Dämonisches Tattoo
in Richtung Tür, als seine Beine unter ihm einknickten und er mit einem dumpfen Laut auf den Teppich schlug. Dunkle Flecken breiteten sich vor seinen Augen aus. Er blinzelte sie weg.
»Frank, was soll das?«, keuchte er und versuchte sich aufzurichten. Sein Körper gehorchte ihm nicht mehr. Sosehr er sich auch zu einer Bewegung zwingen wollte, er brachte nicht mehr als ein Zucken zustande.
Über ihm stellte Frank sein Bierglas auf den Tisch. »Tut mir leid, Kumpel. Ich will diesen Kerl unbedingt – und dafür brauche ich dich.«
Warum mich?
Die Frage wollte nicht mehr über seine Lippen kommen und selbst in seinem Geist fühlte sie sich schwammig und nur schwer greifbar an. Ein letzter zusammenhangloser Gedanke, ehe ihn das Schlafmittel endgültig in die Dunkelheit stieß.
*
Der stechende Geruch von frischer Farbe war das Erste, was Chase wahrnahm, als er wieder zu sich kam. Es dauerte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass nicht die Farbe, sondern ein Schlafmittel für seinen Zustand verantwortlich war. An den hämmernden Kopfschmerzen und der Übelkeit, die sich durch den widerwärtig bitteren Geschmack in seinem Mund nur noch verschlimmerte, änderte dieses Wissen jedoch nichts.
Als er die Augen öffnete, bewegten sich zwei verschwommene Schemen durch das Zimmer. Der eine beugte sich zu ihm herab, um ihn zu begutachten, während der andere sich im Hintergrund hielt und mit etwas auf dem Küchentresen hantierte.
Zwei?!
Die Erkenntnis, dass Frank nicht länger allein war, jagte einen Adrenalinschub durch seine Adern, der seine Sicht schlagartig klärte. Ruckartig setzte er sich auf und wurde von den Schnüren gebremst, die seine Arme und Beine an einen Stuhl fesselten, der in der freien Mitte des Raumes stand. Er zerrte an den Fesseln und versuchte die Hände hinter seinem Rücken freizubekommen. Doch statt sich zu lockern, zogen sich die Schnüre nur noch fester zusammen und gruben sich in seine Handgelenke. Das beruhigende Gewicht der Glock war aus der Halterung an seinem Gürtel verschwunden. Als Chase’ Blick den Esstisch streifte, lag die Waffe dort.
Die Fenster waren wieder geschlossen.
»Meine Güte, Ryan!« Frank stand über ihn gebeugt und begutachtete seine Augen. Chase schielte an ihm vorbei in dem Versuch, einen Blick auf die zweite Person im Raum zu erhaschen, doch sein früherer Partner machte einen Schritt zur Seite, versperrte ihm die Sicht und nahm ihn erneut in Augenschein. »Wenn deine Pupillen nicht die Größe von Pfirsichkernen hätten, käme ich nie auf die Idee, dass du etwas intus hast. Ich hoffe wirklich, dass du nie Einschlafschwierigkeiten bekommst, sonst müsstest du dich vermutlich mit einer Betäubung ausknocken, die für Elefanten gedacht ist.«
»Wovon sprichst du überhaupt?« Seine Stimme klang rau und seine Kehle war so trocken, dass er husten musste.
»Hier, trink einen Schluck.« Frank setzte ihm ein Glas Wasser an die Lippen und Chase schluckte es gierig hinunter. Es vertrieb den Husten, gegen den bitteren Geschmack konnte es jedoch nichts ausrichten.
»Das Schlafmittel hätte dich für ein paar Stunden außer Gefecht setzen müssen«, fuhr Frank gelassen fort. »Du hättest gar nicht mitbekommen sollen, was wir hier machen. Aber da du nun schon einmal wach bist …« Mit einem Schulterzucken trat er zur Seite und gab den Blick auf den Indianer frei, der am Küchentresen mit kleinen Lederbeuteln, Schalen und Kerzen hantierte. »Sicher erinnerst du dich an Mr Quinn. Ich sagte ja bereits, dass ich Kontakt zu ihm aufgenommen habe – er war so freundlich, mir seine Hilfe anzubieten. Joseph«, sagte er an den Indianer gewandt, »erklären Sie Agent Ryan bitte, was passieren wird.«
Joseph Quinn wirkte nicht sonderlich glücklich, trotzdem lag in seinen Zügen eine Entschlossenheit, die besagte, dass er zu Ende bringen würde, was immer ihn hierhergeführt hatte. Er rollte ein Lederbündel auf dem Tresen auseinander, dessen Inhalt Chase von seinem Platz aus nicht erkennen konnte. »Erinnern Sie sich noch daran, was ich Ihnen über Rituale gesagt habe?«, erkundigte sich Quinn und schob eine kleine Messingschale zur Seite, ehe er sich Chase ganz zuwandte. »Ich kann Sie zu diesem Mann führen – und ich werde es tun.«
»Und um mich zu überzeugen, bringen Sie meinen Freund dazu, mich zu betäuben?«
Quinn verzog das Gesicht, sagte jedoch nichts. Das war auch nicht nötig, denn in dem Augenblick zuckte sein Blick kurz zu Frank, und Chase begriff, dass das
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