Dämonisches Tattoo
menschlichen Seele!
Das war die Überschrift gewesen, die sie dem Artikel über Ryans Arbeit hatte geben wollen. Jetzt wäre wohl passender:
Profiler – arbeiten am Rande des Wahnsinns!
An ihren Artikel zu denken, half ihr, nicht durchzudrehen. Zumindest war die blinde Panik gewichen und hatte einer Angst Platz gemacht, die sich wie ein Pilz in ihr ausbreitete. Die Gedanken an ihre Arbeit waren wie ein Fungizid: Sie hinderten den Pilz am wachsen und würden ihn früher oder später ausrotten.
Sofern nicht etwas Schlimmeres geschah.
Ohne Vorwarnung trat Ryan auf die Bremse. Kate wurde gegen die Lehne der Rücksitzbank geschleudert und schlug sich hart den Kopf an, als er mit quietschenden Reifen eine scharfe Kurve nahm. Die darauf folgende Beschleunigung warf sie gegen die Rückwand des Kofferraums. Etwas, was sich nach Wagenheber anfühlte, grub sich unerbittlich in ihren Rücken. Sie angelte danach und stopfte ihn hinter eine der unzähligen Abdeckungen, bevor er ihr beim nächsten Bremsmanöver den Schädel einschlagen konnte.
Die Sirenen waren leiser geworden. In einem Anfall von Mut hob sie den Kopf und spähte durch eines der Einschusslöcher nach draußen. Das Einzige, was sie von der Welt jenseits des Kofferraums erkennen konnte, war das entfernte Aufblitzen der Blaulichter. Niemand schoss mehr. Soweit sie es sich zusammenreimen konnte, waren die Schüsse nicht aus den Polizeifahrzeugen gekommen, die sie verfolgten. Vermutlich hatte Ryan eine Straßensperre durchbrochen, woraufhin die Cops das Feuer auf den Wagen eröffnet hatten.
Zwei weitere Kurven, dann wurde es still hinter ihnen. Doch obwohl keine Sirenen mehr zu hören waren und Kate durch das Einschussloch keine Verfolger mehr entdecken konnte, blieb Ryan nicht stehen. Immerhin fuhr er nicht länger wie ein Henker, sodass sie – zumindest für den Augenblick – nicht fürchten musste, bei der nächsten Gelegenheit erneut mit dem Kopf gegen etwas zu knallen.
Kate atmete tief durch und fragte sich, was passieren würde, wenn Ryan anhielt. Er hatte eine Waffe an seinem Gürtel getragen. Die Aussicht auf einen Exklusivbericht war das eine, es bestand jedoch immer noch die Möglichkeit, dass er sie einfach abknallte, wenn er den Kofferraum öffnete.
Nein, das würde er nicht machen! Wenn er ihr etwas antun wollte, hätte er das bereits auf der Straße erledigen können; er hatte ihr jedoch lediglich den Autoschlüssel aus der Hand gerissen.
Und mich in den scheiß Kofferraum gesperrt!
Warum, zur Hölle, hatte er das getan? Hätte er sie nicht einfach zur Seite schubsen und abhauen können?
Dann wäre ich in die Schusslinie geraten.
Sie schüttelte den Kopf. Die hätten wohl kaum auf sie geschossen. Oder?
Sie musste die Polizei anrufen. Womöglich hatten die überhaupt nicht mitbekommen, dass sie sich im Kofferraum befand, sonst hätten sie wohl kaum das Feuer eröffnet.
Kate tastete nach ihrer Handtasche, die im Dunkeln alles andere als einfach zu finden war. Zweimal schlug sie sich den Kopf an und einmal blieb sie mit der Hand an einer scharfen Kante hängen, dann endlich bekam sie den Henkel zu fassen und zog die Tasche zu sich. Sie öffnete den Reißverschluss und griff nach dem Handy. Glücklicherweise steckte es noch in dem kleinen Seitenfach, in dem sie es verstaut hatte. Mit einem Ruck zog sie es heraus und schaltete es an. Um Empfang zu bekommen, musste sie erst verschiedene Winkel ausprobieren und schließlich in einer ziemlich unbequemen Verrenkung verharren und das Handy über ihren Kopf halten. Als sie die 911 wählen wollte, begann das Telefon zu klingeln. Kate erschrak so sehr, dass es ihr um ein Haar aus der Hand gerutscht wäre, dann hatte sie es wieder fest im Griff und warf einen Blick auf das Display. Marc Headley.
Gott sei Dank!
Womöglich war es gut, wenn außer der Polizei noch jemand wusste, wo sie sich befand. Andererseits hatte Trent ihm bereits ihre Schlitzerstory übertragen. Wer konnte schon wissen, wie lange es dauern würde, bis sie in die Redaktion konnte, um die Geschichte ihrer Entführung zu verfassen. Am Ende hatte Marc bis dahin längst einen Artikel geschrieben.
»Du bist wirklich verrückt, Lombardi.« Machte sie sich tatsächlich mehr Sorgen um diesen blöden Artikel als um ihr Leben? Nein, definitiv nicht. Sie nahm das Gespräch an.
»Marc?«
»Da bist du ja endlich.« Mein Gott, wie tröstlich selbst dieser vorwurfsvolle Ton klang. »Habe ich dich geweckt oder treibst du dich etwa ohne mich in
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