Daisy Goodwin
hatte recht gehabt – sie gab den Ton vor.
Sie sah Ivo
mit dem Premierminister reden. Sie würde zu ihm gehen. Ivo hatte unvernünftig
reagiert; was Louvain gesagt hatte, stimmte: Sie hatte nichts zu verbergen.
Als sie durch den Raum ging, hörte
sie die hohe Stimme von Odo kreischen: «Ein Inbild der Hingabe, meine Liebe,
Sie hätten sein Gesicht sehen sollen.» Sie versuchte an ihm vorbeizugehen, ohne
ihn zu beachten, aber Odo hatte sie bemerkt und fuhr fort: «So naiv, aber das
müssen wir den Amerikanern wohl nachsehen.»
Cora ging weiter, ihren Blick auf
Ivo gerichtet. Gegen Odo konnte sie nichts machen.
Schließlich
trat sie zu ihrem Ehemann. Er war im Gespräch mit Lord Rosebery und einem
jüngeren Mann, den sie von dem Abend in Conyers kannte, der Stallmeister des
Prinzen, Colonel Ferrers.
Cora legte
ihre Hand auf Ivos Arm. Ein stechender Schmerz durchzuckte sie, als er sich ihr
zuwandte und sie seinen Gesichtsausdruck sah. «Cora, darf ich dir den Premierminister
vorstellen? Rosebery, meine Frau.»
Sie gaben
sich die Hand.
«Und
Colonel Ferrers kennst du ja bereits.»
Der
Stallmeister deutete eine Verbeugung an.
Der
Premierminister ergriff das Wort.
«Ich habe dem Herzog gerade gesagt,
wie erfreut ich darüber bin, dass er zugestimmt hat, den Prinzen zu begleiten.
Wir brauchen mehr Adelige, die über das Pflichtgefühl Ihres Mannes verfügen.»
Cora lächelte. Sie hatte keine
Ahnung, wovon er redete, durfte sich das aber natürlich nicht anmerken lassen.
Sie blickte Ivo an, konnte ihn aber nur im Profil sehen.
«Es stimmt, Lord Rosebery, Ivo hat
ein ausgeprägtes Gefühl dafür, was in seiner Position das Richtige ist. Aber
da ist er doch sicher nicht der Einzige?»
«Ich
wünschte, die Selbstlosigkeit Ihres Mannes wäre weiter verbreitet, Herzogin.
Der Staatsdienst sollte für die privilegierte Klasse selbstverständlich sein,
das ist aber heutzutage oft nicht der Fall.» Der Premierminister klang niedergeschlagen.
Er sah, dachte Cora, nicht wie ein Mann aus, der seine Rolle im Leben genoss.
Ivo hatte ihr erzählt, dass Rosebery richtig gern nur über seine Pferde sprach.
«Ich habe so viel über Ihren
Pferdestall gehört, Lord Rosebery. Waren Sie jemals in Amerika? Mein Vater hat
dort letztes Jahr mit seinem Pferd Adelaide die Triple Crown gewonnen. Es wäre
ihm eine Ehre, einen Derby-Gewinner zu Gast zu haben.»
Ivo unterbrach sie. «Möglicherweise
ist der Premierminister zu beschäftigt für diese Dinge, Cora.»
Aber
Rosebery lächelte. «O nein, Wareham, für Pferderennen bin ich nie zu beschäftigt.
Für das Parlament vielleicht, aber nicht für Pferde. Erzählen Sie mir vom
Stall Ihres Vaters, Herzogin. Hat er Araber?»
Cora begann
ein Gespräch über die Zucht von Vollblütern, bei dem sie selbst vor allem
zuhörte. Aber aus dem Augenwinkel sah sie, dass Ivo unruhig wurde. Endlich ent
ließ Rosebery sie aus dem Gespräch und wandte sich ihrem Mann zu. «Ich muss
sagen, Wareham, nachdem ich nun Ihre charmante Ehefrau kennengelernt habe,
schätze ich Ihr Pflichtbewusstsein sogar noch mehr.» Rosebery lächelte Cora zu,
und es gelang ihr zurückzulächeln.
Endlich lichtete sich die Menschenmenge. Um
Mitternacht hatten zwei Diener Körbe voller Geschenke für die Gäste
hereingebracht, goldene Zigarettenetuis mit dem eingravierten Wappen der
Maltravers für die Herren und Operngläser aus Perlmutt für die Damen, die
ebenfalls das Wappen trugen, in diesem Fall aus Blattgold. Der Schwerpunkt der
Gesellschaft hatte sich dadurch sogleich verlagert – wie Eisenspäne, die dem
Magnetfeld nicht widerstehen können, hatten sich die Gäste zu der Attraktion
hingezogen gefühlt. Manche Leute hatten natürlich geflüstert, dass diese Großzügigkeit
eine abgeschmackte amerikanische Sitte wäre, aber am Ende waren die Körbe
trotzdem leer. Cora war froh, dass sie darauf bestanden hatte, diesen in
Newport üblichen Brauch hier einzuführen, obwohl Ivo gelacht hatte, als sie es
vorschlug; die glänzenden Kinkerlitzchen hatten ihre Gäste von der Sache mit
dem Porträt abgelenkt. Sie war inzwischen ganz heiser vom vielen
Verabschieden. «Oh, es hat mich so gefreut, dass Sie da waren – nein, ich danke
Ihnen, dass Sie gekommen sind – ich wollte einfach, dass jeder etwas hat, das
ihn an mein erstes Fest erinnert.» Sie vermutete, dass die Beauchamps die
Neuigkeit, dass sie schwanger war, gestreut hatten, da viele Frauen ihr beim
Abschied nahelegten, sich nun auszuruhen.
Herzogin Fanny hatte
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