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Daisy Goodwin

Daisy Goodwin

Titel: Daisy Goodwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine englische Liebe
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aber
Cora war in ihrem «Herzoginnenzustand», wie Bertha es für sich nannte.
    «Bertha, du musst daran denken, mich
in der Öffentlichkeit Euer Gnaden zu nennen, du weißt doch, wie der Herzog
darüber denkt.»
    «Euer Gnaden, ich denke, Sie sollten
herunterkommen und sich Ihr Porträt ansehen», sagte Bertha.
    Cora sagte ungeduldig: «Ich komme
herunter, sobald alle Gäste eingetroffen sind. Ich werde es Ivo vorführen.»
    «Aber meinen Sie nicht, Sie sollten
es zuerst sehen?», beharrte Bertha.
    «Warum, stimmt etwas nicht mit dem
Bild?» Sie drückte Berthas Arm. «Sehe ich hässlich aus? Oder dick?»
    «Nein, Miss Cora, ich meine, Euer
Gnaden. Sie sehen gut aus auf dem Bild. Ich denke nur, Sie sollten es sehen,
das ist alles.» Bertha bereute es langsam, heraufgekommen zu sein. Vielleicht
hatte sie sich nur etwas eingebildet.
    «Nun, in dem Fall muss ich mir ja
keine Sorgen machen.» Cora wandte sich ab. «Lieber Pater Oliver, es freut mich
so, dass Sie zu meiner kleinen Soiree kommen konnten.» Bertha ging. Sie hatte
eine schlechte Vorahnung wegen des Porträts, aber mehr konnte sie nicht tun.
Sie ging nach unten ins Dienstbotenzimmer. Zu ihrer Erleichterung war Jim in
der Speisekammer und aß ein kaltes Stück Pastete. Er sah schuldbewusst auf, als
sie hereinkam.
    «Du meine
Güte, ich dachte, du wärst Mr. Clewes.» Er lächelte sie an. «Aber ich bin
froh, dass du es bist.» Er wischte sich die Krümel vom Mund und gab ihr einen
Kuss. Sie schob ihn weg.
    «Jim,
nicht. Das ist es nicht wert.»
    Er küsste sie wieder, seine Lippen
waren noch fettig von der Pastete. «Das kann nur ich beurteilen.»
    Sie entwand sich ihm und stellte
sich mit verschränkten Armen vor ihm auf.
    «Ich mache
mir Sorgen, Jim.»
    «Mach dir wegen Clewes und den
andern keine Sorgen. Sie sind alle oben und haben zu tun. Ich sollte eigentlich
helfen, aber zum Glück hat die einzige Livree, die noch übrig war, nicht
gepasst.»
    «Nein, darum geht es nicht. Es geht
um Miss Coras Bild. Es ist nicht respektvoll, und sie weiß es nicht.» Bertha
schüttelte den Kopf.
    «Warum, ist
sie nackt?» Jim rollte mit den Augen.
    «Nein, natürlich nicht! Aber sie
sieht aus, als könnte sie es sein, wenn du verstehst, was ich meine», sagte Bertha.
    «Daran ist doch nichts verkehrt. In
Lulworth hängen viele Bilder von nackten Frauen.»
    «Aber nicht von Damen, Jim. Das sind
Göttinnen, keine Ladys.» Bertha sah ihn an.
    «Ladys sehen untendrunter doch
genauso aus, oder? Gibt es da ein Geheimnis, von dem du mir nichts erzählt
hast?»
    Jim hatte ihr die letzten Worte ins
Ohr geflüstert. Sein Atem kitzelte Bertha im Nacken. Sie wollte sich an ihn
schmiegen, ihr Herz an seines drücken und seine Wärme spüren, aber sie konnte
ihre Sorgen nicht für sich behalten. Es gab Momente, da mochte sie Miss Cora
nicht, aber sie war ihre Herrin, und da konnte sie nicht gleichgültig sein. Sie
wusste, dass Jim diese Verbindung, die sie spürte, nicht verstand. Er war dem
Herzog treu ergeben, aber er fühlte sich nicht für ihn verantwortlich; der
Herzog war sein Herr, nicht sein Schützling. Aber für Bertha war es anders.
    «Komm mit mir hoch, Jim, komm und
sieh dir das Bild an. Vielleicht sehe ich Dinge, die gar nicht da sind.»
    «Das geht nicht, Bertha! Wenn ich da
hochgehe, muss ich die ganze Nacht arbeiten. Darf ein Mann nicht ab und zu mal
ein bisschen freie Zeit mit seiner Liebsten verbringen?» Jim legte den Arm um
sie und zog sie an sich. Sie ließ ihren Kopf einen Augenblick lang an seiner
Brust ruhen, aber dann erinnerte sie sich an Coras Blick auf dem Gemälde und
riss sich los.
    «Ich muss gehen, Jim.» Er ließ sie
widerwillig los und sagte: «Vergiss nicht, Bertha, unsere Aufgabe ist es nur,
sie zu bedienen.»
    Aber sie war schon weg, ihre dunklen
Bombasin-Röcke raschelten auf den Steinstufen.
    Der Salon oben war so voll, dass er
fast aus den Nähten platzte. Die Frauen mussten sich wegen ihrer enormen Puffärmel
seitlich aneinander vorbeischlängeln. Die mit Straußenfedern und
Diamantschmuck verzierten Köpfe wurden gereckt, um die Herzogin gut sehen zu
können. Man stimmte darin überein, dass sie hübsch war, auf eine amerikanische
Weise, eher lebhaft als sanftmütig, aber mit größerem Interesse wurde
spekuliert, welches Ausmaß ihr Reichtum wohl haben mochte. Ein Vicomte, der
die Vereinigten Staaten im Zuge einer erfolglos verlaufenen Goldsuche besucht
hatte, versicherte seinen Zuhörern, dass jede Scheibe Brot, die in

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