Damals im Dezember
Leib. »Meine Rippen«, stieß ich hervor. »Ich muss mir einige Rippen gebrochen haben.«
»Los, komm«, sagte der Mann. »Verschwinden wir von hier, bevor der, der dies getan hat, noch mal zurückkommt.«
Er hielt weiter meinen Arm und half mir, zur Beifahrerseite des Transporters zu gehen. Das Fahrzeug war lang und weiß, und die Fenster zogen sich über die gesamte Länge hin. Außen war der Transporter beschriftet, aber ich las nicht, was darauf stand. Der Mann öffnete mir die Tür. »Schaffst du es einzusteigen?«
»Ich werde es versuchen«, erwiderte ich.
Es war äußerst schmerzvoll, aber es gelang mir, in den Transporter einzusteigen und mich mit über der Brust gekreuzten Händen zurückzulehnen. Der Mann schloss die Tür auf meiner Seite, dann ging er vorne um das Fahrzeug herum auf die andere Seite, stieg auf den Fahrersitz, verschloss die Türen und startete den Transporter. Er fuhr schnell zurück und dann auf den Boulevard hinaus.
»Du blutest noch«, sagte er. »Aus der Nase.«
Ich wischte mir mit dem Unterarm über die Nase. »Entschuldigung.«
Er griff nach unten auf den Boden neben sich und zog zwischen den Sitzen einen Lappen hervor. »Er ist ein wenig schmutzig, aber du kannst damit das Blut wegwischen.«
»Danke.« Ich wischte mir mit dem Lappen, der sich durch das Blut und den Schmutz sofort dunkel verfärbte, über das Gesicht.
Als wir einen Block weit gefahren waren, sagte der Mann: »Ich bin Carlos Sanchez.«
»Carlos«, sagte ich. »Danke.«
»Schon gut. Wie heißt du?«
»Luke.«
»Soll ich dich zum Krankenhaus fahren? Rund einen Kilometer weiter gibt es eins.«
»Nein«, wehrte ich ab. »Ich komm schon klar.«
Die Vorstellung, in meiner Unterhose im Warteraum zu sitzen, war für mich unerträglich. Außerdem hatte ich kein Geld. Ich bezweifelte zwar, dass sie mich einfach abweisen durften, aber die mit der Situation verbundene Demütigung erschien mir fast so schlimm wie die Schläge, die ich bezogen hatte. Ohnehin bezweifelte ich, dass sie etwas für mich tun konnten.
»Bist du sicher?«
»Ja. Sie können die Rippen nicht fixieren.«
»Du könntest schlimmer verletzt worden sein, als du weißt. Du könntest innere Blutungen haben.«
»Ist mir egal.«
Carlos wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Nach einem Augenblick fragte er: »Wohin soll ich dich bringen?«
»Spielt keine Rolle«, antwortete ich.
»Bist du obdachlos?«
»Ja.« Ich atmete schwer aus. »Du hast nicht zufällig eine zusätzliche Garnitur Kleidung im Auto, oder?«, fragte ich leichthin.
»Nur das, was ich anhab.« Nach einem Moment meinte er: »Da hinten gibt es gegenüber der Bonanza ein Obdachlosenheim. Möglicherweise haben die Kleidung und so.«
»Die werden mir heute Nacht nicht mehr helfen. Man muss früh dort sein, um reinzukommen.«
Er wirkte erneut irritiert. Ich vermutete, dass er überlegte, was er mit mir machen sollte.
»Du hast nicht zufällig was zu essen da?«, fragte ich.
»Nein«, sagte er. »Aber wir können halten und was holen.«
»Dafür wäre ich sehr dankbar«, meinte ich.
»Kein Problem.« Er langte nach unten und stellte das Radio an. Classic Rock. Der Song »Bus Rider« von den Guess Who wurde gespielt. Mein Vater hat die Band rauf und runter gespielt. »Echten Rock« nannte er das.
Nachdem wir ein wenig weiter gefahren waren, fragte ich: »Warum hast du gehalten?«
Er wandte sich mir zu und sah mich an, als hätte ich eine idiotische Frage gestellte. »Du brauchtest Hilfe.«
»Danke«, sagte ich erneut.
»Da vorn ist ein In-N-Out Burger«, meinte Carlos. »Ist das okay?«
»Ich bin nicht wählerisch.«
»Ich wollte ohnehin halten, um mir einen Burger zu holen.« Einen Moment später fuhr er in die Auffahrt des Fast-Food-Restaurants und hielt an dessen ausgehängter Speisekarte. »Was willst du?«
»Ich ess alles.«
»Ich hol dir dasselbe, was ich nehme.« Er drehte das Radio leise und fuhr an den Lautsprecher des Restaurants.
Eine näselnde Stimme drang aus der Gegensprechanlage. »Willkommen beim In-N-Out Burger. Was dürfen wir Ihnen bringen?«
»Zwei große Cheeseburger mit Pommes und Cola …« Er sah mich an: »Cola?«
Ich nickte.
»… und zwei Erdbeershakes«, fügte er hinzu.
Mir lief das Wasser im Munde zusammen.
»Fahren Sie vor an das erste Fenster«, quäkte die Stimme.
Carlos fuhr mit seinem Transporter vor. Die Frau hinter dem Fenster sagte: »Das sind zehndreiundsiebzig.« Carlos blätterte in seiner Brieftasche und reichte der Frau
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