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Damenschneider

Damenschneider

Titel: Damenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Schöttle
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Inspektor, wir tun hier halt unser Bestes, um unsere Gäste bei Laune zu halten«, antwortete ihm Bojan augenzwinkernd, wobei den Kriminalisten erstmals sein slawischer Akzent auffiel.
    »Sie wollen mir doch nicht einreden wollen, dass ein paar Herrenwitze den armen Herrn Reif vergessen machen, dass er fortan ein Krüppel sein wird«, sagte Vogel ein wenig zu laut.
    Beschwichtigend legte der Krankenpfleger seinen rechten Zeigefinger an den Mund.
    »Alle anderen Hilfsmittel, die natürlich auch angewendet werden, fallen unter die ärztliche Schweigepflicht, selbst für die Polizei.«
    »Sie müssen schon entschuldigen, von seinem Arzt kann ich mir das sagen lassen, aber der sind Sie ja wohl nicht«, sagte Vogel, dem die letzte Bemerkung der medizinischen Hilfskraft sichtbar missfiel.
    »Doch, das bin ich«, sagte Bojan mit wichtiger Miene. »Schließlich bin ich ein studierter Mediziner, mit Doktortitel, Approbation und allem anderen, was nötig ist, um ein guter Arzt zu sein.«
    »Ich glaube, ich verstehe nicht recht …«, antwortete der Inspektor sichtlich irritiert.
    »Ich habe in Belgrad Medizin studiert und war sogar als Chirurg an der Städtischen Klinik tätig«, antwortete er selbstbewusst. »Als ich jedoch vor einigen Jahren nach Österreich gekommen bin, durfte ich hier nicht praktizieren, weil ich in Serbien studiert habe. Um den Kranken trotzdem helfen zu können und nicht aus der Übung zu kommen, arbeite ich bis zu meiner Approbation als Arzt eben als Krankenpfleger. So einfach ist das.«
    Verwundert schaute Vogel seinen bis dahin völlig schweigsamen Kollegen an, der achselzuckend repli­zierte: »So einfach ist das.«
    Kopfschüttelnd wandte sich Vogel wieder an den Mediziner.
    »Das ist natürlich auch eine dumme Geschichte … Wann wird es denn mit Ihrer Approbation so weit sein, Herr Doktor …?«
    »Bilovic, Bojan Bilovic. Wenn alle meine Diplome nostrifiziert werden, was hoffentlich bald der Fall sein wird«, antwortete er mit standesbewusster Arroganz.
    »Wollen wir’s hoffen. Halten Sie es eigentlich für möglich, dass Herrn Reif im Zusammenhang mit dem Unfall noch etwas einfallen könnte, woran er sich bis jetzt nicht erinnern konnte?«
    »Ich denke, dass der posttraumatische Schock noch immer nicht ganz abgeklungen ist. Wenn das der Fall ist, ist dies durchaus denkbar.«
    »Mit solchen Schockzuständen dürften Sie ja in Ihrer Heimat schon einige Erfahrungen gesammelt haben. Da bleibt uns nur noch die Hoffnung, dass Herr Reif sich so weit erholt. Allzu viele andere Möglichkeiten haben wir ja leider nicht«, sagte Vogel und schüttelte ihm zum Abschied die Hand, »wir sehen uns sicherlich wieder.«
     
    Als sie das Spital verlassen hatten, breitete Walz hörbar aufatmend seine Arme aus.
    »Ah, frische Luft … Du glaubst nicht, wie sehr mir diese Krankenhausatmosphäre zuwider ist. Überall dieser Geruch nach Lysoform, vermischt mit menschlichen Aromen aller Art, und wo du hinschaust, kranke Leute – nicht auszuhalten ist das …«
    Verdutzt schaute ihn Vogel an.
    »Du wolltest doch selbst einmal Arzt werden, Tierarzt zwar, aber krank sind die Viecher ja auch – und besser riechen werden die auch nicht. Wenn ich nur an einen alten Hund denke …«
    »Und das sagt mir ausgerechnet ein frischgebackener Hundebesitzer? Du wirst sehen, wenn deine Emily eines Tages vor sich hinmüffelt, wirst du auch das gerne hinnehmen. Außerdem verhält es sich mit Tieren doch ein wenig anders, die klagen nicht, und wenn es einmal so weit ist, kann man denen wenigstens beim Sterben helfen, der Mensch hingegen muss jahrelang dahinvegetieren, auch wenn er schon lange nicht mehr mag.«
    »Es mag dir entgangen sein, o du mein Walz, dass wir uns soeben in einem Unfallspital befanden, wo das jahrelange Siechtum doch eher die Ausnahme darstellt.«
    Ungnädig schaute Walz seinen Kollegen an, der ihn mokant angrinste.
    »Mir tut vor allem der Reif leid. Weil einer ein Foto machen will, büßt der seinen Fuß ein. Der hätte genauso gut tot sein können. Was geht nur in einem solchen Menschen vor, der selbst den Tod eines anderen in Kauf nimmt, nur um sich wichtig zu machen? Und dann noch die unsympathische Gestalt dieses serbischen Feldschers … Ich will gar nicht wissen, was der dem armen Reif in sein Essen mischt. Hat gerade einen Fuß verloren und amüsiert sich königlich dabei. Das Ganze ist doch von vorn bis hinten nicht normal.«
    Vogel zuckte mit den Schultern.
    »Vielleicht verabreicht er ihm einen

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