Dämonisches Tattoo
Munarez jedoch hatte er noch deutlich im Ohr. »Frank war schneller. Er hatte Munarez bereits angerufen und ihr erzählt, dass er mich erwischt hätte, wie ich Beweise aus der Asservatenkammer gestohlen habe – die DNA-Proben unseres Serienmörders.«
»Aber das sind haltlose Anschuldigungen«, rief sie empört und schien nicht im Geringsten daran zu zweifeln, dass er nicht getan hatte, wofür man ihn beschuldigte. Ihre offene Entrüstung tat erstaunlich gut.
»Meine Fingerabdrücke sind auf den Beweismitteln.«
»War er das? Als Sie ausgeknockt waren?«
Chase nickte. »Munarez glaubte mir nicht und mir blieb keine Zeit mehr. Meine Wagenschlüssel waren in den Aufzugschacht gefallen. Ich brauchte einen Ausweg – und das waren Sie. Hören Sie, Lombardi, es tut mir wirklich leid, dass ich Ihnen solche Angst gemacht habe, aber für eine Diskussion mit Ihnen blieb mir keine Zeit.«
»Und ohne hätte ich meinen Autoschlüssel garantiert nicht herausgerückt.«
»Das war meine Befürchtung.«
Du bist jetzt nicht mehr allein.
Die Worte, die er gehört hatte, ehe er vorhin zu sich gekommen war, schlichen sich in seinen Geist und weckten die Frage in ihm, ob an dem Ritual womöglich doch etwas dran sein könnte. Doch das war Unsinn. Er hatte geträumt. Der Himmel wusste, was für ein Teufelszeug Frank ihm eingeflößt hatte. Vermutlich musste er noch dankbar sein, dass ihn keine schlimmeren Träume verfolgt hatten. Es gab keine Verbindung und es würde auch nie eine geben.
»Was haben Sie jetzt vor, Ryan?«
»Je weniger Sie –«
Sie hob abwehrend die Hände. »Nicht schon wieder! Ich sage Ihnen, wie ich die Sache sehe: Ihr Gesicht wird im Fernsehen ausgestrahlt, jeder kennt Ihren Namen. Vermutlich können Sie keine drei Schritte vor die Tür machen, bis der Erste Sie erkennt.« Sie stand auf, stellte sich vor ihn und sah ihm in die Augen. »Was auch immer Sie planen, Sie werden nicht ohne Hilfe auskommen – und da es vermutlich ziemlich schwierig werden dürfte, jemanden davon zu überzeugen, Ihnen zu helfen, ist meine Unterstützung die Einzige, die Sie bekommen werden.«
»Darf ich Sie daran erinnern, dass Ihr Gesicht neben meinem zu sehen war?«
»Und wie viel Ähnlichkeit habe ich im Augenblick mit meinem Foto?«, schoss sie zurück.
»Punkt für Sie.« Man würde sie schon sehr genau ansehen müssen, um auf die Idee zu kommen, es könne sich bei ihr und der Frau auf dem Foto um ein und dieselbe Person handeln. Trotzdem gefiel ihm der Gedanke nicht, sie noch weiter in Schwierigkeiten zu bringen. »Ich habe Sie entführt und bedroht und Sie wollen mir trotzdem helfen?«
»Sie hätten mich nicht umgebracht – auch nicht, wenn Ihre Waffe geladen gewesen wäre.«
»Dass ich Ihnen nichts getan hätte, kann wohl kaum der Grund für Ihr Angebot sein. Also?«
»Können Sie sich das nicht denken?«
Chase stöhnte. »Das ist nicht Ihr Ernst.«
»Ich will die Exklusivrechte an dieser Story und ein Interview mit Ihnen, wenn alles vorbei ist – nicht über den Schlitzer-Fall, sondern über das hier.«
Er hätte sich denken können, dass es ihr nicht darum ging, ihm aus dem Schlamassel zu helfen, sondern dass sie sich nur für eine Story interessierte. Zu gern hätte er ihr gesagt, wohin sie sich ihr Angebot stecken konnte. Doch ganz gleich, wie er es auch drehte und wendete, sie hatte recht: Er würde keine andere Unterstützung finden.
Darauf, dass andere Klamotten nichts an ihrer Reporterseele änderten, hätte er auch selbst kommen können. Trotzdem wäre es dumm gewesen, ihr Angebot auszuschlagen.
»Also gut«, stimmte er schließlich zu. »Sie bekommen Ihre Story. Aber
danach
will ich, dass Sie nie wieder mit Fragen oder Interviewwünschen an mich herantreten.«
Ein Schatten zog über ihr Gesicht und fast schien es ihm, als hätten seine Worte sie verletzt. »Es geht mir nicht um Sensationsgier, Ryan, aber ich brauche diese Story«, sagte sie. »Ich stehe kurz davor, meinen Job zu verlieren. Trent hat mir bereits die Berichterstattung über die Schlitzermorde entzogen und beschäftigt mich mit todlangweiligem Kleinkram. Noch ein Fehler und ich bin raus. Das hier ist meine Chance, alles wieder hinzubiegen.«
»Sie brauchen sich nicht vor mir zu rechtfertigen.« Tatsächlich jedoch fand er es interessant, dass sie es tat. Es war fast, als wolle sie sich dafür entschuldigen, dass sie scharf auf diese Story war. Wollte sie, dass er sie in einem anderen Licht sah? »Versprechen Sie mir einfach, dass es
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