Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
deren Hilfe wenden sich die Aussichten vielleicht zu unseren Gunsten.«
In der Nacht fand Tarjanian lange keinen Schlaf. Nach Wochen der Besinnungslosigkeit zu erwachen und die Lage so stark verändert zu sehen, beunruhigte ihn zutiefst. Auf dem kalten Untergrund wälzte und warf er sich umher, bis am Himmel die Sterne schon dem Morgengrauen wichen, und versuchte die Ursache des Unbehagens zu ergründen, das ihn quälte wie Ohrensausen.
Immer wieder kreisten seine Gedanken um das, was ihm Denjon erzählt hatte.
Aber seine Verstörung hatte einen andersartigen Ursprung. Etwas stimmte nicht … oder verhielt sich anders, als er es vermutete. Doch es gelang ihm einfach nicht, diese Misslichkeit zu verstehen.
Eine Gewissheit lediglich gab es: Die Sache hing mit R’shiel zusammen.
Nach einem ganzen Tag im Sattel spürte Tarjanian seine Schwäche in vollem Ausmaß, doch trieb eine Art von ruhelosem Drang ihn an, der es ihm unmöglich machte, sich die eigentlich benötigte Erholung zu gönnen. Er konnte den Grund für seine Gemütsverfassung nicht aufdecken, und die Schwärze und Leere der Gedächtnislücke verstörte ihn stärker, als er zugeben mochte.
Sein gesamtes Streben und Trachten richtete sich darauf, nach Hythria zu gelangen. Immerzu wirbelten seine Gedanken, ersannen und verwarfen Pläne, während er die wirksamsten Vorgehensweisen auszuhecken versuchte, um den karischen Besatzern Schaden zuzufügen. Doch der Umstand, dass er noch nicht wusste, in welchem Umfang ihm jenseits der hythrischen Grenze Hilfe zuteil werden würde, ließ keine handfeste Planung zu.
Vielleicht konnte Damin nur ein paar Hundertschaften Reiter entbehren; oder es war ihm möglich, zu Tarjanians Beistand sämtliche, nicht unbeträchtlichen Streitkräfte Hythrias aufzubieten. Vorauszusehen, wie es kam, war Tarjanian unmöglich.
Er erregte Denjons Unmut, weil er dem Feldhauptmann, sobald dieser den Befehl zum Aufbau des Nachtlagers gab, nachdrücklich vorhielt, es wäre mindestens noch eine Stunde lang hell, sodass man den Weg fortsetzen könnte. Am ersten Abend belustigte sich Denjon, das zweite Mal erwies er sich als geduldig; aber am dritten Abend fertigte er Tarjanian mit dem Verweis ab, sich um den eigenen Kram zu kümmern.
Doch immer war zu merken, dass Tarjanians Gegenwart die Stimmung der Kriegsleute hob. Früher war er ein beliebter Hüter-Hauptmann gewesen, der als fähig, gerecht und auch als sehr aussichtsreich angesehen worden und sogar schon als künftiger Oberster Reichshüter im Gespräch gewesen war. Ihn im roten Waffenrock in ihrer Mitte zu erblicken, während er vor Tatendrang zu strotzen schien, flößte vielen Männern, die in jüngster Zeit zu kaum mehr Gelegenheit gehabt hatten, als über ihr neues Gesetzlosen-Dasein nachzugrübeln, frischen Mut ein.
Fünf Tage nach Tarjanians Erwachen kam Testra in Sichtweite. Tarjanian schlug vor, Späher in die Stadt zu entsenden, um Klarheit über die dortigen Verhältnisse zu gewinnen, während das Gros der Legion, um kein Aufsehen zu erregen, in der Umgebung wartete. Denjon vertrat hingegen die Überzeugung, dass die Kunde von ihrem Abfall vom Hüter-Heer unmöglich schon so weit nach Süden vorgedrungen sein könne.
»Wir dürfen es nicht wagen«, beharrte Tarjanian auf seiner Ansicht, »in so großer Zahl in Testra Einzug zu halten.«
»Gestern habt Ihr Euch noch dafür eingesetzt, fast die ganze Nacht lang zu reiten, um Testra zu erreichen, Kamerad«, nörgelte Linst. »Nun wollt Ihr plötzlich einen vollen Tag vergeuden, nur um über die örtliche Lage Aufschluss zu erlangen.«
»Es ist keineswegs mein Wunsch, in der hiesigen Gegend herumzulungern«, entgegnete Tarjanian. »Bloß wäre es nach meiner Auffassung eine Dummheit, unsere Anwesenheit preiszugeben, bevor wir wissen, wie man uns empfängt. Schließlich hält sich eine Hüter-Abteilung in Testra auf. Falls ihr schon die Nachricht über die Waffenstreckung aus dem Norden zugegangen ist, so ist womöglich nicht auszuschließen, dass sie mit uns in den Süden ziehen möchte.«
»So sehr es mir auch widerstrebt, einen weiteren Tag auf diesem Flussufer zu verbringen«, äußerte Denjon, »ich muss mich Tarjanians Standpunkt beugen.«
Flüchtig maß Linst beide Männer voller Verärgerung, dann zuckte er mit den Schultern. »Ganz wie es beliebt.«
Sobald Linst fortgeritten war, um die erforderlichen Anweisungen zu erteilen, warf Denjon Tarjanian einen Blick zu. »Glaubst du, er hat irgendwelche
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