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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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den Augen an. »Darf ich
erfahren, Hauptmann, ob die Regierung Ihrer Königin Monster in ihrem Reich
duldet?«
    »Selbstverständlich
nicht!«
    »Dann
werden Sie mich doch hoffentlich auf die Jagd begleiten?«
    Ich
spürte, wie sich eine Falle um mich schloss. Da ich aber im Dunkeln tappte, war
mir die Reichweite meiner folgenden Worte nicht bewusst. »Sicherlich«, erwiderte
ich. »Donnerwetter noch einmal, ehe die Woche sich dem Ende nähert, werden wir
den Kopf dieses Monsters an Ihrer Wand bewundern können.«
    »Mit
Respekt, aber das bezweifle ich«, erwiderte Nizam kühl. »Wir verbrennen solche
Wesen, um dem Bösen, das sie heraufbeschworen, Einhalt zu gebieten. Vergessen
Sie morgen Ihren Spiegel nicht.«
    »Meinen –«
Erst da wurde mir bewusst, was er meinte und in welch tödliche Gefahr ich mich
für die Regierung Ihrer Majestät in Chittral gebracht hatte: Er sprach von
einer Medusa. Und wenn es auch äußerst unmännlich sein mag, dies einzugestehen,
so muss ich doch zugeben, dass ich mit einemmal große Angst verspürte.
     
    Am
nächsten Morgen erhob ich mich in meiner kleinen fensterlosen Hütte und
bereitete mich auf die bevorstehende Jagd vor. Ich ergriff die nötigen Waffen
und befahl Sergeant Singh, eine Truppe abzukommandieren.
    »Was
wird denn gejagt, Sahib?«, erkundigte er sich.
    »Das
Ungeheuer, das kein Mensch erblicken darf«, lautete meine Antwort und der
gewöhnlich unerschütterliche Soldat zuckte entsetzt zusammen.
    »Das
wird den Männern bestimmt nicht gefallen, Sir«, gab er zu bedenken.
    »Es wird
ihnen noch viel weniger gefallen, wenn ich auch nur ein Murren von ihnen
vernehme«, entgegnete ich. Mit Kolonialtruppen muss man streng verfahren, denn
sie werden stets nur genau soviel Rückgrad zeigen wie ihre befehlshabenden
Offiziere.
    »Ich
werde es ihnen ausrichten, Sahib«, antwortete er, salutierte, und ging hinaus
zu unserer Truppe.
    Die Männer
des Mehtar versammelten sich auf dem Platz; ein widerspenstiger Haufen Wilder,
der wie zu erwarten mit Vorderladern und Pfeil und Bogen bewaffnet war. Sie
sind übermütig wie Kinder, erregbar und streitsüchtig, und keinesfalls zu
vergleichen mit meiner Truppe, in der eine strenge Disziplin herrscht. Ich
zeigte diesen Männern beizeiten, wie man es richtig macht! Zusammen mit dem
Mehtar, der einen Falken auf dem Handgelenk trug, ritten wir im kalten hellen
Morgenlicht hinaus in die Berge.
    Wir
verbrachten den gesamten Vormittag und einen großen Teil des Nachmittags auf
dem Pferderücken. Wir ritten steile Pfade und Serpentinen entlang und zwischen
zwei schneebedeckten Gipfeln hindurch. Die Männer waren ungewöhnlich still,
eine düstere Vorahnung hatte uns allesamt ergriffen, und selbst die sonst so
überschwänglichen Chittrali-Kämpfer waren verstummt. Schließlich erreichten wir
ein ärmliches Dorf voll baufälliger Bretterbuden, wo eine Handvoll abgemagerter
Ziegen die Überreste dorniger Büsche fraß. Der Älteste des Dorfes begrüßte uns
und verriet uns mit zitternder Stimme den Weg zu unserem Bestimmungsort.
    »Es
liegt in dortig«, bestätigte mir mein Übersetzer und fügte hinzu: »Der alte
Narr, er sagen, es seien ein Tal voller Geister, bei Gott! Er sagen, sein Sohn gehen
da vor zwei, drei Tagen, aber nicht herauskommen. Dann der Mehtar-Gott segne
ihn – sein Bruder gehen auch hinab mitsamt Soldaten. Und das vor zwei Tagen.«
    »Nun«,
antwortete ich, »erkläre ihm, dass die große weiße Königin mich samt dieser
ausgezeichneten Truppe hierhergeschickt hat, sowie den Mehtar selbst und seine
Gefolgschaft. Wir werden sicherlich nicht irgendeinem Monster zum Opfer
fallen!«
    Der
Übersetzer redete daraufhin ein Weilchen mit dem Ältesten des Dorfes. Dieser
aber schien von einer großen Furcht erfasst zu werden. Da lehnte sich Nizam zu
mir herüber und riet: »Behutsam, behutsam!«
    »Wie
meint Ihr das, Exzellenz?«
    Er ritt
ein wenig zur Seite und gab mir zu verstehen, ihm zu folgen. Ich verspürte das
Bedürfnis, mich zu erklären. »Ich glaube nicht, dass eine Gorgone eine
Bedrohung für uns darstellt. Vielmehr bin ich sicher, dass wir es leicht mit
ihr aufnehmen können.«
    »Das
macht mir auch keine Sorgen«, meinte der Herrscher über dieses kleine
Königreich in den Bergen. »Aber gehen Sie behutsam mit dem Ältesten um. Das
Monster war nämlich seine Frau.«
    Wir
ritten den Rest des Weges in nachdenklicher Stille, bis wir zu dem Tal kamen,
in dem sich das Monster niedergelassen
hatte. Die einzigen Geräusche, die

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