Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
Bestimmt verlor Pieter in Anbetracht der Möglichkeit, die kommende Nacht in einem Bett schlafen zu dürfen, jedes Interesse an der Ruine. »Gestattet mir den Vorschlag, unverzüglich des Weges zu reiten, damit wir rechtzeitig gegen Abend dort eintreffen.«
»Ja, ein glanzvoller Gedanke, Hauptmann, jawohl«, willigte Pieter ein. »Wollt Ihr an meiner Seite reiten, Hauptmann?« Viel sagend streifte sein Blick den Priester. »Ich verspüre das dringliche Bedürfnis nach einem weltlichen Gespräch.«
»Es soll mir eine Ehre sein, Ritter Pieter.«
Elfron riss sein Pferd so roh herum, dass Tarjanian, der an die Kiefer des armen Tiers dachte, unwillkürlich zusammenzuckte. Er wendete sein Ross, lenkte es, während die Kolonne langsam wieder anrollte, neben Pieter und schlug eine Richtung ein, die in weitem Bogen um das »Verräter-Kastell« herumführte. Davydd und die übrigen Hüter ließen die Wagen vorbeirollen und schlössen sich dem Zug am Ende an.
Kaum hatte sich Elfron aus der Hörweite entfernt, lehnte sich Pieter zu Tarjanian herüber. »Ich gäbe mein Leben für den Allerhöchsten hin, aber bisweilen könnte ich verzweifeln, wenn ich Umgang mit seinen Dienern habe. Gewiss weilt Kaplan Elfron in meinem Umkreis, um mich auf die Probe zu stellen.«
»Auch in mir erweckt er den Eindruck eines echten Gottesjüngers«, stimmte Tarjanian zu, indem er sich eines Schmunzeins enthielt. Es beruhigte ihn, dass nicht alle Karier dem Allerhöchsten mit so blinder Besessenheit ergeben waren wie Elfron. Allerdings durfte er nicht übersehen, dass Pieter Jasnoffs Gesandter war. Er strebte mit gleichartiger Entschiedenheit nach Macht und Landgewinn, wie Elfron seinen Gott verehrte. Insofern war der Ordensritter gefährlicher, als er es zu sein schien. Der Priester machte zumindest keinen Hehl aus seinem Sinnen und Trachten.
»Eines Gottesjüngers?!«, prustete Pieter. »In seinem Wahn ist er gleichsam zum Rasenden geworden. Es muss von den Umständen des Heranwachsens herrühren. Unsere Priester, so müsst Ihr wissen, stammen alle von ein und derselben Insel, Slam im Golf. Sie ist nichts als ein gottverlassener Felsklotz; ich bin mir sicher, dass der Geist sich dort bloß kümmerlich entwickelt. Wenn ich auf dieser Reise noch ein einziges Wort über Sünde vernehme, verliere ich den Verstand.«
»Die Vorstellung irgendeiner Sündhaftigkeit ist mir fremd, Ritter Pieter«, tröstete Tarjanian ihn, »daher kann ich Euch versprechen, diesen Gesprächsstoff zu meiden.«
Versonnen sah Pieter ihn an. »Keine Vorstellung von Sündhaftigkeit habt Ihr, so? Tja, wenn's denn so ist ...« Er senkte die Stimme, obwohl die Wahrscheinlichkeit gering blieb, dass jemand in der Kolonne ihrer Unterhaltung lauschte. »Glaubt Ihr, Ihr könntet mir, wenn wir in dem Gasthof abgestiegen sind ... Gesellschaft verschaffen?«
»Gesellschaft?«, fragte Tarjanian ganz unschuldig.
»Mimt nicht den Ahnungslosen, Mann. Ihr wisst, was ich meine.«
Über die Schulter blickte Tarjanian sich um. »Bietet die Gesellschaft, in der Ihr reist, Euch nicht genug an Vergnügen?«
»Das sind Nonnen, Hauptmann«, beklagte sich der Gesandte. »Jede Einzelne ist eine verdorrte alte Jungfer. Es sind dem Allerhöchsten geweihte Ordensschwestern. Im Astloch eines Baumstumpfs fände ich mehr Wollust. Ich brauche ein lebendiges, rundes, junges Weib.«
»Lilientahl ist ein kleines Dorf, Gesandter Pieter«, erklärte Tarjanian. »Es mag sein, dass sich dort keine Zunftmetzen antreffen lassen.«
»Ach, dann vermittelt mir eine Wirtstochter, Mann!
Eine dralle Maid wie diese junge Seminaristin, die sich bei meinem letzten Aufenthalt in der Zitadelle so anstellig gezeigt hat.«
Tarjanian entsann sich daran, dass Pieter während der von Frohinia veranstalteten Feier eine der Seminaristinnen in den Pratzen gehabt, doch dass er sich tatsächlich mit ihr ins Bett verkrochen hatte, war ihm nicht bekannt gewesen. Er empfand ein gewisses Unbehagen. Immerhin war der Gesandte alt genug, um Großvater solcher Mädchen zu sein.
»Ich will sehen, was ich tun kann, Ritter Pieter«, versprach Tarjanian, den das Ansinnen insgeheim ein wenig verstimmte. Er war Hauptmann im Hüter-Heer, kein Kuppler. Daher verspürte er wenig Verlangen, während der gesamten Reise zur Zitadelle für die Befriedigung der fleischlichen Gelüste des Ordensritters zuständig sein zu sollen.
»Ich weiß, dass Ihr Euer Bestes gebt, Hauptmann«, äußerte der Gesandte mit merklicher Zuversicht. »Euer Kommen
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