Damian
Männer laufen eilig an den beiden vorbei zur übernächsten Tür und klopfen ungeduldig. Ein Poltern ist von hinter der Tür zu hören. Schließlich wirft sich einer der Wachmänner gegen die Tür und öffnet sie unter berstendem Krachen und Knirschen. Damian und Rachel können nicht glauben, was sich ihnen dahinter offenbart. Der Professor steht schwankend gegen den Türrahmen zum Badezimmer gelehnt mit einer Waffe in der zitternden, rechten Hand. Er starrt mit weit aufgerissenen Augen auf sein zerwühltes Bett. Rachel folgt seinem Blick und kann sich nur mit Mühe einen spitzen Aufschrei verkneifen. Stattdessen hält sie vor Entsetzen eine Hand vor den Mund und schüttelt ungläubig den Kopf. Auf dem Laken, hinter der zurückgeschlagenen, dünnen Bettdecke liegt der tote Körper einer Schlange.
„Oh mein Gott!“, stößt sie nun hinter der vorgehaltenen Hand hervor. Der Professor lässt langsam den Arm mit der Pistole sinken und einer der Wachmänner greift nach der Waffe, um sie zu sichern. Erst jetzt geht Rachel auf Rubins zu, während Damian seine Schritte in Richtung Bett lenkt.
„Professor, sind sie verletzt? Professor, hören sie mich!? Geht es Ihnen gut?“, versucht Rachel Rubins zu erreichen. Dieser löst sich endlich aus seiner Starre und sieht sie an, als käme ihre Stimme von sehr weit her. Schließlich nickt er und flüstert:
„Ja. Ja.“ Damian nimmt inzwischen die tote Schlange vom Bett und der schlaffe Körper des Reptils hängt leblos in seiner Hand. Sie misst bestimmt einen halben Meter und ihre schuppige Haut ist sandfarben mit dunkleren Flecken. Damian betrachtet das tote Tier intensiv, bis er schließlich mit zusammengezogenen Augenbrauen feststellt:
„Sie sind ein guter Schütze, Professor.“ Jetzt treffen sich Damians und des Professors Blick und Rachel muss unwillkürlich frösteln bei der Kälte, die sich augenblicklich im Zimmer auszubreiten scheint. Rubins räuspert sich kurz und entgegnet:
„Es ist immer gut gewappnet zu sein. Man weiß nie, was einem begegnet.“ Rachel schaut zwischen den beiden Männern hin und her und ist plötzlich fest davon überzeugt, dass hier etwas Seltsames im Gange ist. Rubins und Cunningham starren einander weiter schweigend an und es scheint so, als wolle keiner sich die Blöße geben und den Blickkontakt als erster brechen. Die unerträgliche Spannung, die plötzlich in dem Zimmer herrscht, ist fast körperlich spürbar. Rachels Blick fällt schließlich auf den Pyjama des Professors und auf die zwei kleinen, roten Punkte auf seinem linken Ärmel, die sich auf wundersame Weise zu vergrößern scheinen. Erst jetzt wird ihr bewusst, dass diese Punkte Blut sind.
„Professor, sie sind verletzt!“, ruft sie entsetzt auf. Die Wachmänner und Henry kommen näher, um sich die Verletzung genauer zu betrachten. Einzig Cunningham bleibt an der Stelle vor dem Bett stehen. Rubins schaut auf seinen linken Arm und schiebt schließlich in Zeitlupe den Ärmel seines Pyjamas nach oben. Ein Zischen und Raunen erfüllt den Raum, als an dem Unterarm des Professors zwei kleine blutende Bisswunden zu erkennen sind. Für einige Sekunden sagt niemand ein Wort, doch alle denken dasselbe. Henry ist schließlich der Erste, der zur Tat schreitet.
„Ich rufe einen Arzt!“, verkündet er, als er eilig das Zimmer verlässt. Rachel stellt sich ihrem alten Freund zur Seite, geschockt und zutiefst besorgt. Sie greift nach dessen rechtem Arm und führt ihn aus dem Zimmer:
„Kommen Sie, am besten Sie legen sich hin. Sie können in meinem…“, weiter kommt sie nicht, denn Cunningham unterbricht sie.
„Er sollte aufrecht sitzen, nicht liegen, damit sich das Gift nicht so schnell in seinem Körper ausbreitet.“ Er reicht den leblosen Körper der Schlange einem Wachmann und gibt auf Arabisch einige Anweisungen. Dann stellt er sich neben Rachel, um deutlich zu machen, dass er sich um den Professor kümmern wird.
„Ich bringe ihn in den Salon. Dort kann er dann auf den Arzt warten“, erklärt er mit dunkler Stimme und seine Augen blicken eindringlich in Rachels Gesicht. Sie nickt zustimmend und Cunningham nimmt ihren Platz an der Seite des Professors ein. Damian stützt den alten Mann, der augenblicklich schwankt.
„Ich halte sie, Professor. Vertrauen sie mir.“ Der Blick, den der Professor Cunningham zuwirft, ist Rachel ein Rätsel. Es ist eine Mischung aus Misstrauen und Wissen. Wissen worüber? Langsam verlassen die beiden Männer das Zimmer, während die Wachen
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