Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
wenig Argwohn anstarrten.
Mandah trat vor und gesellte sich an Gharis Seite. »R'shiel, jeder Einzelne von uns hat stets gewusst, dass eines Tages das Dämonenkind kommt, wiewohl wir uns unsicher sind, ob wir uns darüber freuen sollen, dass du es bist. Doch voraussichtlich müssen einige unserer Männer in dieser Nacht sterben. Willst du ihnen deinen Segen verweigern?«
»Aber ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Beteuere ihnen, dass die Götter mit ihnen sind«, empfahl das junge Weib. »Mehr wünschen sie nicht zu hören.«
Trotz gewisser Bedenken nickte R'shiel, wendete ihr Pferd und kehrte es den Heiden zu. Beteuere ihnen, dass die Götter mit ihnen sind , hatte Mandah ihr geraten. Genau genommen aber wusste R'shiel nur eines über die Götter: Sie wären, falls sie in den Tod ginge, »sehr verstimmt«.
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Nur die Hälfte von Tarjas buntscheckiger Rebellen-Horde war beritten. Die Übrigen hatten sich auf Karren oder zu Fuß zur Versammlung begeben. Auch an Waffen mangelte es bitterlich. Die Bewaffnung reichte von Messern, rostigen Hauern und Sauspießen bis hin zu Mistgabeln, Sicheln und sonstigen bäuerlichen Werkzeugen. R'shiel war der Meinung, dass der Haufen einen erbärmlichen Eindruck machte, doch Tarja tröstete sie mit der Zusicherung, dass man gegen die Hüter keine offene Feldschlacht suchte, sondern einen listigen Überfall aus dem Hinterhalt anstrebte.
Endlich erfolgte der Aufbruch nach Testra. Die Berittenen bildeten die Nachhut, weil Tarja das Fußvolk einige Stunden früher auf den Marsch geschickt hatte. Er selbst wollte erst kurz vor Mitternacht in Testra angelangen. Zuvor beabsichtigte er sich auf der Landstraße nach Testra mit Songard zu treffen und ihren Auskünften gemäß die endgültigen Befehle zu erteilen.
R'shiel schaute dem Treiben zu, während Tarja mit einem Gebaren stiller Zuversicht - die er vermutlich gar nicht empfand - seine Männer ordnete. Er konnte weniger Rebellen in den Kampf führen, als er sich erhofft hatte, zudem waren sie schlecht bewaffnet, und es fehlte ihnen an jedweder Ausbildung in der Kriegskunst. Von jedem Einzelnen musste man befürchten, dass er - entweder aus Mutlosigkeit oder irrigem Heldentum - die Weisungen missachtete. R'shiel merkte ihm an, dass er wünschte, ihm unterstünde wenigstens eine Hand voll der glänzend geschulten Hüter-Krieger, die er einst unter seinem Befehl gehabt hatte. Die Rebellen waren unzuverlässig und launisch, und er hatte sie nur mit knapper Not davon überzeugen können, dass er sie nicht in eine Falle führte. Ausschließlich der Glaube an seine Berufung flößte ihnen die Erwartung ein, zu einem Sieg im Stande zu sein.
Kurz vor Mitternacht näherten sie sich Testras Ortsrand. Die Nacht war finster, weil der Mond hinter einer Wolkenbank verborgen blieb. Bislang hatte die Hitze des Tages nicht abkühlen können, und die Nacht war unbehaglich schwül.
Wie vereinbart wartete Songard unweit der Stadt an der Landstraße. R'shiel, Tarja und Ghari saßen ab und begaben sich mit der Court'esa an den Straßengraben.
»Ich habe Hochmeister Jenga gefunden. Er ist in einem Gasthof namens Haus zum Klingelhut abgestiegen.«
Ghari nickte. »Den kenne ich. Er liegt am Ende einer Sackgasse nahe dem Hafen.«
Tarja furchte die Stirn. »Einer Sackgasse? Man kann tatsächlich darauf bauen, dass Jenga an einer Stätte Unterkunft bezieht, die sich leicht verteidigen lässt. Wie viele Männer hat er bei sich?«
»Nicht mehr als ein Dutzend«, antwortete Songard. »Ein paar höhere Hauptleute, Schreiber und sonstige Untergebene. Die übrige Vorhut lagert westlich der Stadt auf den Feldern.«
Tarja nickte und ging mit Ghari zurück zu den anderen Rebellen, um sich mit ihnen über das weitere Vorgehen zu verständigen. R'shiel zog Songard beiseite und betrachtete sie aufmerksam. »Ist irgendetwas mit dir?«
Songard schüttelte den Kopf. »Keineswegs. Nur wird mir von all dem Gerede über Heiden und Harshini ein wenig mulmig zumute, sonst nichts.«
»Du bist noch immer meine Freundin, Songard. Ich bin nach wie vor die Alte.«
Beklommen hob Songard die Schultern. »Es dürfte am klügsten sein, ich kehre nun um.«
»Sehen wir uns morgen wieder?«
»Verlass dich drauf«, versprach Songard.
In Testra war es, während die Rebellen in die Stadt ritten, still und ruhig. Überwiegend hatten die Schänken um diese Stunde schon geschlossen, und alle biederen Bürger schlummerten längst im Bett. Tarja hatte die Mehrheit der Rebellenschar
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