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Damiano

Damiano

Titel: Damiano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. MacAcoy
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entzünden; Karl war hungrig und konnte nicht arbeiten, selbst wenn ein Bauer bereit sein sollte, es mit ihm zu versuchen; und er, Damiano, hatte die Sache angefangen… Doch er biß die Zähne zusammen und blickte zu den Häusern des Dorfes hinüber, die sich schwarz und weiß unter der aufgehenden Sonne duckten.
    »Ich weiß nicht einmal, warum Ihr Euch überhaupt um mich gekümmert habt«, fügte Karl hinzu, während er wie gebannt auf das feuchte, rosarot gefärbte Tuch an seiner Hand starrte.
    »Es war notwendig«, antwortete Damiano kurz, ohne den Burschen anzusehen.
    »Notwendig für mich vielleicht«, entgegnete Karl mit einem schwachen Lachen. »Aber doch nicht für Euch. Es bestand keine Veranlassung für Euch, mich zu pflegen, mir zu essen zu geben, mich vor der Kälte zu schützen…«
    Damiano zog die Beine an, umschlang sie mit beiden Armen und stützte den Kopf auf die Knie. Es dauerte lange, bis er antwortete.
    »Es ist schwierig – etwas zu erlernen, was nicht viele Menschen können, wie zum Beispiel das Amputieren von Fingern, und dann dieses Können nicht anzuwenden, wenn es notwendig wird. Versteht Ihr? Und es ist ebenso schwierig, Zeit und Mühe auf einen Menschen zu verwenden, um ihn dann an irgendeiner Kleinigkeit sterben zu lassen.
    Aber ich kann nicht mehr geben – Zeit meine ich. Ich muß die Lombardei erreichen, noch bevor der Schnee auch in die Täler dringt. Ich lasse Euch eine von den Decken da und ein paar Kupfermünzen, die ich mir in San Gabriele verdient habe. Außerdem den Tiegel; wenn Ihr die Wunde vernachlässigt, werdet Ihr trotz aller meiner Bemühungen sterben.« Damiano krauste die Stirn in Falten, als ihm plötzlich ein Gedanke durch den Kopf schoß. Ein Gedanke, dem er mißtraute… »Noch etwas, Jan. In San Gabriele wohnt ein Knabe namens Gaspare. Er hat rotes Haar und reicht mir etwa bis zur Schulter. Er ist nur ein Straßenjunge, aber er besitzt ein geniales Talent dafür, aus allem das Beste zu machen. Vielleicht hat er eine Idee, wie Ihr Euch Euer Brot verdienen könnt, während Ihr noch in der Genesung seid, und vielleicht kann er Euch in Eurem Bemühen nach Rom zu kommen helfen. Aber er hat eine Schwester…«
    Damiano musterte Karls ängstliches Gesicht und abgezehrten Körper und lachte leise vor sich hin.
    »Ach was, die Schwester ist nicht wichtig. Aber eines verspreche ich Euch, mein Lieber, wenn Ihr den Knaben schlecht behandelt oder ihn irgendwie betrügt, werdet Ihr erfahren, was eine Verwünschung ist.«
    Karl schwieg, während Damiano aufstand und sich daran machte, das Lager abzubrechen. Seine wasserblauen Augen betrachteten Damiano sinnend.
    Schließlich sagte er: »Ihr seid ein sehr guter Mensch. Wie der Samariter im Lukas-Evangelium.«
    Zornig und verletzt fuhr Damiano herum.
    »Sagt so etwas nicht. Ich bin kein guter Mensch. Ich bin nur ein – ein Mozzarellakopf.«
    Karl blinzelte verwirrt. Dann lachte er kurz auf.
    »Ein Mozzarellakopf? Das ist doch ein Käse, nicht wahr?«
    »Das ist ein italienischer Ausdruck. Er bedeutet – « Damiano vollführte eine fahrige Geste, die nichts erklärte. »Ein guter Mensch befolgt die zehn Gebote. Ich jedoch bin lediglich weichherzig. Ich bringe es nicht fertig, Kühe und Schweine zu essen. – Aber ich habe mit meiner Zauberkunst fünfzig Menschen getötet«, fügte er hinzu und lud seine Bündel auf Festelligambes wohlgeschwungenen Rücken.
    Karl antwortete nicht.

Die Straße führte in einem beständigen Auf und Ab nach Osten. Damiano ritt durch das Schweigen ausgedehnter Wälder. In einem von Birken beschatteten kleinen Tal konnte er den Himmel nur durch ein Filigran kahler Äste sehen. Welkes Laub, das von den herbstlichen Regenfällen durchnäßt war, lag wie ein weiches Polster unter den Hufen seines Pferdes. Sohne und Bäume verwoben sich zu einem feinen, von Wärme durchflossenen Spitzenmuster über Damianos Kopf. Bei jedem Schritt nickte er schläfrig, genau wie Festelligambe. Auch Macchiata gab sich den ganzen Tag der Stimmung der Natur hin und schwieg.
    Eine Stunde vor Sonnenuntergang etwa nahm die Straße einen Schwung hügelwärts. In der Ferne konnte Damiano den Gipfel des Hügels erkennen und dahinter einen weiteren, steileren Hang, der von dunklen Fichten bedeckt war. Er hielt es für das klügste, jetzt Rast zu machen und den Anstieg auf den folgenden Morgen zu verschieben, wenn er und Festelligambe ausgeschlafen und frisch sein würden.
    Mit einer Schweineborstenbürste, die er auch für

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