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Dämonisches Tattoo

Dämonisches Tattoo

Titel: Dämonisches Tattoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Melzer
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Augen zusammen und für einen Moment sah es so aus, als wolle er widersprechen, dann jedoch nickte er. »Treten sie vom Stuhl zurück, ich brauche den Platz.« Sobald Frank zur Seite gegangen war, griff Quinn nach einem weiteren Beutel, löste die Schnüre und stellte sich in die Mitte des Raumes. Eine monotone Melodie summend, die immer wieder von schnell gesprochenen Worten in einer fremden Sprache unterbrochen wurde, umkreiste er den Stuhl mit langsamen, wohlbedachten Schritten. Nachdem er Chase dreimal umrundet hatte, griff er – jetzt in einen Sprechgesang verfallend – in das Säckchen und holte eine Handvoll graues Pulver heraus, das er in feinen Zickzacklinien auf den Teppich streute. Eine weitere Runde, diesmal wieder singend, dann kehrte er zum Tresen zurück, fischte den ersten Faden aus der Schale, der vor Farbe nur so troff, und fädelte ihn ein, ohne seine Beschwörungen zu unterbrechen.
    Chase hatte genug gesehen. Er begann mit dem Stuhl hin und her zu wippen, brachte ihn immer mehr in Schwung und wartete darauf, dass er endlich umkippen würde, in der Hoffnung, dass sich seine Fesseln lockerten, wenn er zu Boden stürzte.
    »Wenn ich du wäre, würde ich das lassen.« Frank hielt eine Pistole auf ihn gerichtet und entsicherte sie mit einem vernehmlichen Klicken.
    »Frank, das kann unmöglich dein Ernst sein!«
    »Quatsch weiter und du wirst herausfinden,
was
alles mein Ernst ist.«
    Ehe Chase noch etwas erwidern konnte, stürmte Frank vor, holte aus und drosch ihm den Griff der Pistole gegen die Schläfe. Der Gesang des Indianers wurde zu einem leisen Summen im Hintergrund und Franks Umrisse verloren mehr und mehr an Schärfe, als es um ihn herum finster wurde.
    Ein heftiger Stich am unteren Ende seines Nackens ließ ihn auffahren. Blinzelnd kämpfte er gegen die Benommenheit an, bis er langsam in die Wirklichkeit zurückkehrte, begleitet von pochenden Schmerzen in seinem Nacken und dem fortwährenden Gemurmel indianischer Worte. Blut verklebte seine linke Gesichtshälfte und spannte auf der Haut – so trocken, dass er sich fragte, wie lange er außer Gefecht gesetzt gewesen war. Ganz sicher mehr als ein paar Minuten. Der Geruch der Räucherstäbchen hatte sich mittlerweile im ganzen Raum ausgebreitet und ließ seine Augen tränen.
    Chase war in sich zusammengesunken. Als er jedoch versuchte sich aufzurichten, stieß Frank ein warnendes Zischen aus. »Stillhalten«, mahnte er. »Es ist gleich fertig.«
    Die Nadel bohrte sich unterhalb seines Nackens unter die Haut und sandte ein feuriges Brennen aus. Chase unterdrückte ein Keuchen. Zu gern hätte er versucht sich zu befreien, doch zum einen hatte sich Frank wieder vor ihm aufgebaut, die Waffe locker in der Hand, und zum anderen wusste er nicht, welchen Schaden die Nadel an den falschen Stellen seines Körpers anrichten konnte. Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Zähne zusammenzubeißen und zu warten, dass der Indianer endlich fertig wurde. Trotz des Lidocains war der Schmerz erstaunlich stark zu spüren. Wie sich die Prozedur ohne die Salbe anfühlen würde, wollte er gar nicht wissen.
    Nach einer schier endlosen Abfolge weiterer Stiche, während der Chase sich in einer Mischung aus Wut und Schmerz befand, die ihm das Gefühl gab, nicht länger Herr seiner Sinne zu sein, trat der Indianer einen Schritt zurück und legte die Nadel beiseite. Noch immer in seinen Sprechgesang vertieft, die Augen von einem milchigen Film überzogen, als sei er in Trance, griff er nach dem Behältnis mit der Tinte. Der Rhythmus seines Gesangs wurde schneller, drängender, als er zwei Finger in die Farbmischung tauchte und unter immer weiter anschwellenden Gesängen ein Muster auf Chase’ Rücken zeichnete. Mit einem Schrei knallte er das Tintengefäß auf den Tresen und fuhr herum.
    »Öffnen Sie das Fenster, Agent Cassell.«
    »Warum?«
    Quinn deutete auf Chase. Erst jetzt spürte er den kühlen Hauch, der über seinen Rücken hinauf zu seinem Hals kroch und eine schmerzhafte Gänsehaut hinterließ. Er drehte den Kopf, um etwas erkennen zu können, und zuckte zusammen, als er einen feinen weißen Nebel über seine Haut wabern sah, der sich langsam von seinem Hals löste und in Richtung des Fensters schwebte.
    »Heilige Scheiße«, flüsterte Chase.
    »Beeilen Sie sich«, drängte Quinn. »Der Geist des Jägers sucht nach seinem Ziel.«
    Frank stürmte zum Fenster und schob es auf. Der Nebel kroch an der frisch gestrichenen Wand entlang und entschwand nach

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