Daisy Goodwin
mir etwas leihen könnten,
werde ich versuchen, das Fahrrad zu erobern. Was ist mit Ihnen, Lady Tavistock,
Mrs. Cash? Werden Sie meine Blamage mit ansehen?»
Mrs. Cash
sagte: «Oh, ich habe vor ein paar Jahren Fahrrad fahren gelernt, aber ich
denke, ich sollte das den jungen Leuten überlassen. Für meinen Geschmack gibt
es hier zu viele Hügel.» Lady Tavistock nickte zustimmend.
Odo beugte sich vor. «Wenn du Rad
fährst, meine Liebe, dann bin ich in jedem Fall mit von der Partie.» Cora
spürte einen Speicheltropfen auf ihrer Wange. «Ich möchte nicht, dass du wieder
verschwindest. Es ist wirklich nicht ganz leicht» – er lehnte sich zurück und
sprach die versammelte Gesellschaft an –, «mit meiner Frau mitzuhalten.»
Er hatte die Stimme erhoben, und die
Kampfansage, die darin mitschwang, tönte durch den ganzen Raum. Cora sah, dass
Teddy sich umdrehte und die Kartenspieler aufsahen. Sie wusste, dass sie etwas
tun musste, um die Situation unter Kontrolle zu bringen – ihre Mutter funkelte
sie an, als wollte sie sagen, dass es ihre Pflicht sei, das in die Hand zu nehmen. Odo schwankte jetzt
sichtlich, ganz offenkundig bereitete er den nächsten Ausbruch vor.
Hilfesuchend sah sie Charlotte an, aber die blickte zu Boden. Dies war eine
Prüfung, wie mutig sie als Gastgeberin war, es wurde beobachtet, wie sie damit
umging.
Sie trat einen Schritt vor, legte
die Hand auf Odos Arm und sagte so charmant sie konnte: «Da kann ich Ihnen nur
zustimmen, wir geben uns alle Mühe, mit Ihrer Frau mitzuhalten. Sie setzt den
Maßstab. Ich bin sicher, dass wir in wenigen Wochen alle Kleider tragen, über
die Insekten krabbeln, denn wenn Charlotte Beauchamp es macht, können wir ihr
da nur folgen. Aber jetzt möchte ich, dass Sie mit mir kommen, Sir Odo. Wir
haben im Gartenhaus eine neue Statue, zu der ich gern Ihre Meinung hören
würde, und deine auch, Teddy. Ich wüsste gern, was wirkliche Kenner von dem
Canova im Mondlicht halten.»
Odo sah sie aus schmalen Augen an,
ließ sich aber von ihr aus dem Zimmer führen, und Teddy folgte ihnen. Charlotte
hatte den Blick auf den Boden geheftet, als Cora gesprochen hatte. Jetzt hob
sie den Kopf und sah Mrs. Cash direkt in die Augen. «Ihre Tochter hat viele
Talente, Mrs. Cash.»
Diese nickte hoheitsvoll. «Ich habe
sie so erzogen, dass sie überall ihren Platz einnehmen kann.»
Die Abendluft war noch warm, Cora nahm
den Duft der Rosen wahr und die salzige Brise, die vom Meer herüberwehte. Der
Mond, der in ein oder zwei Tagen voll sein würde, bedeckte die weißen Steine
des Gartenhauses mit einem blassen Schimmer. Ein Diener näherte sich mit einer
Laterne, doch Cora sagte zu ihm: «Nein, ich denke, wir sollten es bei Mondlicht
sehen.»
Sie gingen den Kiesweg zum
Gartenhaus entlang, die Steine knirschten in dem stillen Garten laut unter
ihren Füßen. Odo hatte sich beruhigt, er schwieg, bis sie vor dem Pavillon
stehen blieben – sechs Säulen und darauf ein glockenförmiges Dach, unter
welchem Psyche von Amor geküsst wurde, ihr nackter Oberkörper streckte sich ihm
entgegen. Cora hatte die Statue bei Duveen gekauft, ohne sie vorher gesehen zu
haben (aber natürlich nicht, ohne ihre Herkunft überprüfen zu lassen). Ivo
hatte in Venedig eine Canova-Statue sehr bewundert, und sie dachte, diese
müsste ihm auch gefallen. Als sie zugesehen hatte, wie sie aus ihrer Kiste geholt
wurde, war sie überrascht und leicht beunruhigt gewesen wegen Amors muskulösen
Armen und der leidenschaftlichen Haltung Psyches, die den Mund ihres Geliebten
suchte. Tagsüber war die Statue faszinierend, aber jetzt in diesem silbrigen
Halbdunkel war sie unerträglich intim. Der Lichtschein auf den geschmeidigen
marmornen Kurven vermittelte Cora das Gefühl, unerlaubt bei einem privaten Moment
der Entrückung zu stören.
Odo trat vor und strich mit der Hand
über Psyches nackte Taille.
«Was für eine Oberfläche, finden Sie
nicht, Mr. Van Der Leyden? Fast so gut wie in Wirklichkeit.»
«Technisch in jedem Fall
einwandfrei», sagte Teddy vorsichtig. Es machte ihn unruhig, mit Cora zusammen
vor dieser Statue zu stehen. Er wusste, dass sie ihn mitgenommen hatte, um
nicht mit Odo allein zu sein, aber es war schwer, nicht an eine andere Nacht im
Mondlicht zu denken, an die Nacht in Newport, als sie ihm ihr Gesicht zugewandt
hatte, sie Psyche und er Amor.
«Es freut mich, dass sie Ihnen
gefällt, Sir Odo. Ich finde, sie passt sehr gut hier ins Gartenhaus», sagte
Cora und wünschte, Odo würde
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