Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
kann ja nur so zu verstehen sein, dass Eure Mutter ihre Zusage zu erfüllen beabsichtigt.«
Tarjanian schaute den Gesandten an und hoffte, dass man ihm die Unwissenheit nicht anmerkte.
»Hat Frohinia Euch vielleicht nicht in unsere Übereinkunft eingeweiht?«
Die Hüterehre verbot es Tarjanian, rundheraus zu lügen; aber es gab Wahrheit und Wahrheit.
»Ich darf von mir behaupten, im Herzen meiner Mutter einen besonderen Platz einzunehmen, Ritter Pieter«, versicherte er dem Gesandten in voller Übereinstimmung mit den Tatsachen. Fraglich blieb lediglich, ob Frohinia eigentlich ein Herz hatte. »Andernfalls wäre ich nicht hier.«
»Natürlich«, pflichtete Pieter bei. »Es lag mir fern, an Euch zu zweifeln. Nur hat es mich gelinde überrascht, dass sie so bereitwillig auf meinen Wunsch eingegangen ist. Und gewundert, dass Ihr mit solcher Gelassenheit zu der Abmachung steht. Aber Medaloner sehen die Welt ja mit gänzlich anderen Augen als sämtliche übrigen Menschen des Erdkreises.«
Was ist es? , hätte Tarjanian am liebsten laut geschrien. Was hat Frohinia diesem Mann versprochen?
»Ich denke mir«, fügte der Gesandte hinzu, ohne sich Tarjanians innerlicher Unruhe bewusst zu sein, »wenn die Schwestern Bankerte zu Dutzenden gebären, kann man schwerlich die gleiche enge Sippengemeinschaft erwarten, die uns in Karien so lieb und teuer ist. Ich kenne die Geschichte meiner Familie bis zurück ins fünfunddreißigste Geschlecht. Dagegen wissen die Medaloner in der Mehrheit nicht einmal, wer ihr Vater ist. Auch Ihr seid ein Bankert, glaube ich?«
»In Medalon geht die Rechtmäßigkeit der Geburt von der Mutter aus«, stellte Tarjanian klar. »Ihr Stand in Bezug zur Ehe ist dabei ohne Bedeutung.«
»Eine bequeme Regelung. Sie erklärt Euren Gleichmut. Indessen haben wir es in diesem Fall auch mit recht unterschiedlichem Alter zu tun, sodass man durchaus glauben kann, Ihr fühltet Euch dem Mädchen wenig verbunden.«
Mulmigkeit befiel Tarjanians Magen, als er begriff, in welchem Zusammenhang Pieter seine Äußerungen über »Gleichmut« und fehlende Familienbande getan hatte.
Er umklammerte die Zügel, bis an seinen Fäusten die Knöchel weiß hervortraten, damit er nicht jählings den Gesandten aus dem Sattel warf, dass es krachte, und die Wahrheit aus ihm herausprügelte.
»Ihr sprecht von meiner Schwester?«, vergewisserte er sich in so ruhigem Ton wie möglich. Meiner Schwester, die gar nicht meine Schwester ist , dachte er. Das Kind, für das man ein ganzes Dorf vernichtet hat, weil Frohinias Lügen gedeckt werden mussten .
»Ein reizendes Geschöpf.« Begeistert nickte Pieter. »Ich habe sie bei meinem letzten Besuch in der Zitadelle kennen gelernt. Nach meinem Geschmack ist sie freilich nicht, viel zu mager, aber wer bin ich, dass ich gegen den Allerhöchsten aufbegehren dürfte? Wie dem auch sei, ich hege die Überzeugung, dass unser Abkommen Eure Mutter vollauf zufrieden stellen wird.«
»Ganz gewiss«, antwortete Tarjanian im Tonfall einer Geduld, die er keineswegs empfand. »Vorausgesetzt Ihr haltet Euren Teil der Übereinkunft ein.«
Die bloße Andeutung, etwas anderes könne geschehen, verdross den Ordenritter. »Hauptmann, ich darf Euch versichern, dass ich mein Versprechen wahrmache. Ich werde vor das Quorum treten und Schwester Mahinas Nachsichtigkeit gegenüber den Heiden mit aller Schärfe anprangern. König Jasnoff nimmt die Heidenfrage und den Friedensvertrag überaus ernst, und Mahinas Unvermögen, das Heidentum vollends zu ersticken, bereitet ihm tiefste Sorge. Wenn die Schwesternschaft die Verhältnisse in Medalon nicht zur Gänze unter ihre Gewalt bringen kann, sehen wir uns dazu gezwungen, die Angelegenheit in die eigenen Hände zu nehmen. Zum Glück hat es den Anschein, dass Eure Mutter darüber vollkommene Klarheit hat, und aus diesem Grund erachten wir es als angebracht, ihrer etwaigen Einsetzung zur Ersten Schwester unsere Unterstützung an gedeihen zu lassen.«
»Da Ihr aus dermaßen klugen Erwägungen so fest hinter meiner Mutter steht, wundert es mich, dass Ihr zusätzlich R'shiel fordert, um Euch den Handel zu versüßen«, bemerkte Tarjanian, indem er seinen Zorn mittels schierer Willenskraft bändigte. Unruhig trippelte sein Ross, als ob es den Unmut seines Reiters spürte. Warum? Weshalb will er R'shiel haben? Als Geisel, um Frohinias Mitwirkung sicher sein zu können?
»Nicht ich verlange das Mädchen, Hauptmann, sondern der Allerhöchste. Was glaubt Ihr wohl, wieso
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