Daemonenherz
würde und die Tatsache, dass mich Gott persönlich aufgrund von fadenscheinigen Gründen hier unten schmoren ließ. Operation Verdrängung klappte. Ihr war es zu verdanken, dass ich jetzt gemütlich in einem Cafe im Zentrum von Tartaros saß und mit Belial locker über meinen Job reden konnte.
Sie vermied es – genauso wie alle anderen, denen irgendetwas an mir lag – eines der erwähnten Themen anzusprechen.
«Was hattest du im Antragsbüro zu schaffen?»
«Nichts besonders. Er wollte irgendwelche Zahlen, wie immer. Was machen die da?»
Belial nahm einen Schluck aus ihrer Tasse. «Das Antragsbüro bearbeitet die Aufnahmegesuche der Verdammten.»
«Die was?»
«Einigen sind die Pfuhle zu brutal.» – «Kann ich nachvollziehen», antwortete ich rasch und dachte an diejenigen zurück, die ich bis jetzt gesehen hatte.
Luxuria
,
Ira
und
Gula
. Alle drei waren keine Ferienressorts. Mir schauderte beim Gedanken daran.
In
Luxuria
bestrafte die Hölle die Wollüstigen, jene, die der Genusssucht und den Ausschweifungen gefrönt hatten. Ich hatte dort nur Teile gesehen auf meinem Weg hinauf zum Zentralbüro, das auf einem Hügel gleich am Anfang des Pfuhles lag. Die schöne Ebene mit den grünen Wiesen, die Obstgärten und dem klaren Fluss waren trügerisch. Überall flohen die Verdammten vor den abscheulisten Dämonen, die abscheuliche Dinge mit ihnen taten, falls sie eine der Seelen erwischten.
Ira
war eine widerliche, felsige Grube aus Lavagestein nahe Ygdrasil. Man erreichte sie durch einen Höhlengang im Vulkan und dort richteten die Dämonen tagtäglich ein Blutbad unter jenen an, die ihre Sünden im Zorn begangen hatten. Immer und immer wieder wurden die Verdammten getötet, nur um später wieder zum Leben erweckt zu werden. Der Geruch von Blut hatte sich so stark in mein Gedächtnis gebrannt, dass ich noch Tage später glaubte, ihn in der Nase zu riechen. Das Hauptbüro der Verwaltung von
Ira
lag auf der anderen Seite der Grube und war nur über einen schmalen, felsigen Grat über den Verdammten zu erreichen. Ich zog es vor, dort meine Flügel zu benutzen und möglichst weit entfernt von den Klingen und Mordinstrumenten der Dämonen zu sein.
In
Gula
, einem riesigen Festsaal mitten in Sheol, waren die Seelen dazu verdammt, alles Essen in sich hinein zu stopfen, das auf den Tischen gedeckt war. Das war viel. Und es war eklig. Ich eilte damals ziemlich schnell an den Tafeln vorbei und verschwand im Büro dahinter, um die Akten abzuliefern, die ich in einer Kiste den ganzen Weg hatte dort hin schleppen müssen.
Viele der Verdammten wechselten zwischen den Pfuhlen. Manchmal war es aufgrund der Taten nicht klar zuzuordnen, welcher Pfuhl angebracht war. Die meisten, die sich auf der Erde etwas zu Schulden kommen ließen, beschränkten sich nicht auf eine bestimmte Sparte und so wurden sie alle paar Dekaden durch neue Qualen gescheucht.
Ich war etwas in Gedanken versunken. Belial musterte mich ungeduldig. «Irial? Hast du es ausgehalten?»
Ich nickte und würgte beim Gedanken an die Dinge, die ich in den Pfuhlen gesehen hatte. «Es ging.»
Das war maßlos übertrieben. Als ich erfahren hatte, das die Verdammten in
Gula
nach dem Festmahl oft bei lebendigem Leib gekocht wurden, nur um wieder aufzuerstehen und weiter fressen zu müssen, verlor ich etwa fünf Kilogramm, weil ich tagelang nichts mehr aß.
Bis mir bewusst wurde: Ich hatte weitaus größere Probleme mit mir selbst, als mich noch um Mörder, Vergewaltiger und Schläger zu kümmern. Je länger ich mit den Verdammten zu tun hatte, umso mehr wurde mir bewusst, wie brutal Menschen sein konnten. Und mit jedem Tag der verging, wuchs meine Abscheu dieser Spezies gegenüber, der ich einst freiwillig hatte angehören wollen.
Rasch wandte ich mich an Belial.
«Was war mit den Anträgen?»
«Wenn die Verdammten wollen, können sie den Antrag stellen, dauerhaft aufgenommen zu werden. Wird der Antrag gewährt, werden sie zu Dämonen und bleiben hier. Somit sind sie nicht mehr berechtigt, eine Wiedergeburt zu erwirken. Die Anträge müssen logischerweise alle geprüft werden und jene, die in die engere Wahl kommen, müssen Lucifel vorgelegt werden. Er entscheidet zuletzt.»
Ich nickte und klaute ein Stück von ihrem Kuchen. «Ihr leistet ziemliche Arbeit da oben, wenn ich die Zahlen der letzten Jahre so ansehe«.
Belial lachte. «Das Tolle daran ist, dass wir gar nicht so viel tun müssen. Die Menschen machen das größtenteils selbst. Wir brauchen nur noch
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