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Daisy Sisters

Titel: Daisy Sisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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und Griechen über die Grenzen ins Land strömen? Im Schweden von heute arbeitslos zu sein war sicherlich eine Kunst, wenn man nicht faul war. Oder arbeitsscheu , wie es so schön hieß.
    »Und dann komme ich auch in Vivis Nähe«, sagt Elna.
    »Sagte sie nicht, sie würde nie heiraten?«
    »Man kann doch seine Meinung ändern. Und er ist ja immerhin Pressechef.«
    »Ich dachte, sie wäre so eine Art Kommunistin.«
    »Sie hat ihre Meinung wohl geändert.«
    Die Unterhaltung klingt hohl. Und Elna muss es ja am besten wissen, es ist ja immerhin ihre Freundin …
    »Was wird Erik dort arbeiten?«
    »Eternit kennst du doch? Alle wollen ja jetzt Eternitplatten an ihren Häusern haben.«
    Ja, klar, das weiß sie. Aber Skåne? Und wie hieß der Ort? Lomma? Ja …
    »Das ist ja lustig«, sagt sie.
    »Ich bin noch nicht fertig.«
    Hat sie noch mehr zu berichten? Haben sie im Toto gewonnen?
    Nein. Es ist etwas, was Eivor sich nie hätte vorstellen können.
    »Du wirst ein Geschwisterchen bekommen«, sagt Elna.
    Es dauert lange, bis sie versteht. Sie bekommt so nebenbei mit, dass der Zug in Skövde gehalten hat, aber was hat sie da gehört? Kann es wirklich stimmen, dass Elna schwanger ist, genau wie sie selbst? Dass sie unter diesem hoffnungslos unmodernen Mantel ein Kind in sich trägt? Der Gedanke macht sie schwindeln.
    »Du bekommst ein Kind?«, fragt sie schließlich.
    »Bist du mir böse?«
    »Nein, nur verwundert. Warum böse?«
    »Es klang so.«
    Elna ist im dritten Monat. Warum sie Eivor nicht früher etwas gesagt hat, weiß sie eigentlich nicht. Es hat sich einfach nicht ergeben. Ein Grund ist natürlich, dass Erik gern ein eigenes Kind haben will, das kann man ja verstehen. Etwas anderes wäre wohl unnatürlich gewesen. Wer weiß, ob er sie nicht eines Tages verlassen hätte wegen einer anderen, einer Jüngeren, gerade deswegen. Und dann hat sie selbst auch angefangen, sich noch ein Kind zu wünschen. Plötzlich war das Gefühl einfach da, und sie muss sich ja beeilen, sonst ist es zu spät. Es mag wohl auch damit zusammenhängen, dass Eivor wieder schwanger ist, es ist schwierig, alle Gefühle auseinanderzuhalten. Natürlich hatte sie auch ihre Zweifel. Wieder ein Kind zu bekommen hieß ja auch, dass sie wieder zu Hause bleiben müsste. Aber … Nein, jetzt freut sie sich einfach darüber, dass es so ist. Ganz zu schweigen von Erik. »Also geht’s mir wie dir, obwohl es nicht so aussieht.«
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Du könntest mir vielleicht gratulieren?«
    »Ja, klar. Natürlich. Es ist nur so schwer, sich das vorzustellen. Die eigene Mutter, in der gleichen Situation …«
    Langsam wird Eivor klar, dass Elna einfach nur sagt, wie es ist. Und dass sie froh ist. Es ist vor allen Dingen diese unverhohleneFreude, die Eivor irritiert. Wie passt das zusammen mit ihrer Erinnerung an das ständige Missvergnügen der Mutter, ihre ständige Wut auf ihre Tochter? Wie sie von Zeit zu Zeit ausgerastet ist, weil sie sie irgendwann mal bekommen hatte, dass sie ihr ganzes Leben ruiniert hat durch die unglückselige Schwangerschaft während des Krieges. Es gibt einfach keine Logik in dem Ganzen, Schwarz wird Weiß, ohne Vorwarnung, ohne Erklärung. Und das sagt sie auch geradeheraus, irgendwo auf der Höhe von Södertälje, aber dann wacht Staffan auf, und das Windelwechseln verhindert eine Fortsetzung des Gesprächs.
    Am Abend kommen sie in Sandviken an. Ein milder Sommerregen nieselt auf den Bahnhof. Elnas Bruder Nils ist da, um sie abzuholen. Er hat ein Auto, einen PV, in dem sie alles verstauen.
    »Er kotzt doch wohl nicht im Auto?«, sagt Nils zu Eivor mit einem Kopfnicken zu Staffan.
    »Nicht oft.«
    »Das möchte ich auch nicht erleben.«
    »Wir können laufen, wenn du Angst hast. Du musst dich nicht beunruhigen.«
    Elna sitzt auf dem Beifahrersitz und kommentiert freudig alle Veränderungen in der Gemeinde. Eivor ist müde, Staffan drückt auf ihrem Bauch. Als Nils eine Zigarette anzündet, bittet sie ihn, sie auszumachen. Oder wenigstens das Seitenfenster zu öffnen.
    Und dann sind sie da.
    »Ist das Haus neu gestrichen?«, fragt Elna verwundert.
    »Sowohl außen als auch innen«, antwortet Nils.
    Rune liegt im Bett in der Kammer, auf seiner gewohnten Seite. Eivor und Elna bekommen einen Schreck, als sie seine Magerkeit sehen und die graue, fahle Farbe seines Gesichts. Dass die Krankheit ihn schließlich bezwingen würde, habensie lange gewusst, eigentlich ist es erstaunlich, dass er sich so zäh ans

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