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Damenschneider

Damenschneider

Titel: Damenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Schöttle
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des Gästezimmers seiner Wohnung gelegt, die ja nur ein Stockwerk tiefer liegt.«
    »Und das gab keinen Skandal? Eine Frau von hohem gesellschaftlichem Rang wird tot im Schlafzimmer eines Krankenpflegers aufgefunden, der sich eine Wohnung inmitten der teuersten Gegend leisten kann. Eine bessere Geschichte gibt es doch gar nicht. Von so einer Story träumt so mancher Reporter sein Leben lang.«
    »Ja, das habe ich auch nicht verstanden. Er wird halt seine Beziehungen haben. Vielleicht hat er ja der Frau des Polizeipräsidenten einen neuen Busen gemacht oder so etwas Ähnliches …«
    Walz, der die Frau von Heider kannte, schauderte es. Die wäre für Bilovic tatsächlich ein reiches Betätigungsfeld.
    »Und wissen Sie zufällig auch, um wen es sich bei der Toten gehandelt hat?«
    »Nein«, sagte sie bedauernd, »aber ich könnte mich ein wenig umhören.«
    »Das wäre ganz reizend von Ihnen, Helga«, antwortete Walz lächelnd, während er ihr seine Karte gab. »Sie haben uns sehr geholfen. Eine persönliche Frage hätte ich noch. Ist Herr Bilovic eigentlich ein beliebter Kollege?«
    »Was heißt beliebt? Er ist manchmal halt ein wenig arrogant und hält sich von uns eher fern. Außer mit Schwester Sabine pflegte er eigentlich mit niemandem von unserer Station näheren Kontakt, aber das scheint auch aus zu sein. Er ist ja allerdings in einer seltsamen Lage. Von dem Pflegepersonal wird er als Arzt angesehen, von den Ärzten hingegen wie ein Pfleger behandelt.«
    »Die Freundin von Reif hat uns gegenüber die Vermutung geäußert, dass Andreas möglicherweise Medikamente bekommt, die sich verändernd auf sein Bewusstsein auswirken. Bekommt er denn von Ihnen stimmungsaufhellende Mittel verabreicht?«
    »Nein, sicherlich nicht. Unser Primar, Herr Dr. Spitz, lehnt solche Mittel grundsätzlich ab, da sie auf lange Sicht mehr Schaden anrichten als nützen.«
    »Sie erwähnten eine Schwester Sabine, die Herrn Bilovic näher kennt. Könnte ich auch einmal mit ihr sprechen?«
    »Die ist heute leider auch krank. Unsere Abteilung läuft derzeit nur auf Notbetrieb, deshalb muss ich jetzt wieder zur Arbeit. Hat mich gefreut, Herr Inspektor. Aber bitte, kein Wort von unserer Unterredung! Meine Kollegen würden mich umbringen …«
    »Da dies keineswegs in unser beider Interesse liegt, können Sie sich auf mich verlassen«, sagte Walz lächelnd.
    »Sie haben ja gar keinen Kaffee getrunken«, sagte Helga sichtlich bestürzt, als sie die Tassen wegräumte, »und jetzt ist er kalt. Wollen Sie nicht noch einen frischen? In der Thermoskanne hab’ ich noch welchen …«
    »Nein, nein, haben Sie vielen Dank dafür, aber auch meine Arbeit ruft.«
    Nachdem Helga ihm noch die Telefonnummer und Adresse der Schwester Sabine und von Bilovic gegeben hatte, rief er nach einem vergeblichen Telefonat bei dem Krankenpfleger vom Auto aus seinen Kollegen an, um ihn von den überraschenden Wendungen in diesem Fall zu unterrichten. Da Vogel gerade seinen Hund spazieren führte, war er gehörig außer Atem. Dennoch fand er immerhin noch genug Luft, bei jedem neuen Aspekt der Erzählung einen Überraschungslaut über den vermeintlichen »Damenschneider«, wie Vogel den Schönheitschirurgen launig nannte, auszustoßen.
    Um sich selbst ein Bild von Bilovic zu machen, beschlossen die Kriminalisten, den Arzt noch an diesem Abend in seiner Wohnung in der Führichgasse aufzusuchen.
     
    In der Hoffnung, den Krankenpfleger dort anzutreffen und damit doch einen freien Abend genießen zu können, beschloss Vogel kurzerhand, der unweit des Spitals wohnenden Schwester Sabine einen Überraschungsbesuch abzustatten.
    Nach einem kurzen Spaziergang stand er vor der Haustüre eines typischen Betonklotzes aus den Achtzigerjahren.
    Erst nach wiederholtem Läuten meldete sich Sabine Schaub mit schwacher Stimme und ließ Walz schließlich mit dem Verweis auf das Stockwerk, auf dem sich ihr Appartement befand, herein.
    In der Wohnungstüre erwartete ihn eine relativ kleingewachsene Person mit kurzen, dunklen Haaren, denen man ansah, dass sie nur notdürftig gekämmt waren. Doch daran lag es nicht, schließlich war sie krank gemeldet und offensichtlich gerade aus dem Bett gekommen, dass sie auf Walz einen ausgesprochen verhärmten Eindruck machte. Es waren vielmehr ihre Augen, die dem aufmerksamen Beobachter, und dazu gehörte Walz, den Eindruck vermittelten, dass ihr vor nicht allzu langer Zeit großes Leid widerfahren war.
    »Es tut mir leid, Sie zu stören«, sagte Walz mit

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