Dämonisches Tattoo
östlichen Vororte, doch abgesehen davon, dass sich die Gegenden glichen und alle Frauen allein zu Hause gewesen waren, schien es keinen weiteren Zusammenhang zwischen den Opfern zu geben, außer dass die Ehemänner häufig auf Reisen waren oder im Schichtbetrieb arbeiteten. Die Frauen hatten einander nicht gekannt, ebenso wenig gab es zwischen deren Männern, Kindern oder Geschwistern Verbindungen, die zu den anderen Opfern geführt hätten. Damit konnten sie ausschließen, dass der Täter aus dem Bekanntenkreis stammte. Er fing bei jedem Opfer von null an, beobachtete es, überwachte seinen Tagesablauf und ließ womöglich auch von ihnen ab, wenn er merkte, dass der Ehemann jeden Abend nach Hause kam und ihm damit keine Zeit blieb, sein Vorhaben durchzuführen.
Chase starrte immer noch auf den Stadtplan und versuchte ein Muster zu erkennen, irgendetwas, das ihm weiterhalf, als die Tür zu seinem Büro aufgerissen wurde.
»Was zum Teufel …?« Er fuhr herum, bereit, denjenigen zusammenzustauchen, der da in sein Büro platzte, als er Frank erkannte. Hinter ihm schoss Miss Tanner in ihrem dunkelblauen Kostüm heran und versuchte Frank aus dem Büro zu bugsieren, während sie Chase mit einem halb erschrockenen und halb entschuldigenden Blick bedachte. Frank ignorierte ihre Bemühungen, machte einen Schritt in den Raum und knallte ihr die Tür vor der Nase zu.
»Er hat wieder zugeschlagen!«, rief er, bevor Chase seinen Auftritt kommentieren konnte. »Ich habe es gerade in den Nachrichten gehört. Edmonston.« In seinen Augen lag ein fiebriger Glanz, seine Haut war fahl, durchbrochen von unregelmäßigen hellen Bartstoppeln, und seine Stirn glänzte vor Schweiß.
»Ich habe es auch eben erfahren.« Was er in Franks Zügen sah, ließ nicht zum ersten Mal die Frage in ihm aufkommen, ob der Mann noch diensttauglich war. Selbst wenn er seit Dianas Tod nicht mehr im Außendienst arbeitete, verlangten seine Aufgaben von ihm, dass er sich Tag für Tag mit Verbrechen und der Psyche der Täter auseinandersetzte. Im Augenblick war sich Chase nicht sicher, ob Frank damit umgehen konnte.
»Wir müssen endlich etwas unternehmen!«
»Frank, setz dich.« Chase deutete auf einen der Stühle, die seinem Schreibtisch gegenüberstanden, und als Frank nach kurzem Zögern Platz nahm, ließ sich Chase auf der Kante seines Schreibtisches nieder. »D. C. Metro unternimmt alles in ihrer Macht stehende, um ihn zu fassen. Du kennst die Akten, du weißt, wie geplant und überlegt er handelt. Wir können nichts weiter tun, als darauf zu warten, dass er einen Fehler begeht.«
Und ganz sicher werden wir ihn nicht provozieren.
»Wir können nicht länger tatenlos herumsitzen!«
»Niemand, der an diesem Fall dran ist, legt die Hände in den Schoß«, fuhr Chase fort. »Hast du eine Vorstellung, wie viele Überstunden Munarez abreißt, in der Hoffnung, irgendwo eine Spur zu finden? Sie könnte glatt ihre Wohnung kündigen, so selten ist sie zu Hause! Dasselbe gilt für die Gerichtsmediziner, sämtliche Laborkräfte und die Officer, die die Nachbarschaften durchforsten und jeden befragen, der auch nur im Entferntesten etwas gehört oder gesehen haben könnte.«
»Aber –«
»Ich weiß, wie schlimm das für dich sein muss, Frank. Das Beste, was du jetzt tun kannst, ist, weiter deiner Arbeit nachzugehen und D. C. Metro und unsere Leute die ihre tun zu lassen.«
Frank lehnte sich zurück, schloss die Augen und stieß den Atem aus. Als er die Augen wieder öffnete, war das Fieber daraus gewichen, die Entschlossenheit jedoch hatten Chase’ Worte nicht vertreiben können. »Ich werde den Indianer anrufen.«
Einen Moment lang wusste Chase nicht, wovon Frank sprach. Dann erinnerte er sich an Joseph Quinn und daran, dass Frank damals Zeuge des Gesprächs geworden war.
»Das ist nicht dein Ernst!«
»Ach ja?« Frank stand auf. »Ich denke, ich bin ein wenig offener als du.«
Chase erhob sich ebenfalls, um mit seinem Freund auf Augenhöhe zu sein. »Irgendwelcher Voodoo-Kram wird uns nicht weiterbringen!«
»Das kannst du nicht wissen, wenn du es nicht versucht hast!«
Chase griff nach Franks Schulter, um ihn zu beruhigen, doch der wich der Berührung mit einer ruckartigen Drehung aus und machte einen Schritt zur Seite. »Hast du je davon gehört, dass ein Fall durch Zauberei gelöst worden wäre?«, schoss Chase nach. »Ich nicht. Es ist immer die harte Arbeit der beteiligten Ermittler, die letztlich den Erfolg bringt – kein Medizinmann, der
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