Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
Befehlshaber erhoben, gewiss, jedoch bezweifle ich, dass Herzog Rollo und seinesgleichen solche Macht einem Gemeinen länger als für nur kurze Frist gönnen. Er wird wohl, außer er befürwortet Massenbekehrungen, auch von den Priestern übel gelitten. Derlei Leute nehmen keine Rücksicht auf diese oder jene Empfindlichkeit der Medaloner.«
Der letzte Karren rumpelte vorüber. R’shiel und Brakandaran warteten ab, bis die Karier auf der Landstraße eine gewisse Strecke zurückgelegt hatten, bevor sie ihre Pferde wieder auf die Straße trieben und den Karren in langsamer Gangart folgten.
»Da wir gerade von den Priestern reden«, meinte Brakandaran, »du weißt noch, was ich dir über sie erzählt habe?«
»Dass sie unsere Gegenwart erkennen können, wenn wir Magie-Kräfte anwenden? Ja, Brakandaran, ich weiß es noch genau.«
»Es ist mir damit Ernst, R’shiel«, äußerte Brakandaran warnend. »Hüte dich davor, sie zu unterschätzen.«
»Im Hüter-Heerlager habe ich mich solchen Priestern gegenüber behauptet.«
»Aber es waren nur drei an der Zahl, und außerdem hast du sie überrascht«, stellte Brakandaran klar. »In der Zitadelle hingegen dürften sie zu Aberdutzenden weilen, und sie wissen, dass das Dämonenkind umherschweift. Es sollte mich nicht wundern, hätten sie eine Magie-Falle eingerichtet, um dich beim Einschleichen in die Stadt zu ertappen.«
»Was ist eine Magie-Falle?«
»Sie umfasst eine Anzahl von Priestern, die mittels ihrer Stäbe untereinander in Verbindung stehen. Bisweilen sind es zwanzig oder dreißig Geistliche. Eine Magie-Falle kann uns durchaus zum Verhängnis werden.«
»Wie ist es möglich, dass sie so stark sind? Sie haben doch keinerlei Zugriff auf Harshini-Magie.«
»Gewiss, aber hinter ihnen wirkt ein Gott, den es nicht stört, die Regeln zu brechen.«
»Immerzu die Gottheiten«, brummte R’shiel verdrossen. »Stets geht alles zurück auf sie, nicht wahr?«
»Doch, letzten Endes ja.«
R’shiel lächelte grimmig. »Hab keine Sorge, Brakandaran. Ich behalte mich in der Hand. Knappe Mathen ist keineswegs der Einzige, der seine Absichten durch feingeistigere Mittel zu verwirklichen versteht.«
»So? Du hast also einen Plan ausgeheckt?« In Brakandarans Stimme klangen gewisse Bedenken mit, an denen R’shiel durchaus Anstoß nahm.
»Schließlich gehe ich gewissermaßen bei dir in die Lehre, Brakandaran. Darum gedenke ich mich sogleich an den ergiebigsten Wissensquell zu wenden, den es in Medalon zu finden gibt.«
»An Garet Warner?«, fragte Brakandaran belustigt. »Ich hatte angenommen, du rennst ihm unverzüglich eine Klinge durch den Leib, sobald du ihn wiedersiehst.«
»Nein. Warner hat mir geholfen, glaube ich, soweit es in seiner Macht stand. Ich hege nicht die Absicht, ihn zu töten. Außer freilich, er lehnt es ab, uns nochmals zu helfen.«
Darauf gab Brakandaran keine Antwort, und anmerken konnte R’shiel ihm nicht, ob er ihr Vorhaben missbilligte oder es guthieß.
Bei Sonnenuntergang erreichten sie die Zitadelle, hielten auf dem Scheitelpunkt einer leichten Steigung der Landstraße an und betrachteten mit einem gewissen Grauen den sich vor ihnen ausbreitenden Anblick. Menschen und ihr Treiben überzogen das flache Land rings um die Festung wie eine ausgedehnte Matte sich kräuselnder Gewächse: Rund um die Hauptstadt des jüngst unterjochten medalonischen Volkes lagerte das ganze, riesige karische Heer.
Über die Gesamtzahl der Krieger wagte R’shiel nicht einmal Schätzungen anzustellen, doch so weit ihr Auge reichte, sah sie auf dem Grasland, an beiden Ufern des Sarans, dicht an dicht Zelte, Männer, Pferde und Kriegsgerät. Nur auf den anmutig geschwungenen Brücken, die aus der Ebene aufragten, wimmelte es nicht vom Feind. Über allem schwebte eine Rauchwolke aus dem Qualm der zahllosen Lagerfeuer und Kochstellen; sie wurde vom Schein der Abendsonne in rötliches Licht getaucht, sodass das Heerlager im Ganzen an ein albtraumhaftes Gemälde einer heidnischen Hölle gemahnte.
»Bei allen Gründerinnen«, knirschte R’shiel halblaut. »Ich dachte nicht, dass es so viele sind.«
»Verspürst du nun Bedenken?«
R’shiel blickte Brakandaran an und lächelte. »Nein. Ich meine, Brakandaran, zu zweit sind wir ihnen überlegen.«
Flüchtig erwiderte er ihr Lächeln. »Nun, ich glaube, als dir bang zumute war, habe ich mich in meiner Haut wohler gefühlt.«
Sie trieben die Pferde vorwärts und ritten mitten durch die karischen Heerhaufen, deren
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