Daemonenherz
Stunde später eilte Belial durch das Haupttor in die Eingangshalle des Schlosses, wo ich wartete.
Ich war wütend. Die ungefähr zwanzig Minuten in denen ich gewartet hatte, waren nicht ansatzweise genug, um mich abzukühlen.
«Was verflucht nochmal sollte das?!» schrie ich sie an. «Ihr musstet mich beschatten?! Ihr habt mich verfolgt?! Verdammt nochmal was sollte das?!»
Belial zog eine Augenbraue hoch und antwortete gelassen. «Warum, wolltest du sterben?»
«Wieso habt ihr mir das nicht gesagt, zum Teufel?!» Wütend ging ich im Saal hin und her. «Ah entschuldige, ich habe es ganz vergessen. Ich bin ja hier euer Arschloch!! Dafür bin ich schließlich hier!»
Die Ohrfeige kam so schnell, dass ich einige Sekunden erstarrte, ehe ich den Schmerz spürte. Belial musterte mich ruhig.
«Schraub runter, Irial», zischte sie und packte mich am Arm. «Er hat das angeordnet. Reiß dich zusammen.»
Ich atmete tief durch. «Du sollst mich trainieren.»
«Ich dich trainieren?» fragte sie ungläubig und starrte mich an.
In ihrem Gesicht spiegelte sich in etwa so viel Begeisterung wie in meinem.
Die nächsten zwei Wochen verbrachte ich damit, mich von Belial durch die Gärten des Schlosses hetzen zu lassen. Sie brachte mir Grundschritte bei und sie trainierte meine Flugfähigkeiten. Mehr nicht. Für mehr reichte die Zeit nicht aus. Zwei Wochen waren eindeutig zu wenig, um aus mir eine Schwertkämpferin zu machen. Das wusste Belial genauso wie ich. Lucifel wusste das mit Sicherheit auch. Wie ich ihn hasste.
Ich war froh, sah ich ihn in dieser Zeit nie.
Auch von jemand anderem hörte ich nichts. Keine Antwort von Raciel. Alle paar Minuten starrte ich auf mein Armband, selbst wenn Belial bei mir war und auch ihr Armband kein Zeichen für eine neue E-Mail von sich gab. Es war so, wie ich befürchtet hatte. Dass ich ihm geschrieben hatte und nun auf Antwort wartete bedeutete auch, dass ich ständig an ihn denken musste. Meine Verdrängungstaktik klappte nicht mehr und so versank ich in Selbstmitleid. Belial riss öfter der Geduldsfaden und sie schrie mich an. Das prallte an mir ab wie ein Gummiball an einer glatten Scheibe.
«So, genug. Die zwei Wochen sind um», verkündete sie mir bald und ich konnte in ihrer Stimme hören, dass sie ziemlich froh darüber war.
Die anderen hatte ich in den zwei Wochen nie gesehen. Belial hatte mich abgeschottet und ich freute mich ehrlich, dass ich nun aus ihren Fängen entlassen wurde.
Müde fiel ich auf mein Bett und streckte mich. Ich würde vermutlich sterben, sobald Lucifel einen Job für mich haben würde. Für einen schmerzhaften Augenblick ließ ich den Gedanken zu, dass Raciel sich vermutlich gar nicht mehr um mich scherte und ich fragte mich, warum nicht endlich irgendetwas passierte, das mir helfen würde.
Ich bin doch schon in der Hölle…
Ich musste eingeschlafen sein. Als ich erwachte lag ich quer über dem Bett und meine Haare hatten sich verknotet. Langsam öffnete ich die Augen und gähnte. Vor mir lag der Armreif, vermutlich hatte ich ihn ausgezogen. Er leuchtete.
Sofort war ich wach und riss es an mich. Hastig öffnete ich den Laptop und das Mailprogramm. Ein E-Mail von Belial. Mein Herz raste, als ich es anklickte. Zuoberst war ihr Kommentar.
Tut mir Leid.
Ich begann zu zittern. Tut mir leid war nicht gut. Schnell scrollte ich weiter hinunter.
Irial,
Du solltest dich nicht unnötig in Gefahr bringen und mir schreiben. Es geht mir gut, dank dir. Bitte, bring dich nicht unnötig in Schwierigkeiten. Pass auf dich auf.
Mach's gut,
Raciel
Ich überflog die Zeilen immer und immer wieder. Als könnte ich so die Worte finden, die ich so schrecklich vermisste. Jedes Wort nahm ich in Gedanken einzeln auseinander und fragte mich, ob sie etwas anderes bedeuteten als das, was ich las.
Kein Wort darüber, dass er mich vermisste. Kein Wort darüber, ob er mich liebte oder ich ihm fehlte. Nichts. Nur die Aufforderung, ihm nicht mehr zu schreiben. Und ein
Mach‘s gut
.
Ich wusste, was ein
Mach's gut
bedeutete.
Das war’s. Er würde nicht kommen. Er würde mich nicht retten. Niemand würde mich retten.
Wütend schüttelte ich den Kopf.
«Dummkopf», schalt ich mich selbst.
Ich hatte wissen wollen, ob es ihm gut ging. Es ging ihm gut. Ich wusste auch, dass wir beide keine gemeinsame Zukunft hatten. Was regte ich mich jetzt so auf? Was hatte ich erwartet?
Es ging ihm gut. Punkt. Mehr ging mich nichts an. Nie wieder. Bis
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