Daisy Goodwin
nicht bieten, diese Springbrunnen, die Balustraden,
die Prinzen, aber seine Gefühle für sie waren jedenfalls aufrichtig: Er liebte
die Frau, nicht die Erbin. Er konnte ihr einen Ausweg bieten. Der Skandal wäre
für sie beide beträchtlich. Er würde seinen Auftrag von der New York Public
Library zurückgeben müssen, aber das wäre ein Beweis seiner Liebe. Zuvor hatte
er Cora für seine Kunst aufgegeben, jetzt würde Cora an erster Stelle stehen.
Ja, er würde handeln. Die Welt
mochte schockiert sein, wenn er einer verheirateten Frau seine Liebe antrug,
aber das machte ihm nichts aus. Er vertrieb den Gedanken an den verschleierten
Blick seiner Mutter und die fromme Rechtschaffenheit ihrer Freunde vom
Washington Square. Er war kein Opportunist und kein Ehebrecher, sondern ein
Mann, der alles opfern würde, um die Frau, die er liebte, zu retten.
Sein Blick
fiel auf sein Spiegelbild, und er lächelte über sein entschlossenes Aussehen.
Dann ging er die Treppe hinunter, um an dem Fahrradausflug teilzunehmen.
Der Prinz
von Wales war der Erste, der den Kiesweg hinunterradelte. Er konnte das
Gleichgewicht nicht richtig halten, aber er nahm die erste Kurve, ohne vom Rad
zu fallen. Niemand wagte es, über die korpulente Gestalt zu lächeln, die
davoneierte – er war so empfindlich, was sein Gewicht betraf, dass jeder, der
weiterhin in seiner Gunst stehen wollte, vorgeben musste, den schlanken jungen
Mann vor sich zu haben, für den der Prinz sich immer noch halten wollte. Der
Stallmeister des Prinzen, Colonel Ferrers, fuhr als Nächster los, in einer
Geschwindigkeit, die geeignet war, seinen königlichen Herrn nicht
herauszufordern. Sybil und Reggie folgten, Reggie fuhr dicht neben Sybil,
offenbar für den Fall, dass sie stürzte. Cora und Teddy waren die Letzten, da
die älteren Damen ihre Würde nicht aufs Spiel setzen wollten. Charlotte
Beauchamp war noch nicht erschienen, und Ivo hatte gesagt, er habe auf dem
Anwesen zu tun.
Cora fuhr sogleich los, um Teddy
keine Gelegenheit zu geben, mit ihr über den vergangenen Abend zu sprechen. Bei
der Begrüßung ihrer Gäste an diesem Morgen hatte sie immer noch Ivos Arme um
sich gespürt, und das allein hatte es ihr ermöglicht, weiterhin zu lächeln, als
sie sich den vielen neugierigen Gesichtern gegenübersah. Sie hatte alle
unausgesprochenen Fragen ignoriert und die Pläne für den Tag verkündet, als
wäre nichts geschehen. Ihre Mutter hatte ihr beifällig zugenickt, und sogar die
doppelte Herzogin hatte liebenswürdig den Kopf geneigt. Aber Cora wusste, dass
ihre Selbstbeherrschung fragil war, sie durfte nicht nach unten schauen. Sie
sah, dass Teddy Mühe hatte, seine Gefühle im Zaum zu halten, und sie versuchte
ihn in ihrer besten Herzoginnenmanier abzulenken. «Wie schön, dich hier zu
haben, Teddy. Ich freue mich so, dass du Guys Pate wirst, ich möchte nicht,
dass er durch und durch bri tisch wird. Mach dir wegen der Zeremonie keine
Sorgen, sie wird ganz schlicht. Das katholische Ritual ist dem episkopalischen
durchaus ähnlich.»
Teddy antwortete nicht gleich und
sagte dann: «Wegen der Zeremonie mache ich mir auch gar keine Sorgen.»
Cora fuhr schneller, und die Kiesel
stoben unter ihren Rädern zur Seite.
Teddy blieb
an ihrer Seite.
Endlich
sagte sie gereizt, nun nicht mehr in Herzoginnenmanier: «Du hast es gestern
Abend nur schlimmer gemacht, indem du Odo Beauchamp geschlagen hast. Ich weiß,
du hast es gut gemeint, aber siehst du nicht, dass dadurch alles ... heikel
wird?»
Teddy
bemerkte, dass Coras Stimme sehr hoch war und dass sie langsam einen britischen
Akzent annahm. «Odo einzuladen war ein Fehler, aber ich wollte Charlotte hier
haben. Sie ist meine besondere Freundin, weißt du?» Cora fuhr etwas langsamer,
sie wollte nicht zu nah an die anderen herankommen.
«Wirklich? Was, wenn ich dir sagte,
dass sie die Letzte ist, die deine Freundschaft verdient?»
Cora stieg in die Bremsen und blieb
schleudernd stehen. Sie sah ihn ernst an.
«Ich würde es nicht beachten.
Charlotte hat bei der Wahl ihres Ehemanns keine glückliche Hand gehabt, aber
das heißt nicht, dass sie keine Freunde haben sollte.»
Teddy ärgerte Coras Haltung. So
hatte er sich die Szene nicht vorgestellt. Er hatte gedacht, dass Cora nach den
Enthüllungen des vergangenen Abends ein gebrochenes Herz hätte und wegen des
Betrugs ihres Mannes außer sich wäre, aber stattdessen machte sie ihm, Teddy,
Vorwürfe. War sie wirklich Teil dieser britischen Welt geworden, die auf ihn
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