Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
Brakandaran.
»Ja«, antwortete Tarjanian, ohne die Augen von dem Gasthaus zu wenden. »Setz dich an einen Platz nahe der Tür. Mime keinen Helden. Greif nur auf meiner Seite ein, wenn es notwendig wird. Sollte es zum Äußersten kommen, nimm Reißaus und warne unsere Kameraden.«
»Ich habe keinen Ehrgeiz, zum Helden zu werden«, gestand Brakandaran, stand auf und streifte Holzspäne von seinen Beinkleidern. »Falls es mit Euch übel ausgeht, nehme ich das nächste Flussschiff nach Fardohnja.« Tarjanian warf ihm einen bösen Blick zu. »War bloß ein Scherz, Tarjanian.«
»Wir sehen uns drinnen«, antwortete Tarjanian und fragte sich insgeheim, wann er wohl seinen Sinn fürs Schrullige verloren haben mochte.
Brakandaran überquerte die Uferstraße mit schwankendem Gang, der ihn genauso als Seemann kennzeichnete wie seine von der Sonne gebräunte Haut und die grobe Leinenbluse. Er strebte zu dem Gasthaus und betrat es. Argwöhnisch wartete Tarjanian, aber es ereignete sich nichts. Flüchtig überlegte er, ob er am verkehrten Tag aufgebrochen war oder ob Dracos Schiff Verspätung und Testra noch gar nicht erreicht hatte. Oder vielleicht wollte Frohinia doch lieber auf Verhandlungen verzichten. Während sich in Tarjanians Gedanken Bedenken auf Zweifel türmten, versuchte er diese entschieden zu unterdrücken. Er wartete noch, bis auf dem entfernten Marktplatz die Glocke die Mittagsstunde schlug. Dann schluckte er, um seine Kehle vom Kloß der Beklommenheit zu befreien, erhob sich gleichfalls und ging über die Straße zur Schänke.
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LÄSSIG Überquerte Brakandaran die Straße und bediente sich, während er sich dem Gasthaus näherte, seiner Magie-Kräfte. Während sie in seinem Innern anschwollen, liefen ihm die Augen schwarz an. Er bot ein nur geringes Maß an Kraft auf, denn er wollte lediglich unauffällig sein und nicht mitten im Gehen gänzlich unsichtbar werden. So umgab er sich mit einem schlichten magischen Sichtschutz, der vermied, dass er noch irgendwelche Beachtung fand. Der Blick der Menschen glitt von ihm ab und konnte an seiner Erscheinung nicht haften bleiben.
Als er die Schwingtür der Schänke erreichte, war Tarjanian , der ihm über die Straße hinweg nachschaute, der Einzige in Testra, der Kenntnis von seiner Anwesenheit hatte. Brakandaran wusste, dass die Magie schwarz in seinen Augäpfeln glänzte, er spürte ihre wonnige Macht wie einen berauschenden Trank. Warum hatte er ihrer so lange entsagt?, fragte er sich, obwohl er die Antwort kannte. Er verdrängte die Gedanken an die Vergangenheit und den stets gegenwärtigen Schmerz, um alle Aufmerksamkeit auf die Gegenwart richten zu können.
Kein Gast blickte auf, als er eintrat, kein Anwesender grüßte ihn, niemand scherte sich um sein Aufkreuzen. Er suchte sich einen Platz nahe der Tür und stöhnte leise auf, als ihm einfiel, dass er infolge des magischen SichtSchutzes wohl kaum bedient werden würde. Ärgerlicherweise litt er jedoch Durst.
So wie Brakandaran es vermutet hatte, wartete man schon auf Tarjanian. Freilich nicht in aller Offenheit. Nirgends sah man rote Röcke oder offen getragene Waffen. Doch beiderseits des Eingangs hockten jeweils zwei Männer, deren angespannte Haltung und ruhelose Miene mehr preisgaben, als sie meinen mochten. Im Hintergrund der großen, niedrigen Schankstube saßen zwei weitere Männer an einem langen, blank gewischten Tisch. Einer war älter und trug ein unbewusst herrisches Gehabe zur Schau. Kurz dachte Brakandaran über ihn nach. Möglicherweise war er Meister Draco, aber irgendetwas an ihm empfand er als vertraut, ohne dass er es genau hätte benennen können. Der Jüngere war ohne Zweifel ein Hüter-Hauptmann; er fühlte sich sichtlich unwohl in der Bürgertracht. Wie lange harrten sie wohl schon hier darauf, überlegte Brakandaran, dass ihnen Tarjanian in die Falle tappte?
Immer wieder schielten die Männer erwartungsvoll in die Pachtung der Tür. Brakandaran widerstand der Versuchung, das Gleiche zu tun. Tarjanian kam, wenn er kam.
Während er sich ins Warten fügte, grübelte Brakandaran von neuem über den aus dem Heer verstoßenen Hüter nach. Tarjanian brachte ihm kein Vertrauen entgegen, aber dafür musste man Verständnis hegen. Einmal waren ihm einige unschöne Augenblicke beschieden gewesen, als Tarjanian die Rebellen dazu aufgerufen hatte, Verrat als Schwerverbrechen zu ahnden, und beim Reden den Blick fest auf ihn geheftet hatte. Aber trotz des Argwohns hatte er, Brakandaran, den
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