Daisy Goodwin
Er
stellte Teddys Rasierzeug vor dem Spiegel bereit. Als Teddy aufstand, sah der
Diener ihn mitfühlend an. «Möchten Sie, dass ich Ihnen für die Hand eine Salbe
hole, Sir?»
Teddy schloss aus dem wissenden
Blick des Mannes, dass er gestern Abend in der Galerie gewesen war.
«Ja», sagte er reumütig, «es ist
überraschend schmerzhaft.»
Der Diener nahm diese Aussage als
Ermutigung und fuhr fort: «Halb so wild, Sir, Sie sollten erst mal den anderen
sehen! Sein Kammerdiener ist die ganze Nacht mit Beefsteak und Eis rauf- und
runtergelaufen. Und dann musste er heute Morgen packen, da Sir Odo mit dem
Morgenzug abfährt. Er muss seinen Doktor in London aufsuchen, er glaubt, seine
Nase ist gebrochen.» Aus dem Lächeln des Dieners schloss Teddy, dass man sich
über Sir Odos Verletzungen freute.
Teddy sagte: «Mir war gar nicht
klar, dass ich so fest zugeschlagen habe.»
«Haben Sie
vielleicht auch gar nicht, Sir. Aber womöglich dachte er, er sei im Schloss
nicht länger willkommen.» Der Diener sah Teddy an, um zu erkennen, ob der ihn
fürs Klatschen tadeln würde, und dann gab er ihm den Rasierer. «Mir tut nur
Lady Beauchamp leid. Was auch immer sie getan hat, es muss die Hölle sein, mit
so einem Mann verheiratet zu sein. Meine Cousine war bei ihr Zimmermädchen,
und die Geschichten, die sie erzählt hat, waren schockierend, und ich bin seit
fünfzehn Jahren in Diensten.»
Teddy hätte gern gefragt, was man
Sir Odo vorwarf, aber er war mitten beim Rasieren und konnte nicht sprechen.
«Sie hat
gesagt, es war ein unglückliches Haus. Obwohl sie gut entlohnt worden ist, hat
sie nach sechs Monaten gekündigt.»
Der Diener
reichte Teddy ein Handtuch.
«Werden Sie am Fahrradausflug
teilnehmen, Sir? Tragen Sie das Jackett?»
Teddy
nickte.
Der Diener legte seine
Kleidungsstücke bereit und sagte: «Haben Sie noch einen Wunsch, Sir?»
Teddy tastete in seinen Taschen nach
einer Münze und wollte sie ihm geben.
«Sehr nett
von Ihnen, Sir, aber ich kann das nicht annehmen. Glauben Sie mir, Sie haben
uns allen einen Gefallen getan, indem Sie Sir Odious eine reingehauen haben.»
Teddy ließ sich Zeit mit dem Ankleiden.
Odo Beauchamp mochte inzwischen abgereist sein, aber er hatte auch nicht das
Bedürfnis, beim Frühstück auf den Herzog zu treffen. Inzwischen bereute er,
Coras Einladung gefolgt zu sein. Er hätte sie besser in Frieden lassen sollen.
Er hatte seine Chance in Newport gehabt und sie nicht ergriffen. Sie hatte nicht
auf den Brief geantwortet, den er ihr vor der Hochzeit geschrieben hatte, aber
auch da war es schon zu spät gewesen, um ihr zu sagen, dass er sie liebte.
Wenn er nur nicht so zimperlich mit der Szene umgegangen wäre, die er in Euston
Station beobachtet hatte; das wäre eine nützliche Information für Cora
gewesen, im Gegensatz zu dieser überflüssigen Liebeserklärung. Aber er hatte
sich nicht die Hände schmutzig machen wollen, er hatte einfach gehofft, dass
Cora ihren Herzog abweisen und ihre Mutter verblüffen würde, weil ihm, Teddy,
endlich aufgefallen war, dass er sie liebte. Und jetzt hatte er es mit den
Folgen seiner eigenen Scheu zu tun: Cora hatte einen Mann geheiratet, dessen
wahres Wesen sie nicht kannte, und, schlimmer noch, sie hatte aus Liebe geheiratet.
Teddy erinnerte sich, wie anders sie bei seinem Besuch damals in New York
ausgesehen hatte. Und er hatte gestern Abend gesehen, wie sehr Odos
Enthüllungen sie verletzt hatten. Er hätte sie warnen können. Aber er hatte
damals kein Interesse daran gehabt, Cora zu beschützen, er hatte nur gewollt,
dass sie sich für ihn entschied.
Er sah auf
den Wassergarten auf der Terrasse hinunter, mit seinen Statuen und
Springbrunnen. Am Abend zuvor hatte er Lady Tavistock mit Blick auf das
funkelnde Parterre zur doppelten Herzogin sagen hören: «Welch eine Pracht. Sie
können sagen, was Sie wollen, Fanny, amerikanische Erbinnen und ihr Geld haben
doch ihren Sinn.»
War Cora klar, auf was für einen
Handel sie sich da eingelassen hatte? Er war sich nicht sicher.
Und jetzt? Jetzt, da sie wusste, was
für eine Art Mann sie geheiratet hatte – wie würde sie verfahren? Würde sie weitermachen
und sich über den Titel freuen, den ihr das Geld eingebracht hatte? Durch das
Fenster sah Teddy einen Mann die Springbrunnen scheuern. Teddy war an Coras
statt wütend; sie war getäuscht worden, damit die marmornen Springbrunnen von
Lulworth wieder glänzen konnten. Sie war, dachte er, sehr viel mehr wert als
das. Er konnte ihr all das
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