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Daisy Goodwin

Daisy Goodwin

Titel: Daisy Goodwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine englische Liebe
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Kopf herum wie Quecksilber, sie weigerten sich, sinnvoll
zusammengefügt zu werden. Er wusste, dass er etwas tun musste, dass er nicht
zulassen durfte, was gleich passieren würde, aber er blieb passiv, entspannte
sich auf seinem steinernen Bett, weil er ebenfalls wusste, auch wenn er sich
dafür hasste, dass Odo recht hatte.
    Cora stand an der Tür zur langen Galerie
und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Der Prinz spielte immer noch
Karten, Pater Oliver war bei ihrer Mutter, und Lady Tavistock, Sybil und
Reggie hatten sich nicht von der Stelle bewegt – ihre Schachfiguren offenbar
auch nicht –, und Ivo spielte
immer noch im Musikzimmer Klavier. Sie fragte sich, wo Charlotte war – sie
würde ihr keinen Vorwurf machen, wenn sie schon zu Bett ginge, um Odo zu
entkommen. Sie versuchte sich vorzustellen, was für eine Ehe die beiden
führten. Jeder konnte sehen, dass sie nicht glücklich waren, aber sie traten so
glanzvoll und beeindruckend zusammen auf, dass man es kaum schaffte, sie nicht anzusehen.
Worüber sie sich wohl unterhielten, wenn sie allein waren? Sie hatten keine
Kinder, in dieser Hinsicht gab es also nichts Gemeinsames. Sie ging durch die
Galerie auf das Musikzimmer zu. Sie wollte Ivo sehen, um sich ihres eigenen
Glücks zu vergewissern.
    Er spielte
etwas, das sie nicht erkannte, etwas Schnelles mit vielen Läufen. Sie betrat
das Musikzimmer und sah zu ihrer Überraschung Charlotte neben dem Klavier
stehen. Sie wandten Cora beide den Rücken zu. Als Ivo ans Ende einer perlenden
Glissando-Passage kam, sah Cora, wie Charlotte sich vorbeugte und eine Seite
umblätterte. Sie machte es geschickt, ohne Aufhebens, und soweit Cora sehen
konnte, blickten sie und Ivo sich dabei nicht an, dennoch hatte die Bewegung
etwas Intimes, es war die wortlose Vorwegnahme und Erfüllung eines
Bedürfnisses, und das beunruhigte Cora mehr, als jeder Blick es vermocht
hätte. Sie stand in der Tür und versuchte, die Furcht, die sie empfand, nicht
in Gedanken zu kleiden, sie versuchte, ihr strahlendstes Lächeln aufzusetzen
und wieder so zu werden, wie sie sich noch einen Augenblick zuvor gefühlt hatte
– als heißer Atem ihren Nacken traf und Odos Stimme an ihrem Ohr sagte: «Sind
die beiden nicht ein hübsches Paar? Sieht aus, als würden sie sich sehr gut
verstehen.»
    Cora erstarrte, als ihre eigenen
Gedanken von ihm ausgesprochen wurden. Sie wollte sich gerade abwenden, als er fortfuhr: «Zu schade, dass Sie
und ich hier sind, wirklich lästig.» Odos Stimme war kaum lauter als ein
Flüstern, aber er stand so nah, dass sie unmöglich vorgeben konnte, ihn nicht
gehört zu haben.
    Sie sah ein wenig zur Seite und
sagte: «Oh, aber ich bin nicht eifersüchtig, Sir Odo. Charlotte und Ivo sind
alte Freunde. Ich kann wohl kaum von ihm erwarten, mir zuliebe all seine
Bekannten zu verstoßen. Außerdem mag ich Ihre Frau auch. Sollten Mann und Frau
nicht denselben Geschmack haben?»
    Odo sagte
nichts, und Cora wartete. Wartete, dass er weiterging oder umkehrte – sie würde
ihm keine Gelegenheit geben, das preiszugeben, was offenbar hinter seinen
glänzenden, fleischigen Backen brannte. Wenn er sich jetzt abwandte, würde sie
weitermachen, als wäre nichts passiert, würde vorgeben, dass sie nie gesehen
hatte, wie Charlotte sich Ivo zuneigte, als gehöre er ihr, oder wie Ivo weiterspielte,
ohne aufzusehen, weil er wusste, dass Charlotte die Seite genau im richtigen
Moment umwenden würde. Cora befühlte den Smaragd auf ihrer Brust. Sie könnte es
tun. Sie könnte ihren Mann an der Schulter berühren und vorschlagen, dass er
etwas aus Die schöne Helena spielte, weil der Prinz Offenbach so
schätzte; sie würde die beiden anlächeln, ohne an der Oberfläche zu kratzen,
und der Prinz würde ihr ein Kompliment für den schönen Abend machen, und
schließlich würden sie alle friedlich schlafen gehen. Das könnte sie tun, und
sie würde sich nicht umblicken.
    Aber dann beugte Charlotte sich vor,
um die nächste Seite umzublättern, und ihre schmalen Lippen lächelten. Odo
atmete jetzt schwer, und Cora wusste, als sie sich schon anmutig durch die
lange Galerie gleiten sah – eine Gastgeberin, die das Kommando über ihre
Truppen innehatte –, dass er ihren eleganten Feldzug verderben würde – und dass
sie froh darüber war.
    Er trat
einen Schritt zurück und drehte sich um, sodass seine nächste Bemerkung von
jedem in der Galerie gehört wurde. «Ich glaube nicht, dass Sie meine Frau so
gern hätten, Herzogin, wenn Sie

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