Dämonisches Tattoo
Indianer zu bedenken.
Chase konnte die Sorge des Mannes verstehen, gleichzeitig wusste er, dass es keinen anderen Weg gab. Wenn er nicht die nötigen Informationen bekam, konnte er nichts ausrichten. »Dieser Kerl kann mich über die Verbindung steuern«, sagte er. »Ich hätte beinahe jemanden umgebracht, weil er es wollte.«
Eine Weile schwieg der Indianer, einzig sein regelmäßiger Atem kündete davon, dass er noch in der Leitung war. Dann sagte er: »Es ist jetzt fünf nach sechs. Wir treffen uns um acht. Nehmen Sie die I-95 in Richtung Baltimore und verlassen Sie die Straße bei Hillandale. Dort gibt es einen alten Truck Stop. Ich warte auf Sie.«
Bevor Chase noch etwas erwidern konnte, hatte Quinn auch schon aufgelegt. Der Treffpunkt war lediglich eine gute halbe Stunde Fahrt entfernt. Schwieriger, als den Truck Stop zu finden, war es, nicht auf der Stelle in den Wagen zu steigen und loszufahren. Einzig der Gedanke, dort eineinhalb Stunden mit Warten zu verbringen und sich eineinhalb Stunden länger als nötig der Gefahr auszusetzen, dass ihn jemand erkannte, hielten ihn davon ab. Stattdessen ließ er noch eine Stunde verstreichen, in der er mehr als einmal versucht war Munarez anzurufen. Das Treffen mit Quinn war seine Chance, die Zeugenaussage zu bekommen. Immer wieder nahm er das Telefon in die Hand, schob es dann aber doch jedes Mal wieder in die Hosentasche. Zuerst musste er herausfinden, was es mit dieser Beeinflussung auf sich hatte und was er dagegen tun konnte. Danach würde er Kontakt zu Munarez aufnehmen.
Als es endlich an der Zeit war, aufzubrechen, schnappte er sich die Baseballkappe und ging zum Wagen. Er folgte dem Baltimore-Washington Parkway bis zur I-95 und fuhr dann weiter in Richtung Norden. Bei Hillandale verließ er, wie von Quinn beschrieben, die Interstate und folgte einer kleineren, kaum befahrenen Landstraße weiter nach Norden. Am Straßenrand wuchsen nur wenige Bäume, die Felder waren trocken und staubig und schon nach wenigen Meilen war die Windschutzscheibe des SUV von einer dicken Staubschicht überzogen.
Es dauerte nicht lange, bis er den Truck Stop erreichte, einen flachen Bau, auf dessen Dach in dreckigen Neonbuchstaben das Wort »Diner« prangte. Chase fuhr auf den Parkplatz und stellte den Wagen in der Nähe des Eingangs ab. Zwei Trucks parkten am hinteren Ende, ein Stück davor stand ein Pick-up, ansonsten war der Parkplatz verlassen. Vermutlich wurde die Landstraße in erster Linie von Leuten benutzt, die in der Gegend wohnten, und denen, die einem Stau auf der Interstate aus dem Weg gehen wollten.
Chase wartete, bis sich die Staubwolke gelegt hatte, die er beim Befahren des Parkplatzes aufgewirbelt hatte, dann stieg er aus. Zwei Stufen führten zur Tür des Truck Stop, der von der Bauart einem großen Container glich. Chase stieß die Tür auf und betrat den lang gezogenen Gastraum. Zu seiner Rechten verlief ein Tresen beinahe über die gesamte Länge. Davor standen eine Reihe abgenutzte Holzhocker. Am Ende der Theke saß ein Mann im Flanellhemd vor einer Tasse Kaffee und einem Teller mit Rührei und Bacon. Die Fensterseite war mit Sitznischen ausgestattet, kleine Bänke mit abgewetzten roten Sitzbezügen. Der Tisch an der Tür war besetzt, vermutlich der zweite Trucker. Ein Stück weiter hinten entdeckte Chase den Indianer. Sein dunkler Schopf schimmerte bläulich im Licht der einfallenden Morgensonne und wie schon beim letzten Mal trug er auch jetzt das geflochtene Stirnband mit der Rabenfeder. Ohne sein exotisches Äußeres hätte er sich mit seinen abgewetzten Jeans und dem rot-schwarz-grau karierten Holzfällerhemd nicht von den Truckern abgehoben.
Chase zog seine Mütze tiefer ins Gesicht und ging zu ihm. Vor dem Indianer standen eine Tasse Kaffee und ein Teller mit einem Stück Apfelkuchen auf dem Tisch. Mit einem Nicken glitt Chase auf die gegenüberliegende Bank, aus dem Augenwinkel sah er bereits eine Kellnerin näher kommen.
»Der Apfelkuchen hier ist gut«, meinte Quinn. »Den sollten Sie unbedingt probieren.«
Chase verzichtete darauf und bestellte lediglich Kaffee. Sobald die Kellnerin ihn gebracht hatte und wieder hinter dem Tresen verschwunden war, beugte sich Quinn nach vorn. »Was wissen Sie über meinen Großvater?«
»Ich habe es aus dem Internet.« Chase berichtete von dem Artikel, den Kate entdeckt hatte, und davon, dass der Killer Informationen hatte, die er eigentlich nicht haben konnte – und noch wichtiger: Dinge tun konnte, die mit
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