Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
Vom Netzwerk:
genau erkennen, wozu diese hier
gedacht ist. Aber ein kurzer Blick genügt schon, um mir sicher zu sein, dass es
sich um mehr handelt als um eine bloße Leitung in die Hölle.
    Hier haben
wir das Differenzial, das die Tau-Funktion bestimmt, den Änderungsgrad von Zeit
und Distanz entlang einer der Planckschen Konstanten. Dort erkenne ich
einen Hinweis, dass dieser Schaltkreis ohne Eindämmungskäfig um ihn herum unter
keinen Umständen geschlossen werden darf. (Zum Glück stammt unsere Notation und
die der Ahnenerbe-SS aus derselben Quelle, sonst würde ich nichts davon
erkennen.) Diese Formel sieht überraschend modern aus, es handelt sich um
irgendeine Kurve durch die Ebene der komplexen Zahlen. Jeder Punkt
repräsentiert eine eigene Julia-Menge. Und dort wird das menschliche
Opfer lebend durch die Augäpfel in den Schaltkreis integriert, um so die
maximale Bandbreite zu bekommen.
    Ich drifte einen Moment lang ab, denn die bösartige
Eleganz des Musters verschlägt mir den Atem. »Du bist dir absolut sicher, dass
es das hier war?«, erkundige ich mich noch einmal.
    »Natürlich bin ich mir sicher!«, fährt Mo mich irritiert
an. »Oder glaubst du etwa, dass ich –« Sie hält inne und holt tief Luft. Dann
murmelt sie etwas vor sich hin und fragt laut: »Womit haben wir es denn zu
tun?«
    »Genau kann ich das noch nicht sagen«, antworte ich
und lege meinen Notizblock auf einen Stuhl, um mir das Pergament von einem
anderen Blickwinkel aus noch einmal genauer anzuschauen. »Aber es sieht mir
ganz nach einer Resonator-Karte aus. Ein Schaltkreis, der darauf ausgerichtet
ist, in ein anderes Universum zu horchen. Dieses Universum muss dem unseren
sehr ähnlich sein, denn die Energieschwelle, die überwunden werden muss, ist so
hoch, dass nur ein Menschenopfer die nötige Energie liefern kann.«
    »Ein Menschenopfer?«
    »Es braucht nicht viel Energie, um mit einem Dämon in
Kontakt zu treten«, erkläre ich. »Diese Wesen warten geradezu darauf, dass man
sie kontaktiert – zumindest solche, mit denen wir sprechen wollen. Aber sie
kommen aus Universen, die mit dem unseren so gut wie nichts zu tun haben, was
allerdings auch bedeutet, dass ein Informationsleck unsere Erdenergie nicht
gleich heillos durcheinander bringt. Stattdessen wird es vom weißen Rauschen
absorbiert. Aber wenn wir mit einem Universum kommunizieren wollen, das näher
ist, gilt es, eine gigantische Energieschwelle zu überwinden. Das ist sozusagen
ein systemimmanenter Sicherheitsmechanismus, der eventuelle
Kausalitätsüberschreitungen unterbindet. Die Kommunikation muss von einer
Intelligenz vermittelt werden, während es die Aufgabe von Beobachtern ist, die
Wellenfunktion zu unterbrechen. Und hier kommt das Menschenopfer ins Spiel: Man
eliminiert einen Beobachter. Wenn man es richtig macht, ermöglicht es einem,
mit einem  Universum in Verbindung zu treten, das nicht nur mehr oder weniger
direkt um die Ecke liegt, sondern lediglich durch eine Einheit von uns getrennt
ist, die kleiner ist als eine Plancksche Konstante.«
    »Oh.« Sie zeigt auf die Karte. »Also dieses Ding hier
ist eine präzise Transformation durch die Mandelbrot-Menge. Und ihr habt es als
eine Karte für das Linde-Kontinuum benutzt, richtig? Wäre es da nicht einfacher,
eine n-dimensionale, homogene Matrix-Transformation zu benutzen? Das würde doch
viel mehr Sinn machen.«
    »Äh …« Mo schafft es doch immer wieder, mich bei den
blödesten Gelegenheiten aus der Fassung zu bringen. »So aus dem Stegreif weiß
ich das jetzt nicht. Das muss ich erst mal nachlesen.«
    »Hm.« Sie schaut etwas enttäuscht drein, so als ob ihr
bester Student gerade die mündliche Prüfung in den Sand gesetzt hätte. »Das
hier ist mehr oder weniger identisch mit dem Symbol, das ich in Santa Cruz
gesehen habe. Und was wollen wir als Nächstes machen, Herr Neunmalklug?«
    »Oben steht ein Kopierer. Wir rufen die Kuratorin und
lassen uns ein paar Abzüge machen. Und dann sollten wir jemanden im Londoner
Büro bitten, die Kopien mit den Zeichen auf dem Schiffscontainer in Rotterdam
zu vergleichen, wo diese Morde passiert sind. Wenn sie übereinstimmen, haben
wir eine Spur.«
     
    Unsere Pension hat eine kleine Bar, aber kein Restaurant,
weshalb wir beschließen, uns erst einmal in unseren Zimmern frisch zu machen
und dann auf die Suche nach einem gemütlichen Lokal zu machen. Vielleicht
können wir ja auch ein oder zwei Wein oder Bier trinken, denn die Stunden im
Kellergewölbe des Schreckens werden bei

Weitere Kostenlose Bücher