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Daisy Goodwin

Daisy Goodwin

Titel: Daisy Goodwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine englische Liebe
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der Stunde der Not an der Seite ihrer
Tochter war.» Die Herzogin sah Ivo vielsagend an.
    Cora bemerkte den Blick und spürte,
wie sie rot wurde. Wollte die Herzogin andeuten, dass sie gekommen war, um
ihren Sohn davor zu bewahren, eine unglückselige Ehe einzugehen?
    Aber die Herzogin lächelte traurig
und fuhr fort: «Es ist drei Jahre her, seit Guy, mein ältester Sohn, gestorben
ist.» Sie legte ihre Hand kurz auf Ivos Arm. Er reagierte auf diese Geste
nicht.
    Sie hörten Stimmen in der Halle.
    «Und wie sind Sie hergekommen, Lady
Sybil? Zu Hause nehmen wir immer unseren eigenen Zug
nach Newport. Selbst wenn man zwei große Haushalte führt, gibt es noch so viel, was hin- und hergefahren
werden muss. Mein Mann hat die Bahn am Ende gekauft, um den ständigen Schwierigkeiten
mit dem Fahrplan zu entgehen.» Mrs. Cash betrat mit Sybil an ihrer Seite den
Raum.
    Cora bemerkte, wie die Augen der
Herzogin aufleuchteten, als sie die Brosche sah, mit der ihre Mutter den
Schleier befestigt hatte; sie bestand aus
einem riesigen Rubin in einem Nest aus Diamanten. Vielleicht zum ersten Mal im
Leben war Cora dankbar dafür, dass ihre Mutter dieses Bewusstsein für ihre
eigene Großartigkeit hatte. Sie sah Ivo an und glaubte, seinen Mund zucken zu
sehen, aber ehe sich ihre Blicke treffen konnten, wurden alle aufgeregt
einander vorgestellt, und man wurde in den Speisesaal geführt.
    Die
Herzogin zögerte übertrieben lange, ehe sie auf dem Stuhl ihrem Sohn gegenüber
Platz nahm, der einmal ihrer gewesen war. Cora sah, dass diese Show auf Ivo gemünzt
war, aber der weigerte sich, darauf einzugehen. Als die Herzogin mit einem
Zittern in der Stimme sagte, «Wie wunderbar, einmal wieder in Lulworth zu
sein, an meinem Ende des Tisches, aber es ist doch auch schmerzlich, sich daran
zu erinnern, wie es früher war», nickte Ivo nur, ohne seine Mutter anzusehen,
und fragte Mrs. Cash, ob ihr Privatzug Stallabteile habe.
    Cora saß
zwischen Reggie und Pater Oliver, die Herzogin auf Reggies anderer Seite. Sie
ahnte, dass Reggie von der Herzogin mit Beschlag belegt werden würde, also
befragte sie Pater Oliver nach der Kapelle von Lulworth. Während der Geistliche
ihr in allen Einzelheiten die wechselhafte Geschichte des Katholizismus in
Lulworth auseinandersetzte, konnte Cora beobachten, wie die Herzogin vertraut
mit Reggie sprach und welche Auswirkungen das auf ihre Stieftochter Lady Sybil
hatte. Cora fand, dass Sybil für eine Engländerin recht gut aussah, trotz
ihrer uneleganten Kleidung und ihrer unglücklichen Frisur. Sie mussten ungefähr
im selben Alter sein. Cora fragte sich, ob es dem Mädchen wohl gefiel, die
Herzogin zur Stiefmutter zu haben.
    Als sie mit dem Essen fertig waren,
beobachtete Cora ein seltsames Ritual, das sie schon am Abend zuvor stutzig gemacht
hatte. Einer der Diener schabte alles, was sich noch auf den Servierplatten
befand, in mehrere Dosen. Und zwar unterschiedslos: Fisch, Eier in Aspik, auch
der Nachtisch – alles kam in dieselben Behälter, die dann in einem Weidenkorb übereinandergestapelt wurden.
Sie wandte sich an Reggie und fragte ihn, was mit dem Essen passierte.
    «Oh, ich nehme an, es ist für die
Armen und Gebrechlichen von Lulworth, nicht wahr, Herzogin?»
    Die Herzogin drehte ihnen ihren
blonden Kopf zu. «Ja, es gibt in Lulworth diese wohltätige Tradition, der arme
Mann am Tor und so weiter. Ziemlich viel Arbeit für die Bediensteten, aber die
Leute verlassen sich darauf ...»
    Cora sah die Herzogin an. «Aber
warum werden denn alle Speisen zusammengeworfen? Ich sah gerade, dass die Reste
eines Himbeersoufflés in derselben Dose landeten wie das Hammelfleisch. Es wäre
doch sicher möglich, dafür unterschiedliche Behälter zu nehmen?»
    Herzogin
Fanny legte den Löffel, den sie in der Hand gehalten hatte, mit einem Klappern
nieder. Ihr Sohn am anderen Ende des Tisches sah auf. «Meine liebe Miss Cash,
die Dorfbewohner von Lulworth sind keine Gourmets. Sie sind froh, etwas zu
essen zu haben, auch wenn es nicht gerade Escoffier gekocht hat.» Die Herzogin
sagte es in leichtem Ton, sogar etwas belustigt, aber ihre Augen waren kalt.
    «Aber es bräuchte ja nicht viel, um
es für sie schmackhafter zu machen», protestierte Cora. «Es gibt keinen Grund
dafür, dass Wohltätigkeit ungenießbar sein sollte?»
    Ehe die Herzogin antworten konnte,
erhob Ivo die Stimme.
    «In der Tat, den gibt es nicht, und
wenn du hier erst die Schlossherrin bist, Cora, wird diese Gemeinde vermutlich
die zufriedensten

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