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Damals im Dezember

Damals im Dezember

Titel: Damals im Dezember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Paul Evans
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ein paar Scheine.
    »Es tut mir leid, ich habe kein Geld«, sagte ich.
    »Bruder, du hast noch nicht einmal eine Tasche, in die du Geld stecken könntest.« Er sah mich an und lächelte. Ich grinste zurück. Ich fand, dass er der coolste Mensch der Welt war.
    Die Frau hinter dem Ausgabefenster gab Carlos sein Wechselgeld und sah dann zu mir herüber. Ich bin mir sicher, dass sie sich fragte, wieso ich da in meinen Boxershorts saß. Aber vielleicht tat sie das auch nicht. Wir waren in Las Vegas, und in Las Vegas ist alles erlaubt.
    Wir bekamen unser Essen, und Carlos fuhr in eine Parklücke und schalte den Motor aus. Ich hatte seit fast vierundzwanzig Stunden nichts mehr gegessen und verschlang das Essen gierig.
    Er beobachtete amüsiert, wie ich aß. »Gut, nicht?«
    »Wie Manna«, nickte ich. »Danke.«
    »Gern geschehen.«
    Ich aß meinen Burger zu Ende und widmete mich dann meinem Shake. »Womit verdienst du dir deinen Lebensunterhalt?«, fragte ich.
    »Ich bin der Verwalter des Golden-Age-Pflegecenters.«
    »Ist das so was wie ein Altersheim?«
    »Ja, aber in der Branche verwendet man diesen Begriff nicht mehr.« Er warf mir einen Blick zu. »Das beschwört Bilder von alten Menschen herauf, die auf ihren Tod warten.«
    Ich nickte. »Da haben sie recht. Pflegecenter klingt besser.«
    Wir aßen beide weiter. »Woher kommst du?«, erkundigte sich Carlos.
    »Aus Phoenix.«
    »Ich mag Phoenix«, meinte er. »Ich war vor ein paar Monaten auf einer Konferenz für Altenpflege dort. Wir waren in diesem Nobelhotel – Camelback Inn.« Er aß einen weiteren Bissen von seinem Burger. »Es war wirklich schön.«
    »In Scottsdale«, sagte ich.
    »Genau. Wir haben da ein wenig Golf gespielt.«
    »Auf dem Padre oder auf dem Indian Bend?«
    »Auf dem Indian Bend.« Er musterte mich mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck. »Du hast da Golf gespielt?«
    »Ich war Mitglied im Golfclub des Hotels.«
    Carlos aß ein paar weitere Bissen und meinte dann: »Du bist nicht der typische Obdachlose. Zumindest hab ich noch keinen wie dich getroffen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Du warst Mitglied im Golfclub. Du bist wortgewandt. Hast du ein College besucht?«
    »Ja. Ich habe ein Grundstudium an der ASU absolviert und dann an der Wharton meinen MBA gemacht.«
    »Du bist auf die Wharton gegangen? Das ist eine Elite-Uni«, sagte er. »Ich hatte recht, du bist nicht wie die anderen.« Ich merkte, dass ihm die Widersprüchlichkeit meiner Situation zu schaffen machte. Er aß weiter. »Wharton, was? Ich wette, das hat ordentlich was gekostet.«
    »Ein Vermögen«, bestätigte ich. »Ich verkörpere die Geschichte vom Millionär zum Tellerwäscher.«
    Er nickte, als habe er plötzlich verstanden. »Glücksspiel?«
    »Nein. Ich habe mich lediglich mit den falschen Leuten eingelassen.«
    »Auch das passiert«, sagte er. Er trank einen langen Schluck von seiner Cola und fragte dann: »Wie fühlst du dich?«
    »Mir tun vor allem das Gesicht und die Rippen weh.«
    »Gebrochene Rippen schmerzen«, nickte Carlos zustimmend. »Mit zwanzig habe ich in Baja Bodysurfen gemacht und wurde von einer Welle erfasst, die mich rumgeschleudert hat wie in einer Waschmaschine. Habe mir fünf Rippen gebrochen. Hat höllisch wehgetan. Huste oder lach bloß nicht.«
    »Lachen werde ich wohl nicht viel«, versicherte ich. »Was das Husten angeht, da kann ich für nichts garantieren.«
    Carlos aß den Rest seines Burgers, dann begann er mit seinen Pommes, während ich geräuschvoll meinen Shake austrank. Er lächelte über mein Geschlürfe. »Hast du noch Hunger?«, fragte er.
    »Ein bisschen.«
    »Eine Minute. Ich bin gleich wieder da.« Er stieg aus dem Transporter. Ich sah, dass er die Schlüssel im Zündschloss stecken ließ. Er blieb eine ganze Weile fort, fast zehn Minuten. Dann kehrte er mit einer weiteren Tüte und einem Becher mit einem Strohhalm zurück. Er öffnete die Tür, gab mir den Becher und stieg ein. »Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Nicht zu fassen, dass man so spät noch so lange warten muss.«
    »Kein Problem«, meinte ich.
    »Ich habe dir noch einen Cheeseburger und noch einen Shake geholt. Es sah so aus, als habe dir dieser Shake wirklich geschmeckt.«
    »Danke«, sagte ich. »Das hat er.«
    Alles ist relativ. Ich genoss dieses Essen ebenso sehr wie irgendeines unserer Gourmet-Essen in New York oder Frankreich. Wahrscheinlich sogar mehr.
    »Du hast den Schlüssel stecken lassen«, sagte ich.
    »Ich glaube nicht, dass ein Mann, der auf

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