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Damals warst du still

Titel: Damals warst du still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa von Bernuth
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ist... Also, er passt nicht wirklich in unser Profil. Natürlich sagt das nicht zwangsläufig aus, dass er es nicht war, aber...«
    »Eben«, sagte Berghammer und hörte sich an wie ein trotziges Kind. Was ihm überhaupt nicht ähnlich sah und nur zeigte, wie sehr ihm dieser Fall an die Nieren ging. Aber nicht nur seine Nerven lagen blank, dachte Mona, und jeder falsche Verdächtige kostete sie mehr Zeit, als sie hatten.
    »Wir hatten«, fuhr Kern fort, »einen Serientäter anvisiert, das weißt du ja so gut wie ich, Martin, und in dieses Schema passt er nicht rein.«
    »Serientäter können auf ihre Umgebung ganz normal wirken...«
    »Schon«, sagte Kern. »Aber Patrick«, er sah zu Bauer, der prompt wieder rot wurde, »hat sich bei Gianfrancos Familie und seinen Freunden umgehört, er hat mit der Mutter und seinen beiden Schwestern telefoniert, und was die erzählt haben...«
    »Ja? Was haben die denn so erzählt?«, fragte Berghammer mit unwirscher Stimme und richtete einen so ungnädigen Blick auf Bauer, als sei der dabei, ihm den ganzen Fall zu verderben. Sofort befand sich Bauer mit seinem glühenden Gesicht im Mittelpunkt des Interesses und blätterte mit zitternden Fingern fahrig in seinem Block herum: Es war eine Katastrophe zu befürchten, und Mona konnte ihm nicht helfen. Diesmal nicht. Doch dann ergriff Kern – und dafür würde Mona ihm ewig dankbar sein – wieder das Wort. »Wenn du erlaubst«, sagte er zu Bauer, »fasse ich einfach mal deine Ergebnisse zusammen, wie sie sich mir darstellen.« Bauer nickte erleichtert, Berghammer machte ein Gesicht, als würde er Kern am liebsten in die Parade fahren und Bauer nach allen Regeln der Kunst bloßstellen, aber glücklicherweise siegte sein im Grunde freundliches Naturell, und er nickte Kern zu.
    »Dieser Paolo Gianfranco war ein freundliches, kontaktfreudiges Kind«, sagte Kern. »Er war als Jugendlicher überall beliebt. Er hatte auch als Student viele Freunde. Er war bestimmt sehr...äh... verwöhnt und empfindlich, und er konnte tatsächlich unangenehm werden, wenn er seinen Willen nicht bekam. Er war ein impulsiver Typ, nicht sehr diszipliniert, er hat sich nicht immer korrekt verhalten. Aber seine Veränderungen zum Negativen hin, von denen auch seine Familie berichtet, sind alle in die Zeit gefallen, in der er bereits süchtig war. Lassen wir diese Anzeige wegen Nötigung mal außer Acht, schließlich hat es da keine Verurteilung gegeben, dann bleibt übrig: Er hat in den letzten anderthalb Jahren die typischen Symptome eines Süchtigen gezeigt: Egozentrik, Nervosität, Angstzustände. Nun zu Plessen. Diese Therapie hat sicher etwas in Gianfranco ausgelöst, aber es... Ich glaube, es reicht einfach nicht für einen derart ausgeklügelten Rachefeldzug.«
    »Wenn es das war«, warf Fischer ein. »Bisher ist das doch bloß eine Annahme. Wir haben bislang lediglich zwei Morde und...«
    »Sicher.« Kern zögerte.
    »Bis jetzt gibt es, wie gesagt, zwei Morde. Sie könnten Serientaten sein. Sie müssen aber nicht.«
    Mona schaltete sich ein. »Ich glaube auch nicht an Gianfranco«, sagte sie, und es war ihr egal, ob sie Berghammer damit zur Weißglut trieb (was sie tat, sie sah es an seinem Gesicht). Und dann setzte sie noch einen drauf, denn, verdammt noch mal, die Zeit drängte, und so kamen sie einfach nicht weiter. »Ich glaube, wir sind auf der total falschen Spur mit diesem Gianfranco. Ich glaube, wir hätten uns von Anfang an viel mehr auf Plessen konzentrieren müssen.«
    »Mona«, sagte Berghammer, »du...«
    »Nein, jetzt hör du mir mal zu, Martin. Du willst Ergebnisse sehen, und das verstehe ich, aber Gianfranco ist kein Ergebnis, Gianfranco ist ein Irrtum. Der gehört nicht zu den Typen, die sich so was fein säuberlich ausdenken, mit Plan und Wohnung auskundschaften und allem Drum und Dran. All diese akribischen Vorbereitungen, die für so eine Tat notwendig sind: Das ist – war – nicht Gianfrancos Art. Der war zu impulsiv und emotional dafür. Hätte er Plessen umbringen wollen, dann wäre er hingefahren und ihm an die Gurgel gegangen. Wenn er das fertig gebracht hätte, denn wir wollen nicht vergessen, der hatte Depressionen und Angstzustände. Der war wahrscheinlich gar nicht in der Lage...«
    »Du hast ja wohl vor allem eins vergessen: wie wir ihn gefunden haben!« Das war Fischer, der sich nun ostentativ auf Berghammers Seite stellte, um sie zu ärgern (und natürlich: um ihr zu schaden).
    »Hab ich nicht«, sagte Mona und wandte sich

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