Damian
bin ich seit mehr als drei Jahrtausenden dazu gezwungen auf dieser Erde als unsterblicher Vampir zu wandeln und ich sterbe! Ich sterbe einen Jahrzehnte währenden Tod und Du, Du bist das Leben und ich will Dich! Ich will an Deinem Leben teilhaben, ich will Dich lieben, Dich glücklich machen, denn ich glaube, Du kannst mich retten! Du kannst meine verfluchte Seele auffangen und mit Deiner Liebe all die Wunden heilen, die ich in den vielen Jahren erlitten habe. Ich habe Sehnsucht nach Erlösung. Ich will die Ewigkeit nicht mehr allein ertragen! Du gibst mir Hoffnung meiner unendlichen Einsamkeit entfliehen zu können.
Damian lehnt mit einem Arm gegen die kalte Stahlwand und lässt den Kopf zwischen den Schultern hängen. Er atmet schwer und in seinen Ohren rauscht sein Blut. Dieses verfluchte Blut! Sein Herz hämmert schmerzhaft gegen seine Brust. Wie kann er ihr jemals anvertrauen, was er wirklich ist? Wie soll er ihr klarmachen, dass er Blut braucht um zu überleben? Ist Rachel wirklich so eine starke Frau, dass sie sich ein Leben mit einem Monster vorstellen könnte? Mit einer Bestie, die tausendfach gemordet, gelogen und betrogen hat? Ist Rachel in der Lage ihn zu lieben und zu respektieren mit all den Gräueltaten, die er in seinem Leben begangen hat? Damian richtet sich auf und schließt die Augen. Nein! Sie darf niemals die Wahrheit über ihn erfahren! Sie darf niemals hinter die Fassade schauen. Er wird sie weiter belügen und seine Natur verbergen, um sich die wenige Zeit, die sie vielleicht gemeinsam verbringen werden, zu stehlen. Er ist und bleibt ein Parasit, der von dem pulsierenden Leben der Sterblichen existiert. Und so wird er es auch mit Rachel halten. Er betet zu den Göttern, dass sie niemals hinter sein düsteres Geheimnis kommt!
Rachel hat sich alle Fotos nun bereits ein zweites Mal im Display ihrer Kamera angesehen und ist zufrieden mit ihrer Arbeit. Sie glaubt, alle Artefakte hinreichend dargestellt zu haben und einige Bilder sind so gut gelungen, dass sie sich durchaus vorstellen kann, dass sie ohne weitere Bearbeitung am Computer für den Ausstellungskatalog herangezogen werden können. Sie blickt auf und wundert sich, dass Damian immer noch nicht wieder aufgetaucht ist. Vielleicht sollte sie nachsehen, wo er bleibt? Andererseits will sie auch nicht herumschnüffeln und als neugierig gelten. Rachel seufzt und schaut sich noch einmal den Papyrus an. Warum hat Damian so gereizt reagiert? Vermutlich war er verärgert über ihre dummen Fragen. Das wäre nur allzu verständlich. In welcher Fantasiewelt lebt sie eigentlich, ihm solche Fragen zu stellen… Als wärst Du da gewesen … Kein Mensch lebt ewig. Und doch, wäre es nicht fantastisch jemanden zu kennen, der die Zeit der großen Pharaonen kennengelernt hat? Oh, es wäre so aufregend, aus erster Hand sozusagen, zu erfahren, wie das Leben damals war. Wieder seufzt Rachel auf. So etwas gibt es nur im Märchen oder in der Traumfabrik von Hollywood. Rachel hört Schritte und als sie wieder in die Richtung sieht, in der er verschwunden war, erkennt sie Damian mit einem gepolsterten Fußhocker. Sein Gesicht wirkt angespannt und ernst.
„Hier. Das müsste reichen. Ich hoffe Du hast dann eine bessere Perspektive auf Dein Motiv.“ Er deutet mit einem Kopfnicken auf die Vitrine mit dem Papyrus. Rachel zögert nicht lange und streift ihre Flip Flops ab, um barfuß den Hocker zu erklimmen. Das Polster ist weich und gibt ein wenig nach, als sie darauf steht. Dann nimmt sie die Kamera zur Hand und beginnt zu knipsen. Immer wieder zoomt sie den Papyrus näher heran, um die filigranen Zeichnungen hervorzuheben. Damian steht schweigend neben ihr. Rachel ist so versunken und konzentriert in ihrer Arbeit, dass sie kurz aufschreit, als plötzlich das Licht ausgeht und sie absolut nichts mehr um sich herum erkennen kann. Ein lautes Klicken verrät Rachel, dass die Verriegelung der Tür in Gang gesetzt wurde. Sie reißt die Augen weit auf um ihren Pupillen die Gelegenheit zu geben auch nur die winzigste Lichtquelle zu erfassen. Vergebens. Sie spürt das weiche Polster des Hockers unter sich und bemüht sich ihr Gleichgewicht zu halten. Sie kann nicht einmal mehr die Hand vor Augen sehen.
„Keine Angst“, versichert ihr Damian leise und sie hört, wie er sich ihr nähert. „Der Strom ist ausgefallen. Das passiert manchmal bei einem solchen Sturm. Henry wird gleich den Notstrom einschalten.“ Damian hört ihre Atemgeräusche, die schnell und stoßweise
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