Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
seid uns eine große Hilfe gewesen. Zweifellos wird die Erste Schwester Euch bei der Heimkehr in die Zitadelle als Helden empfangen. Haben die Aufrührer nie Verdacht geschöpft?«
Im ersten Augenblick spiegelte Tarjanians Miene Ratlosigkeit, bis er endlich durchschaute, was Draco im Sinn hatte. Ghari hingegen verstand sofort, was Draco andeutete und sprang im Griff seines Wächters vorwärts, als wollte er sich trotz der Fesseln auf Tarjanian werfen.
»Verlogener, verräterischer Schurke!«, schrie er. »Du bist ein Spitzel!«
»Draco lügt«, erklärte Tarjanian, und in Anbetracht der Umstände blieb sein Ton bewundernswert beherrscht. Brakandaran hatte den Eindruck, dass aus seiner Stimme eine gewisse Betroffenheit klang, als könnte er kaum glauben, dass ein Hüter so schamlos log. Auf seine Weise, so schlussfolgerte Brakandaran, war Tarjanian bisweilen bemerkenswert einfältig. »Er will euch einreden, ich hätte euch hintergangen. Hört nicht auf seine Worte.«
»Was denn, Hauptmann, es gibt keinen Grund mehr, sich weiter des Spiels zu befleißigen.« Draco lachte. »Ich wette, Ihr freut Euch auf die Heimkehr, hm?«
Tarjanian blickte ihn erbittert an. »Ist das Eure Vorstellung von Friedensverhandlungen?«
»Welche Friedensverhandlungen?« Draco zuckte die Achseln. »Die Heiden müssen ausgemerzt werden. Ihr habt den Hütern Treue bis in den Tod geschworen. Haben diese Tölpel in der Tat gewähnt, Ihr würdet Eurem Eid so leicht abtrünnig?« Draco wandte sich an den Hauptmann mit Namen Nheal. »Lasst einen dieser Empörer laufen. Es dürfte ein schwerer Schlag für die Aufständischen sein, wenn sie die Wahrheit über Hauptmann Tenragan erfahren. Die Übrigen schafft aufs Schiff. Sobald wir in der Zitadelle sind, werden sie baumeln.«
Der Hüter-Hauptmann nahm Haltung an, dann ließ er die Gefangenen aus der Schänke schleifen. Kaum waren sie fort, trat Draco noch näher und versetzte Tarjanian eine kraftvolle Maulschelle. »Ihr seid eine Schande für das Hüter-Heer. Hätte ich freie Hand, ich schlüge Euch auf der Stelle tot.«
Tarjanian wich um einen großen Schritt zurück und zog geschmeidig blank. Noch hatte er das Schwert nicht vollends gezückt, da sprangen am Eingang die verkleideten Hüter auf, um ihn notfalls hinterrücks anzugreifen. Draco hob die Hand und winkte ab. Er maß Tarjanian geringschätzigen Blicks. Auf den Fußballen hielt sich Tarjanian im Gleichgewicht und dazu bereit, sich mit Nachdruck den Weg freizukämpfen.
Offenkundig sollten gar keine Verhandlungen stattfinden. Brakandaran fragte sich, ob Tarjanian jetzt die Entscheidung bereute, sich auf die Zusammenkunft eingelassen zu haben, oder seine Aufmerksamkeit voll und ganz auf die Aufgabe richtete, heil aus der Schänke zu entkommen.
»Ich gewähre Euch keineswegs die Genugtuung, in eine Klinge zu rennen«, sagte Draco. »Erdreistet Ihr Euch irgendeines Widerstands, lasse ich den Gefangenen ohne Aufschub die Gurgel durchschneiden. Legt das Schwert nieder oder seht Eure heidnischen Kumpane sogleich verrecken. Ihr habt die Wahl.«
Zunächst zauderte Tarjanian; Zorn und Bitternis loderten ihm aus den Augen. Brakandaran fühlte mit ihm, sah aber von jedem Eingreifen ab. Aufgrund der zeitlich allerdings ungünstig gelegenen Einmischung Kalianahs war Tarjanians Schicksal mit R'shiels weit enger verknüpft, als der ehemalige Hüter es glaubte. Nachdem Kalianah dafür gesorgt hatte, dass er in Liebe zu R'shiel entbrannte, ließ sie zweifellos nicht zu, dass etwas für Liebende so Störendes wie verfrühtes Ableben ihre Pläne zunichte machte. Tarjanian mochte nun ein wenig zu leiden haben, aber seinen Tod würde Kalianah auf keinen Fall dulden.
Rasch schaute sich Tarjanian in der Schankstube um. Ohne Zweifel suchte er nach Brakandaran, jedoch bewirkte die Magie-Illusion, in die sich der Harshini gehüllt hatte, dass sein Blick an ihm abglitt, ohne zu verharren; er würde ihn erst dann wieder sehen, wenn Brakandaran es wollte. Als er den flüchtigen Ausdruck von Enttäuschung und Verbitterung in Tarjanians Miene gewahrte, war er sich darüber im Klaren, dass er mancherlei zu erklären hatte, wenn sie sich das nächste Mal begegneten.
»Ihr habt ohnehin vor, sie zu töten«, erwiderte Tarjanian. »Welchen Unterschied machte es also aus?«
Kurz überlegte Draco, ehe er nickte. »Ein bedenkenswerter Einwand. Sergeant, hol mir den Wirt herein.«
Der Wirt musste hinter der Küchentür gelauscht haben, denn er kam schon zum Vorschein,
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