Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
»Vielleicht solltest du ihn danach fragen.«
R'shiel sackte rücklings an die Mauer und langsam daran hinab, bis sie auf dem sandigen Fußboden hockte. Das Kinn sank ihr auf die Knie. Tarjanian blieb, wo er stand. In dem Zwielicht war es R'shiel unmöglich, in seiner Miene zu lesen.
»Und wer wäre demnach mein wahrer Vater?«
»Deine Mutter - deine echte Mutter - hat sich geweigert, seinen Namen zu nennen. Du hattest in dem Dorf eine Tante, eine ältere Schwester deiner Mutter, ansonsten jedoch, so viel ich weiß, keine weiteren Verwandten.«
R'shiel war nachgerade benommen zumute. »Und wo ist sie jetzt, meine angebliche Tante?«
»Sämtliche Dorfbewohner sind tot, R'shiel«, sagte Tarjanian. »Vor drei Jahren hat Frohinia, weil deine Tante sie zu entlarven drohte, sie allesamt umbringen lassen.«
R'shiel hob den Blick. Aus Tarjanians Stimme sprach der bestürzende Tonfall unanfechtbarer Wahrheit, aber einer Wahrheit, an die man nur äußerst ungern glauben mochte. R'shiel erachtete es als merkwürdig, dass sie überhaupt nichts empfand. Keine Wut, keinen Schmerz, nicht einmal Überraschung. »Wie hast du es erfahren?«
Tarjanian blieb, an die kahle Steinwand gelehnt, auf Abstand und musterte R'shiel aus undeutbarer Miene. »Es gab ein paar Überlebende, vorwiegend Kinder. Und eine Blaue Schwester. Ihr bin ich während des Aufenthalts im Norden begegnet. Sie hat nach dem Vorfall die Schwesternschaft verlassen.«
»Aber warum?«
»Ich denke mir, sie hat die Schwesternschaft nicht mehr als ...«
»Warum hat Frohinia in Bezug auf mich gelogen?«, unterbrach R'shiel ihn voller Ungeduld.
»Sie wollte eine Tochter«, antwortete Tarjanian mit einem Schulterzucken. »Ich glaube, sie hat mir nie verziehen, dass ich als Knabe geboren wurde.«
»Weshalb hat sie nicht einfach später ein zweites Kind zur Welt gebracht?«
»Noch einmal die ganze Mühe und die Beschwerden, ohne die Gewähr zu haben, dass das Kind ein Mädchen wird? Hör auf, R'shiel, du kennst Frohinia gut genug. Du kannst dir selbst deinen Reim drauf machen.«
Schwer lastete das Schweigen in der Düsternis der Gewölbe, während R'shiel die Enthüllungen zu verkraften versuchte. Mit einem Mal wunderte sie sich nicht mehr im Geringsten mehr über das Empfinden, an diesem Ort fremd zu sein.
»Wer weiß außerdem Bescheid?«, fragte sie zu guter Letzt.
»Hochmeister Jenga. Zwangsläufig. Garet Warner. Und Davydd Schneider.«
»Du hast dich also dessen enthalten können, es auf dem Sammelplatz des Hüter-Heers auszurufen?«
Tarjanian schüttelte über ihre Frage den Kopf. »Und du wirfst mir vor, deine Angelegenheiten nicht ernst genug zu nehmen?«
»Ach, und was erwartest du von mir für deine Erklärung, Tarja? Du lässt mich in dieses Loch führen und erzählst mir seelenruhig, ich sei gar nicht diejenige, für die ich mich halte. Du behauptest, dass Frohinia und der Oberste Reichshüter viele Jahre lang hinsichtlich meiner Herkunft gelogen hätten und dass meine eigentliehe Familie und mit ihr die ganze Dorfbewohnerschaft auf Frohinias Geheiß ausgerottet wurden. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Tarja. Ich weiß nicht einmal, welche Gefühle ich in dieser Stunde haben müsste.«
»Ich habe dich gewarnt, R'shiel, dass es nichts Leichtes ist, aber leider muss ich gestehen, das Schlimmste kommt noch.«
»Du meinst, das war nicht alles? Bei den Gründerinnen ...! Wenn das die guten Neuigkeiten sind, brenne ich darauf, die schlechten Nachrichten zu hören.«
Tarjanian seufzte auf, als könnte er ihre Erregung nachvollziehen.
»Sie hat eine Verabredung mit Ritter Pieter getroffen. Du sollst mit dem Gesandten nach Karien gehen. Sie handelt dich gewissermaßen gegen den Mantel der Ersten Schwester ein.«
R'shiel spürte, dass ihr das Blut aus den Wangen wich. Wenn ich dich brauche, lasse ich dich holen , hatte Frohinia gesagt. R'shiel stand auf und schritt erbittert in dem Gewölbe hin und her, bis sie Auge in Auge mit Tarjanian verharrte. Seine Miene war finster.
»Das ist ja wohl ein Irrtum ...« Ihre Äußerung lief eher auf eine hoffnungsvolle Frage hinaus, als dass es eine Feststellung war: Sie wusste, dass Frohinias Ehrgeiz keine Schranken kannte. »Was sollten die Karier denn mit mir anfangen wollen? Das kann doch nicht wahr sein ...!«
In diesem Augenblick näherte sich Davydd Schneider in Begleitung Garet Warners und hüstelte höflich, um die Aufmerksamkeit auf sich und den Obristen zu lenken.
»Ich bedauere, Kinder, dass ich
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