Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
Willkommen. Ihr hingegen seid ein verfallener Sünder und müsst im Meer der Verzweiflung allzeit büßen. Wähnt Ihr denn etwa, wir hätten derlei Anschläge nicht erwartet? Inzwischen dürften karische Kriegsleute durch die gesamte Zitadelle schwärmen. Ihr werdet nicht einmal das Gebäude verlassen können.«
»Überlasst die Meisterung solcher Hemmnisse uns, Ritter Andony.« Tarjanian wandte sich wieder an Hauptmann Symin. »Ihr habt doch gewiss einen Plan geschmiedet, der weiter als bis zum Ausgang führt, oder?«, fragte er auf Medalonisch.
»Wir entreißen den Kariern die Zitadelle«, stellte Symin fröhlich klar. »Die Stadttore sind geschlossen, und mittlerweile müssten alle wichtigen Örtlichkeiten der Stadt in unserer Hand sein. Nach Euch gedenken wir Hochmeister Jenga zu befreien.«
»Wo hält man ihn fest?«
»Wir sind davon ausgegangen, dass er sich gleichfalls hier im Karzer befindet, aber er muss verlegt worden sein.«
Tarjanian zog eine sorgenvolle Miene. Mit einem Fußtritt beförderte er einen umgestoßenen Stuhl beiseite, packte Ritter Andony an der Schulter und drehte ihn herum. »Wohin ist der Hochmeister gebracht worden?«
»Fahr zur Hölle, gottloser Schweinehund!«
Eine andere Antwort hatte Tarjanian eigentlich gar nicht erhofft. Ritter Andonys verkrampfte Haltung verriet, dass er erwartete, Tarjanian würde ihn schlagen. So etwas wäre jedoch reine Zeitverschwendung gewesen. Andony wünschte es sich, für den »Allerhöchsten« leiden zu dürfen. Ihn zu töten wäre für ihn lediglich die Erfüllung des Anliegens, früher seinem Gott zu begegnen. Doch mochte es Tarjanian versagt bleiben, ihm mit Gefahr für Leib und Leben zu drohen, so hatte er allerdings die Möglichkeit, ihn mit einer Gefährdung der Seele zu schrecken; damit konnte er ihm, wie er vermutete, mehr Furcht einjagen als durch jede Aussicht körperlicher Züchtigungen.
»Hauptmann Symin, habt Ihr nicht eben erwähnt, dass auch R’shiel zur Stelle ist?«
»O doch, Hauptmann.«
»Dann sollten wir wohl das Dämonenkind darum ersuchen, ein Wörtchen mit Ritter Andony zu wechseln«, meinte Tarjanian auf Karisch, damit der Ordensritter den Inhalt des Gesprächs begriff. »Wie lange wird sie brauchen, um seine Seele dem Verderben zu weihen?«
Symin schaute ihn aus ausdrucksloser Miene an, aber Ritter Andony wurde bleich. »Keine Harshini-Hexe kann mich dem Allerhöchsten abfällig machen.«
»R’shiel ist keineswegs irgendeine beliebige ›Harshini-Hexe‹, Ritter Andony«, erwiderte Tarjanian. »Sie ist das Dämonenkind, das Fleisch gewordene Böse. Ihr Blick genügt, um Euch vom ›Allerhöchsten‹ abzuwenden. Berührt sie Euch, ist Eure Seele ihr unwiderruflich verfallen. Gegen sie seid Ihr wehrlos. Sogar Xaphista fürchtet sie. Das Dämonenkind braucht Euch nur anzusehen, und schon müsst Ihr in alle Ewigkeit im Meer der Verzweiflung schmachten.« Er sah, dass Entsetzen Ritter Andonys Augen weitete. Einerseits konnte Tarjanian nicht so recht glauben, dass ein erwachsener Mensch sich durch derlei Unfug derartig leicht einschüchtern ließ; andererseits musste er dem »Allerhöchsten« nachgerade dankbar dafür sein, dass er seine Gläubigen mit solchen Schwächen ausgestattet hatte. »Schert es Euch denn wahrhaftig so viel, was aus dem Hochmeister wird?«
Ritter Andony zögerte. Tarjanian forschte in seinen Augen und erkannte darin einen gewissen Trotz. Er hob die Schultern und wandte sich erneut an Hauptmann Symin.
»Schickt nach dem Dämonenkind, Hauptmann.«
»Nein!« , schrie Andony in äußerstem Grausen.
»Wo also befindet sich der Hochmeister?«
Der junge Ritter wurde vom Widerstreit zwischen dem Pflichtbewusstsein und der Sorge um seine Seele schier zerwrungen. Er musste eine grässliche Entscheidung fällen. Schließlich ließ er die Schultern sinken und senkte den Blick beschämt auf den Fußboden. »Er ist in den Kavernen unterm Amphitheater. Dorthin ist er eingedenk der Gefahr eines Angriffs auf den Karzer in der vergangenen Nacht verlegt worden.«
»Hochmeister Jenga weilt in den Kavernen«, teilte Tarjanian in medalonischer Sprache seinen Kameraden mit.
»Was habt Ihr zu ihm gesagt?«, fragte Symin voller Wissbegierde.
»Ich habe ihm eine Gefährdung seines Seelenheils angedroht.«
»Pfiffig!«, bemerkte Symin mit einem Nicken der Anerkennung, obwohl er offenkundig nicht verstand, wovon Tarjanian sprach. »Donel, sperrt die Karier in die Zellen! Der Oberste Reichshüter harrt der
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