Dämonentor
Spiegelglas
des Gestapo-Gebäudes.
»Sehen Sie nur«, sagt Alan und deutet nach links. Von
hier oben kann man den Mond sehen. Statt dem auf der Erde so vertrauten
Mann-im-Mond-Muster aus Seen und Meeren erkennt man hier ein Gesicht, das in
zehn Kilometer tiefen Furchen und Linien über die ganze Oberfläche gezeichnet
worden sein muss. Es ist ein verblüffender Anblick und ein unwahrscheinliches
Zeugnis für die Eitelkeit eines Mannes, im Vergleich zu dem Mount Rushmore oder
die Pyramiden wie Kinderspielzeug erscheinen. Vom kleinen Schnurrbart bis hin
zum charakteristischen Seitenscheitel kann man das Gesicht sofort zuordnen.
Hitlers Gesicht blickt auf die von Eis und Schatten
beherrschte Landschaft und auf mich herab. Die Ahnenerbe-SS kann nicht mehr
weit sein.
8
Der Sturm der Festung
Unsere Soldaten stürmen die geheime Festung der
Ahnenerbe-SS mit großer Geschwindigkeit und einem Elan, der nur durch taktische
Vorsichtsmaßnahmen und eine gewisse Verwunderung gemindert wird. Denn schon
bald stellt sich heraus, dass sich niemand in der Burg befindet.
Zuerst rückt unser Aufklärungsroboter in die Höhle des
Löwen vor. Während er auf den Burggraben zurollt, bewegt sich das Bravo-Team
auf leisen Sohlen durch den schockgefrorenen Wald auf der anderen Seite der
Festung. Alle sind extrem angespannt. Kein Wort wird gewechselt, der Funk
bleibt stumm. Jeder bemüht sich, unsichtbar zu bleiben und sich mehr oder
weniger verborgen vorwärtszubewegen. Denn eine Infrarot-Kamera würde einen
Menschen in dieser Eiseskälte wie eine Leuchtrakete aufscheinen lassen.
Noch immer herrscht eine unheimliche Stille und weder
Schüsse noch Rufe ertönen. Ich beuge mich über Hutters Schulter und betrachte
den Monitor. Die Festung ist außer einem leuchtend roten Zentralgebäude, das
circa zweihundertfünfzig Grad wärmer als seine Umgebung sein muss, in völlige
Dunkelheit gehüllt.
Alan lässt zweimal die Hand über seinem Kopfkreisen,
und in weiter Ferne erwacht ein schlafender Drache. Ein flammender Lichtpunkt
saust zischend über die gefrorene Landschaft, um dann in der Nähe der Zugbrücke
einzuschlagen. Steinbrocken und Metall stürzen lautlos durch das Vakuum. Auf
einmal geht alles sehr schnell: Das Alpha-Team stürmt die Zugbrücke, während
Team Bravo aus dem Wald auftaucht und in Windeseile Richtung Festung vorrückt.
Eine Reihe von Raketen erhellen die dunkle Nacht und legen die Wehrgänge in
Schutt und Asche, und dann –
Nichts. Nichts außer Totenstille und den sich hektisch
bewegenden Soldaten. Schon haben sie den Festungswall erreicht und schwärmen
aus. Sie bewegen sich so mühelos, als würde der Überlebensrucksack keine
dreißig Kilo, sondern nur wenige Gramm wiegen. Plötzlich beginnt der Angriff
auch von unserer Seite.
Eine Rakete fliegt zischend in Richtung Mauer, und ein
Mann feuert Maschinengewehrsalven auf den Innenhof. Jeder Einschlag wirbelt
kleine Staubwolken auf. Aber noch immer kein Gegenfeuer.
»Alpha sicher«, knurrt eine Stimme durch den Äther.
Kurz darauf: »Bravo gesichert. Feuer einstellen, Feuer einstellen. Wir sind
allein.«
»Allein? Bitte bestätigen.« Es ist Alans Stimme.
»Alpha hier – alles leer«, versichert eine andere
Stimme. »Leer wie in verlassen.«
»Bestätigung Bravo, Mike hier. Ein zerstörter
Lastwagen im Innenhof, aber keinerlei Lebenszeichen. Beim zentralen
Angriffsziel bin ich mir nicht sicher, aber falls sich jemand darin verschanzt
hat, kommt er jedenfalls nicht raus. Sie hätten uns allerdings sowieso nicht
gehört.« Die Stimme klingt nervös.
»Mike, bleibt in Deckung. Keine vorschnellen
Schlussfolgerungen! Hammer, sichert den Eingang zum Hof. Chaitin, ihr belagert
das zentrale Blockhaus. Aber kein Beschuss, ehe ich es sage. Team Charlie, rein
mit euch!«
Alan steht auf und läuft geduckt in Richtung Festung.
Ich erkenne andere Gestalten, die sich auf die zerstörten Tore der Burg zu
bewegen, wobei sie sich immer wieder flach auf den Boden werfen – bereit für
den Angriff, der nicht erfolgt.
Was zum Teufel geht hier vor? Es gibt nur eine
Möglichkeit, das herauszufinden. Ich stehe auf und laufe schweren Schrittes
los. Mit jeder Bewegung scheint der schwere Rucksack meine Füße förmlich in den
gefrorenen Boden zu rammen. Die Ebene ist ungefähr einhundert Meter breit, und
ich fühle mich sehr ungeschützt, als ich die Deckung des erfrorenen Waldes
verlasse. Aber aus der Festung gibt es kein Lebenszeichen. Nichts
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