Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
stellst, bleibt dir allein vorbehalten.«
R'shiel verursachte es den tiefsten Überdruss, stets das Werkzeug der Erwartungen anderer Leute zu sein. Frohinia hatte sie ihrer wahren Sippe fortgenommen, um sie zu der Art von Tochter heranzuziehen, die sie haben wollte. Nun beabsichtigten diese Fremden, die es eigentlich überhaupt nicht geben dürfte, für sie »eine Aufgabe«. Auflehnung loderte in ihr empor, als hätte man Branntwein ins Feuer gegossen.
»Ich sage nein«, versetzte sie rundheraus zur Antwort.
»R'shiel«, meinte Tarja, »du solltest es dir erst einmal genau überlegen.«
»Seit wann stehst du auf ihrer Seite?«
»Ich stehe nicht auf ihrer Seite. Ich glaube lediglich, du solltest nicht voreilig handeln, sonst nichts.«
»Mir ist es einerlei, was du glaubst«, brauste R'shiel auf. »Ich möchte in Ruhe gelassen werden.«
»Bis ins Mark das Abbild ihres Vaters«, grummelte Dranymir. »Lorandraneks Geist lebt weiter.«
»Hast du etwas dagegen?«, fuhr R'shiel ihn an. Es ging ihr schlichtweg gegen den Strich, von einem Dämon belächelt zu werden.
»Meine Bemerkungen sollten beileibe keinen abfälligen Sinn haben, Prinzessin«, versicherte Dranymir. »Ich habe Euren Vater sehr bewundert. Auch ihn hat es zur Verzweiflung getrieben, die Bürde der Verantwortung zu tragen. Er wähnte sich der Würde unwert. Auch widerstrebte es ihm, König zu sein. Doch gerade seine Besonnenheit erhob ihn zu einem großen Herrscher. Macht ist am unschädlichsten in den Händen jemandes, der danach keine Begierde verspürt. Lange habe ich ihn vermisst. Ihr gemahnt mich stark an ihn, Hoheit.«
Der Klarstellung des Dämons schloss sich Schweigen an. R'shiel war sich dessen bewusst, dass alle ringsum sie anschauten, und fühlte sich deshalb unbehaglich. Sie richtete den Blick auf Tarja, der sie sorgenvoll betrachtete.
»Wenn R'shiel den Wunsch hat, mich zu begleiten, ist sie mir willkommen«, sagte er zu der Harshini, ohne die Augen von R'shiel zu wenden. »Sie hat Recht, wenn sie anführt, dass ich jeden Beistand nötig haben werde, um die Rebellen von meiner Aufrichtigkeit zu überzeugen. Vielleicht wird sie zu euch stoßen, wenn sie eine Gelegenheit gehabt hat, sich an ... ihren neuen Stand zu
gewöhnen.« Tarja schaute Brakandaran an. Die beiden Männer wechselten einen Blick, den R'shiel nicht zu deuten wusste.
»Du setzt ihr Leben aufs Spiel, Tarjanian«, warnte Shananara, die offenbar hoffte, bei ihm, indem sie seinen gesunden Menschenverstand ansprach, zu erreichen, was R'shiel ihr verweigerte.
»Es ist ihr Leben, das sie selbst in die Waagschale wirft. Zudem habt ihr sie vor noch wenigen Tagen bedenkenlos in der Gewalt der Karier belassen.«
»Das ist ein ungerechter Vorwurf«, hielt ihm Brakandaran entgegen.
»Sie hat Recht mit der Auffassung, dass ihr Dabeisein nützlich ist«, äußerte Ghari und unterstützte Tarjas Standpunkt. »Ohne glaubhafte Beweise hängen die Rebellen Tarjanian auf, kaum dass sie ihn sehen. Aber stellen wir ihnen das Dämonenkind vor ...«
»Ich bin nicht das Dämonenkind!« , schnauzte R'shiel. »Unterlasse diese Behauptung, ja?«
Shananara schüttelte den Kopf. »Dranymir hat wahr gesprochen. Du bist ebenso unvernünftig wie dein Vater, R'shiel. Du machst dir keinen Begriff von der Gefahr, in der du schwebst.«
»Und wäre sie sich über das Ausmaß der Gefahr im Klaren, so änderte es nichts«, sagte Dranymir. »Sie zieht mit ihren Gefährten, gleich was du redest. Du bist auch eine té Ortyn, Shananara. Wie viel Beachtung hast du je für die Ansichten anderer Leute erübrigt, selbst die Meinung deines Bruders? Gewähre deiner Verwandten das gleiche Vorrecht.«
Shananara sann über die Mahnung des Dämons nach,
schaute anschließend Brakandaran an und wandte sich zuletzt wieder an R'shiel. »Nun wohl, wenn es dein Wille ist, mit deinen Freunden zu gehen, kann ich dich, so sehr ich's auch wollte, nicht halten. Aber ich dulde nicht, dass du deines Erbes völlig ledig bleibst. Vor uns liegt noch die ganze Nacht. Bevor du aufbrichst, sollst du, dafür sorge ich, einiges über deine Kräfte lernen. Komm.«
R'shiel empfand die Worte ihrer Verwandten nicht nur als Hilfsangebot, sondern ebenso als etwas Bedrohliches; dennoch stand sie auf und folgte Shananara in die Dunkelheit außerhalb des Feuerscheins.
»Du musst verstehen, was es ist, dem du deine Einzigartigkeit verdankst«, erklärte Shananara, sobald sie und R'shiel sich auf der Höhe des kleinen Geländebuckels
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