Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)
auch schnell klar, dass die ganzen Menschen hier nicht anwesend waren, um Jacques oder gar mir alles Gute zu wünschen. Nein, alle wollten sehen, welch einen Rettungsanker mein Vater sich gegriffen hatte. Wer wurde mit wem verschachert? So wurden Jacques und ich nicht als neues Ehepaar gefeiert, sondern eher als Wesen aus einer anderen Welt oder als Banknoten verschiedener Länder. Mich kannte man kaum in der Gesellschaft und Jacques gar schon überhaupt nicht. Selbst als Jacques mir den Ring überstreifte, vermied er es peinlichst, mich zu berühren. Als wäre ich das unappetitlichste Wesen weit und breit.
Es war ein sehr schöner goldener Ring , bestückt mit einem wundervollen zierlichen Brillanten. Später, als ich schon einige Zeit in der Bretagne lebte, zog ich den Ring von meiner Hand und legte ihn ganz nach unten in mein Schmuckkästchen und holte ihn nie wieder hervor.
Nach der kurzen und schlichten Trauung wurde Champagner gereicht, dem ich reichlich zusprach. So hatte ich etwas, an dem ich mich festhalten konnte, nachdem die Gäste Jacques und mir zur Vermählung gratuliert hatten. Danach stand ich allein. Meine Eltern hatten sich unter die Gäste gemischt, ebenso wie meine Schwiegereltern. Mutter hatte mich so kurz gedrückt, dass es von einer herzlichen Umarmung unendlich weit entfernt war. Aber mein Vater hatte mich schwungvoll umarmt und dabei über das ganze Gesicht gestrahlt. Natürlich, jetzt war der Handel abgeschlossen, die Ware hatte den Geschäftspartner gewechselt. Ich war froh, als er sich entfernte und ich nicht mehr sein Lachen ertragen musste. Jacques Eltern umarmten ihren Sohn, mich beglückwünschten sie wie eine Fremde, nicht wie ihre Schwiegertochter. Aber da ich ja wusste, dass sie weit weg von uns wohnen würden, war mir auch das mittlerweile egal. Jetzt wartete ich nur noch darauf, dass ich bald den Platz des Geschehens, wo gerade ein Kuhhandel ausgiebig gefeiert wurde, verlassen konnte. Ich konnte mir kaum vorstellen, wie die Fahrt zu meinem neuen Heim mit meinem frisch angetrauten Ehemann verlaufen sollte. Ob er wohl die ganze Zeit über so kalt mir gegenüber sein würde?
Kurze Zeit später bekam ich die Antwort zu meinen Überlegungen.
Aber zuerst durfte ich noch ein Mal in die warmen Augen von Salomon schauen und versuch en, mir dadurch ein Stück Kraft zu holen. Salomon stand so nah bei mir, wie es der Anstand erlaubte. Immerhin wurde er für seine Dienste ja von meiner Familie bezahlt und war kein geladener Gast. Es gab leider keine Gelegenheit mehr, ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Ich hatte ihn gerade erst kennengelernt und trotzdem war er der einzige Mensch hier, um den es mir leid tat, ihn verlassen zu müssen.
Ich trank noch mehr Champagner, als ich so allein auf meinem Ehrenplatz saß. Aus einiger Entfernung konnte ich Sonja erkennen, die sich heute, an meinem Ehrentag, als Mädchen für alles verdient machen würde. Auch wenn sie und ich nicht gerade ein herzliches Verhältnis zueinander entwickelt hatten, so war ich ihr in irgendeiner Weise dankbar für die Jahre, die sie mein tristes Leben begleitet hatte. Jetzt schaute sie mit gerunzelter Stirn zu mir herüber. Heimlich gab sie mir zu verstehen, dass ich etwas Essbares zu mir nehmen sollte. Ich zuckte nur mit den Schultern und ließ mir erneut ein frisch gefülltes Glas eisgekühlten Champagners reichen. Nur wenig später stellte Sonja einen mit herrlichen Speisen gefüllten Teller vor mich hin und forderte mich leise auf, etwas zu mir zu nehmen.
„Komm, jetzt iss ein wenig, die Reise wird lang werden und Du weißt nicht, was Du unterwegs bekommen wirst. Ich habe Dir extra die Speisen auf den Teller gelegt, die unsere Köchin zubereitet hat. Na komm, genieße es noch einmal.“
Sie hatte Recht. Ich ließ mein Glas stehen und machte mich als erstes über die Lachsterrine her. Welch eine Köstlichkeit. Ich hatte gerade meinen Teller geleert und überlegte, was ich mir als nächstes holen sollte, da wurde bekanntgegeben, dass die Braut sich nun zurückzieht, um sich umzuziehen und dann die Reise in ihre neue Heimat antreten würde.
Wie durch einen Nebel ließ ich mich von Sonja und meiner Mutter aus dem Garten in mein Schlafzimmer führen . Sie halfen mir aus dem Hochzeitsgewand und ich verschwand hinter dem Paravent, um mir etwas praktischere Unterwäsche anzuziehen, denn auf der langen Fahrt würde es bestimmt ab und zu recht kühl werden. Dann wurde ich in eines meiner neuen Reisekostüme
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