss zurück.
Weder sah ich mich um, noch blieb ich stehen, bis ich zurück in den schützenden vier Wänden meiner Kammer angekommen war. Kaum war ich dort, ließ ich das
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