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Damit Dein Leben Freiheit Atmet

Damit Dein Leben Freiheit Atmet

Titel: Damit Dein Leben Freiheit Atmet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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miteinander versöhnte, löste die Bilder auf, die das wahre Selbst der Zuschauer verstellt hatten. Es geschah eine Katharsis. Die Menschen, die auf den gekreuzigten Jesus schauten, gingen verwandelt und gereinigt nach Hause. Wenn wir das Leben Jesu anschauen, so wie Lukas es uns anschaulich geschildert hat, dann kann auch in uns Reinigung geschehen. Unsere getrübten Selbstbilder verschwinden, und wir sehen uns, wie wir wahrhaft sind.
    In der spirituellen Tradition des Christentums ist die Eucharistie ein heiliges Spiel, ein Schauspiel. In den Riten schauen wir das Geheimnis von Tod und Auferstehung Jesu, etwa im Ritus des Brotbrechens, der uns auf das
    Zerbrochenwerden Jesu am Kreuz verweist, oder im Ritus des Eintauchens des Brotes in den Wein, Bild für die Auferstehung.
    Indem wir in den Riten das Geheimnis Jesu schauen, werden wir gereinigt von inneren Verschmutzungen. Wir werden in der
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    Eucharistie auf den Weg Jesu mitgenommen. Indem wir unser Leben auf dem Hintergrund von Jesu Weg anschauen, entdecken wir, was sich in uns eingeschlichen hat an Verunreinigung und inwieweit unser Denken getrübt ist durch Emotionen, die sich von außen oder auch von innen her an unsere Gedanken und Gefühle gehängt haben.
    Die Eucharistie reinigt uns nur, wenn wir das Unreine in uns Gott hinhalten. Dazu dient der Bußakt. In ihm geht es nicht darum, uns als unwürdige Sünder selber klein zu machen. Der Bußakt besteht vielmehr in der Bereitschaft, alles mit in die Begegnung mit Christus zu nehmen. Wir halten das Gelungene und das Mißlungene Gott hin, unsere unklaren Beziehungen, unser inneres Chaos, die Abgründe unserer Seele. Nur was wir hinhalten, kann dann in der Eucharistiefeier verwandelt werden.
    In der Gabenbereitung hält der Priester im Brot und Wein unser Leben Gott hin, damit er es verwandelt. Und dann wäscht er sich in einem kleinen Ritual die Hände und betet dabei: »Herr, wasche ab meine Schuld, von meinen Sünden mach mich rein.«
    Er hat das Bedürfnis, das heilige Geschehen mit reinen Händen zu feiern. Aber zugleich drückt er in diesem kleinen Ritual aus, worum es in der Eucharistiefeier zentral geht: daß ich reingewaschen werde von allem, was sich bei mir wieder eingeschlichen hat an Ressentiments, Ärger, Eifersucht,
    „Gekränktsein“, Verurteilen anderer. Ich fühle mich in jeder Eucharistiefeier eingeladen, meinen inneren Schmutz Gott hinzuhalten, damit er täglich neu klärt und reinigt, was sich in mir festgesetzt hat.
    Die Reinigung geschieht in der Eucharistie vor allem durch das Wort der Heiligen Schrift, das wir in uns eindringen lassen, damit es wie ein Schwert in uns scheidet, was sich vermischt hat. Und die Reinigung geschieht durch das Mahl. Wir essen den Leib Christi und trinken sein Blut. Wir werden
    ununterscheidbar eins mit Jesu Leib und Blut. In der Kommunion durchdringt uns Gottes menschgewordene Liebe
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    und reinigt uns von allen Trübungen und Verschmutzungen.
    Leib und Blut Christi wurden in der Tradition als Medikament betrachtet, das unsere Krankheit heilt. Eine wichtige Weise der Heilung ist die Reinigung, das Ausleiten krank machender Stoffe aus dem menschlichen Leib. So ist das eucharistische Medikament ein Reinigungsmittel, das uns von allem befreit, was unser wahres Selbst verstellt.
    Was in der Eucharistie als Schauspiel und als heiliges Mahl geschieht, will in alltäglichen Ritualen fortgesetzt werden. Es gibt Diäten, die der Reinigung des Körpers dienen. Mein Freund mußte in Peru Zimttee trinken und eine ganz bestimmte Diät befolgen, damit der körperliche und seelische Reinigungsprozeß in Gang kommen konnte. Ein Mitbruder von mir schwört auf Brennesseltee. Im Frühjahr schneidet er sich in unserer Bachallee Brennessel ab, um für sich daraus Tee zu kochen. Das hat ihn jahrelang gesundheitlich über Wasser gehalten. Das Trinken seines selbstgebrauten Tees ist für ihn zu einem reinigenden und heilenden Ritual geworden, das er jeden Tag in großer Treue zelebriert. Der Frühling bietet uns viele Kräuter an, die uns helfen, aus dem Körper die Schlacken des Winters auszuscheiden, etwa der Löwenzahn oder das Gänseblümchen.
    Jeder hat andere Mittel, die ihm helfen, sich von schädlichen Stoffen zu reinigen. Die körperliche Reinigung hat immer auch Auswirkungen auf die Seele. Ich kenne Menschen, die an einer Amalganvergiftung litten. Sie fühlten sich nicht nur körperlich schlapp, sondern auch psychisch. Der Arzt verordnete ihnen eine lang

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