Damals im Dezember
was glaubst du, würde er denken?«
»Ich würde gern glauben, dass er stolz wäre auf seinen Sohn, der sich die Welt ansieht. Aber ich weiß es nicht.«
»Gib der Sache Zeit«, riet sie.
Ich streckte mich auf dem Bett aus und schob mir ein Kissen unter den Kopf. »Davon haben wir jetzt jede Menge.«
Sie setzte sich neben mich auf das Bett und strich über meine Brust. »Hast du was dagegen, wenn ich mir die Zehennägel machen lasse?«
»Natürlich nicht. Ich penn einfach ein wenig. Ich hab ’nen Jetlag.«
Es klopfte. Candace ging hin und öffnete die Tür. Am Türrahmen lehnte Sean.
»Hi«, sagte Candace. »In welchen Zimmern seid ihr?«
»Wir haben noch nicht eingecheckt«, antwortete er. »Ich muss mit Luke sprechen.«
»Da ist er.« Candace trat zur Seite.
»He, Bruder.« Sean kam herein und schloss die Tür hinter sich.
»Was gibt’s?«, fragte ich.
»Ich muss mir deine Visa-Card borgen. Meine Karte funktioniert nicht.«
Ich sah ihn an. »Warum funktioniert deine Karte nicht?«
»Ich weiß nicht. Aber es ist noch zu früh in Amerika, um meine Mutter anzurufen. Ohne Karte lassen sie uns nicht einchecken.«
»Ich dachte, du würdest dir eine Suite mit Marshall und Lucy teilen.«
»Das tue ich auch.«
»Warum nimmt es Marshall dann nicht auf seine Karte?«
»Weil er sein Limit überschritten hat. Darum leiht er sich jetzt bis zum Ende des Monats etwas von mir. Und er bezahlt für Lucy.«
»Dann bezahle ich für euch alle«, stellte ich fest.
»Ganz schön viel«, räumte Sean ein.
»Sag ihnen, dass sie es auf meine Karte buchen sollen«, sagte ich.
»Das habe ich bereits versucht. Du musst runtergehen und es ihnen persönlich mitteilen.«
Die sorglose Art, in der er das sagte, beunruhigte mich irgendwie. »Du hast versucht, meine Karte damit zu belasten?«
»Natürlich. Du schuldest mir noch immer was von New York.«
»Ich weiß«, nickte ich. Ich stand auf und folgte ihm nach unten in die Lobby. Dort saß Marshall auf einer Couch und blätterte in einem französischen Magazin. Lucy stand beim Empfangstresen und passte auf das Gepäck auf. Sie sah blass aus, was mich nicht verwunderte, da der letzte Flug ein wenig turbulent gewesen war.
Ich gab am Empfangstresen meine Kreditkarte ab und checkte die drei ein. Ich überreichte ihnen die Schlüssel, dann gingen wir gemeinsam zum Fahrstuhl. Lucy mühte sich mit ihrem Gepäck ab. Keiner der Männer bot ihr seine Hilfe an, also nahm ich ihr einen ihrer Koffer ab.
»Danke«, sagte Lucy. »Die Ritterlichkeit ist noch nicht ausgestorben.«
»Nein«, meinte Marshall, »nur durch die Frauenbewegung tödlich verwundet worden.«
Lucy würdigte ihn keines Blickes.
»Also, was machen wir heute Nachmittag?«, fragte ich.
»Ich hab schon alles geplant«, gab Sean bekannt. »Zunächst gegen wir runter zur La Tarte Tropézienne. Das ist die feinste Konditorei in Saint-Tropez und vielleicht eine der besten in Frankreich. Dort wurde die mit Creme gefüllte Tarte Tropézienne kreiert.«
Woher weiß er diese Sachen nur?, dachte ich.
»Heute Abend gehen wir dann ins exklusive Les Caves du Roy. Der Club ist fantastisch – stellt euch eine Mischung aus Las Vegas und einer französischen Grotte vor. Um reinzukommen, muss man schön sein.« Er drehte sich zu Marshall hin. »Möglicherweise musst du heute Abend zu Hause bleiben.«
Marshall zuckte die Schultern. »Von mir aus.«
»Anders als in Amerika«, fuhr Sean fort, »wissen die Leute hier wirklich, wie man tanzt.«
***
Les Caves du Roy ist einer der bekanntesten Nachtclubs von Frankreich. Am Eingang wachten schlecht gelaunte, muskulöse Türsteher, um die Paparazzi von den Promis fernzuhalten, die dort ein und aus gingen. Ich weiß nicht, wie Sean es hinkriegte, aber er verschaffte uns Zutritt. Der Club war in orientalischem Stil eingerichtet. Er hatte in Goldbrokat gehüllte barocke Säulen und zahlreiche abgeschiedene Ecken und Winkel.
Lucy stand mit weit aufgerissenen Augen da. »Ich glaube, ich habe Bono gesehen«, sagte sie.
»Wo?«, fragte Marshall.
»Da drüben.«
»Wo?«
»Der Mann, der an dem Tisch an der Wand sitzt.«
»Das ist nicht Bono«, meinte Marshall abfällig. »Der sieht ganz anders aus.«
Lucy starrte weiter hin. »Oder vielleicht ist es Sting.«
»Bono und Sting sehen sich überhaupt nicht ähnlich.«
»Nun, vielleicht, weil er sich verkleidet hat.«
Marshall verdrehte die Augen. »Wie gut, dass ich dumme Frauen mag.«
Getreu seinem ursprünglichen Plan betrank sich
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