Dämonenturm - Band 1: Stein auf Schädel (German Edition)
Kakophonie zu spielen, dass selbst der feigste aller Hasenfüße sofort sein Banner ergriffen hätte und in den Krieg geritten oder zu einer weiten Entdeckungsreise ungewissen Ausgangs aufgebrochen wäre, nur um seine Ohren zu retten.
Alle hielten sich die Ohren zu.
Alle außer Brausesturm Blaubart, der nun mit seinem Bart in den Ohren zum Mast schritt, und sich allein daran machte das schwere Wollsegel des Flaggschiffs zu hissen.
Das Segel fiel herab, und der Wind packte es, trieb zuerst das größte Langschiff nach draußen, dann folgten all die kleineren, die Knorre und Fischerboote. Alle segelten sie nach Norden, der Küste entgegen.
12. Kapitel
Klippe und Klar
»Wacht auf! Wacht auf!«
»Lgrfsss …«
»Bei der Sternenherrin, wacht auf!« Alagotis schüttelte den großen, bärtigen Mann, doch der Jarl drehte sich nur auf die andere Seite und klemmte die Hand des Sängers unter sich ein. Alagotis gönnte sich wieder einmal einen unpoetischen Fluch, zerrte, und nach einiger Zeit gelang es ihm schließlich seine Hand zu befreien. Er war sich nicht ganz sicher, ob alle seine Finger noch lebendig waren, aber er hoffte es inständig. Sie taten auf jeden Fall höllisch weh.
Verzweifelt blickte er auf den Jarl hinunter, der vor ihm in seiner Hängematte schnarchte, den Helm halb über das Gesicht geschoben. Bei jedem Ausatmen flogen ihm kleine Speicheltropfen aus dem Mund und sammelten sich in einer Delle im Metall des alten Eisenhelms.
»Ich weiß nicht, ob Ihr mich hören könnt«, sprach der Poet mit drängender Stimme, »Aber ich war gerade an Deck und habe gesehen, dass wir direkt auf die gefürchteten Südklippen zusteuern, auf das Kap von Erthain, das noch kein Sterblicher je umfahren hat! Es heißt, dass jeder, der es sieht, dem Tode geweiht ist! Ihr müsst ohne zu zögern an Deck kommen! Wir müssen auf der Stelle den Kurs ändern!«
»Gfscfvvvvvv …«
»Vielen Dank, Ihr seid wirklich sehr hilfreich, Ehrwürdiger.«
Von wachsender Panik erfasst, blickte Alagotis sich um. Irgendetwas musste es doch geben … irgendetwas, mit dem man diesen versoffenen alten Knack- diesen würdigen Greis wecken konnte! Er griff nach dem nächstbesten harten Gegenstand – einem nicht gerade appetitlichen, abgenagten Knochen – und ließ ihn auf Wanknieknies Helm fallen.
Der daraufhin zur Seite rutschte und ein schläfrig blinzelndes Auge freigab.
»Hmm?« knurrte der Jarl. »Zieht ein Schottersturm auf?«
»Nein, Ehrwürdiger.« Alagotis packte ihn am Arm. »Wir müssen schnellstens den Kurs ändern! Wir sind in schrecklicher, ja tödlicher Gefahr!«
»Sind wir das?«
»Wir nähern uns den Südklippen! Dem Todeskap!«
»Tun wir das?«
»Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen! Sie sind genau wie in den alten Sagen beschrieben: eine einzige, aus der Flachküste ragende Felsnadel. Dies ist das Schwert des Königs der Unterwelt! Alle, die es erst einmal erblickt haben, finden den Tod, es gibt kein Entrinnen.«
»Ja?«
»JA!«
»Mmmh.« Der Jarl ließ den Helm wieder übers Gesicht rutschen. »Dann seid so nett und sucht Euch ein nettes Plätzchen für Eure letzten Minuten. Ich muss die Augen wieder zumachen, nur vorsichtshalber.«
»Neineinein!« Der Dichter rang verzweifelt die Hände. »So habe ich das doch nicht gemeint! Wenn ich sage, dass jeder, der das Kapp gesehen hat, dem Tode geweiht ist, so meine ich natürlich nicht, dass man bei seinem Anblick tot umfällt. Ich meine, jedes Schiff, das in Sichtweite geraten ist, wird von den starken Winden dagegen geschleudert und … und …«
»Dann sagt auch in Zukunft, was Ihr meint, Bursche! Aber wenn wir sowieso alle sterben müssen, weshalb in drei Dämons Namen habt Ihr mich dann gestört?«
»Nun, ich dachte, vielleicht bestünde die Möglichkeit, dass wir die Ersten sind, die es schaffen noch rechtzeitig beizudrehen?«
Der Jarl seufzte tief und wälzte sich aus seiner Hängematte. »Ich sehe schon, heute komme ich nicht mehr zu meinem Mittagsschläfchen. Dann geht mal voraus und zeigt mir diese ominösen Klippen, Bursche.«
Mjir, eng in seiner Kiste zusammengequetscht, hörte draußen zwei Stimmen. Seltsam … mit wem konnte Alagotis sich nur unterhalten? Windfelser hielten zu dieser Zeit immer ihren Mittagsschlaf, damit sie abends wach genug zum Zechen waren.
Er hörte lauter werdende Schritte. Die beiden Stimmen kamen näher.
Alagotis trat, gefolgt von dem Jarl, auf das Deck hinaus. Es war ein klarer Tag, und man konnte sehen so weit das Auge
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