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Daisy Sisters

Titel: Daisy Sisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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an dem, wie es ist. Und im Gegensatz zu Norwegen und Dänemark haben wir eine Verteidigung. Und wir hatten Zeit, uns vorzubereiten.«
    »Darf man vielleicht fragen, wohin alle Flüchtlinge sollten, wenn wir auch in den Krieg gezogen wären?«, fragt Vater, der langsam wütend wird. »Bei uns kann man Luft holen, hier kann der Widerstand organisiert werden.«
    »Hätten die Deutschen uns angegriffen, so wären sie in Norwegen und Dänemark schwächer geworden. Und dann hätte der Widerstand da gestärkt werden können.«
    »Jetzt redest du Quatsch, mein Junge. Die Deutschen haben so viele Reserven, wie sie wollen.«
    »Gegen zwanzig Millionen Russen?«
    »Wie kommst du auf die Russen?«
    »Sowjets.«
    »Willst du frech werden?«
    »Ich sag nur, wie es ist!«
    »Und ich frage, ob du begriffsstutzig bist! Wie sollte Stalin zwanzig Millionen Mann mobilisieren können, wenn er nichts anderes getan hat, als seine Bauern zu erschießen seit Mitte der dreißiger Jahre? Jetzt könnte er sie brauchen, aber er hat sie ja erschossen.«
    »Natürlich hat er das nicht. Und ich kann nicht sehen, dass es einen Unterschied macht, wenn wir eine Menge eigenes Volk in den Wald schicken, in Internierungslager.«
    »Das sind Landesverräter. Käme Stalin, würden sie am Kai stehen und die Trosse entgegennehmen.«
    »Aber warum sperren wir dann nicht alle ein, die Hitlers Truppen empfangen würden? Die es praktisch schon getan haben?«
    »Das ist doch nur dummes Zeug!«
    »Das ist meine Ansicht!«
    Eine von Vaters Fäusten fällt auf den Tisch wie ein Hammer. »Ein Hosenscheißer wie du hat keine eigene Ansicht. Aufsässigkeit ist nicht dasselbe, als wenn man weiß, wovon man redet.«
    Elna hört zu. Selbst Mutter bleibt sitzen. Es ist ja trotz allem Silvesternacht, und sicherlich beruhigt es sie zu sehen, dass der Sohn anfängt, seine Kräfte mit seinem Vater zu messen. Wenn er nur nicht zu weit geht.
    Aber natürlich läuft es aus der Spur. Und als Nisse heftig entgegnet, dass die, die wirklich bereit wären, das Land zu verteidigen, die Kommunisten sind, bricht ein ernster Streitlos. Mit lautem Gebrüll springt Vater von seinem Stuhl hoch, schwankt, hält aber noch die Balance, zeigt auf die Tür und ruft, dass er keine Kommunisten im Haus dulde. Und Nils erhebt sich, um zu gehen. Er ist so aufgewühlt, dass er kein Wort herausbekommt. Aber die Zeit der Wunder ist noch nicht vorbei, denn da hebt Elna die Hand, und mit normaler Stimme bittet sie die beiden, sich wieder zu beruhigen. Sie fühle sich nicht richtig wohl …
    Und so geschieht es, das Kind bestimmt. Vater Rune schüttelt sich und geht dann murrend in seine Kammer. Von dem eigenen Sohn Widerworte zu hören … Wohin soll das führen?
    Nils schläft auf seiner Matratze, Elna liegt wach. Durch die Wand hört sie, wie jemand drinnen bei Wretmans hustet.
    1942. In knapp einem Monat wird sie achtzehn. Und in drei Monaten wird sie ein Kind bekommen, ein Winterkind, ein Fugenkind zwischen Winter und Frühling. Einen kurzen Augenblick versucht sie sich vorzustellen, wo sich der Vater des Kindes befindet, steht er Wache irgendwo in der Winternacht? Aber sie kann sich nicht einmal mehr an sein Gesicht erinnern, und das ist wohl auch gut so.
    An einem Tag Mitte Januar, es ist ein klarer und kalter Sonntagvormittag, geht Elna durch den Ort. Der aufgepflügte Schnee türmt sich meterhoch an den Hauswänden; es gilt, um jeden Preis die Wärme im Haus zu halten. Denn dieser Winter 1942 scheint nicht milder zu werden als der im Jahr zuvor. Es ist, als ob selbst das Klima protestierte gegen das, was in der Welt geschieht. Die Angriffswaffe ist die Kälte. Elna geht schnell, obwohl ihr Bauch schwer ist und sie schnell Atemnot bekommt. Aber sie will nicht anfangen zu frieren, ihr dunkler Mantel und der Schal, den sie ein paarmal um den Hals geschlungen hat, halten die Kälte kaum ab. Doch es ist windstill, es ist erträglich. Sie geht durch denOrt, vorbei an dem Werk, das mit seinen hohen Schornsteinen aussieht, als hätte es zwei Hörner, vorbei an den weißen Villen, in denen Ingenieure und Direktoren wohnen, und dann ist sie draußen auf der Landstraße. Sie biegt auf gut Glück in einen gepflügten Waldweg ein. Abdrücke von breiten Kufen und Pferdehufen weisen darauf hin, dass hier Holz abtransportiert wurde. Sie hat kein Ziel, sie geht einfach vor sich hin, lässt die Gedanken schweifen. Plötzlich steht sie auf einer Lichtung im Wald. Neben dem Weg, der sich weiter zwischen Tannen und

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