Damit Dein Leben Freiheit Atmet
ausgenutzt. Die reine Luft reinigt die Seele. Der stürmische Wind weht alles aus mir heraus, was sich eingenistet hat. Die Berührung mit der Erde reinigt. In dem Buch »Der Traumfänger« erzä hlt die Autorin von ihrer Wanderung mit den Ureinwohnern Australiens. Da sie keine Gelegenheit zum Waschen fanden, ging von ihrem Körper ein übler Geruch aus. Da gruben sie ihre Gefährten in die Erde ein, um sie von ihrem Gestank zu befreien. Der Dreck der Erde hat das übel Riechende gereinigt. Wer im Regen spazierengeht, der erlebt es auch als reinigend. Im Regen zu wandern, das hat eine eigene Qualität. Es ist wie ein Reingewaschenwerden durch
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den Regen. Und auch das Feuer der Sonne kann reinigen.
Gerade im Frühjahr und im Herbst hat die Sonne diese reinigende Wirkung. Sie hellt die dunkle Stimmung auf. Sie erfüllt das Herz mit Freude und Klarheit. Im milden Licht der Herbstsonne höre ich auf, mein Inneres überkritisch zu sezieren.
Ich schaue mit einem milden Blick auf meine Seele. Unter diesem milden Blick bekommt alles ein anderes Gesicht. Alles darf sein. Alles wird rein.
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Träume
Ein weiterer Ort, an dem innere Reinigung geschehen kann, sind die Träume. In den Träumen begegnen wir oft dem inneren Unrat. Da sieht es chaotisch in uns aus. Wir geraten in Kellerräume, in denen sich viel Abfall angehäuft hat. Das zeigt, daß wir noch ein Stück Reinigungsarbeit vor uns haben. Eine Frau träumte, daß sie in den Keller gehen mußte, um dort ein großes Giftfaß zu entsorgen. Sie hatte Angst, sie wäre der Aufgabe nicht gewachsen. Aber je näher sie dem Giftfaß kam, desto kleiner wurde es. Zuletzt war es nur ein kleiner Beutel, den sie in die Hand nehmen und heraustragen konnte.
Offensichtlich war das Unbewußte der Frau vergiftet von all dem, was sie verdrängt hatte. Der Traum zeigte ihr auf der einen Seite das Gift in ihrem Innern. Auf der anderen Seite offenbarte ihr der Traum, daß sie schon auf dem Weg war, das eigene Unbewußte zu erforschen. Und der Traum machte ihr Mut, auf diesem Weg weiterzugehen. Je mehr sie sich in ihr Unbewußtes hineinwagte, desto kleiner wurde das Giftfaß. Sie konnte ohne Gefährdung das in ihrer Tiefe angesammelte Gift entsorgen.
Manchmal träumen wir von Toiletten. Wir gehen auf die Toilette und können das Wasser nicht lassen. Das ist immer ein Bild dafür, daß wir etwas loslassen sollten. Oder wir möchten auf die Toilette gehen, aber sie ist völlig verschmutzt. So ein Traum will uns mahnen, Altes loszulassen und es
herunterzuspülen. Eine Frau träumte, daß sie in einem Teich schwamm. Das Wasser war ganz trüb. Es war unangenehm, darin zu schwimmen. Doch allmählich wurde das Wasser immer klarer, bis es zuletzt ganz sauber war. Dieser Traum offenbarte, daß sich in ihr ein Reinigungsprozeß vollzog. Träume zeigen oft innere Prozesse an. Manchmal geben sie uns eine Aufgabe. Aber oft sagen sie uns, daß in uns schon etwas in Gang ist, was wir
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nun auch bewußt unterstützen sollten. Der Traum lud die Frau ein, noch bewußter in ihrem Unbewußten zu schwimmen, bis sich alles Unreine und Trübe geklärt hat.
Wenn ich mich morgens beim Aufwachen an meine Träume erinnere, dann halte ich sie Gott hin. Alles, was in mir durcheinander ist, was getrübt ist in meiner Seele, halte ich im Gebet Gott hin, damit er es klärt. In meinem Unbewußten sind viele Bilder, die von Gottes Licht gereinigt werden müssen. Und nur wenn ich all das Unreine dieser unbewußten Bilder in das Licht Gottes halte, werde ich - so hat es Evagrius Ponticus immer beschrieben - offen für das wahre Gebet, für die Kontemplation. Die Bilder der Seele prägen meine Emotionen und mein Handeln. Sie müssen gereinigt werden, damit ich
»rein« beten kann. Reines Gebet besteht für Evagrius darin, daß ich nicht mehr von Vorstellungen, Gedanken und Emotionen gestört werde. Diese Reinigung kann ich nicht selbst bewirken.
Evagrius ist überzeugt: »Der Mensch kommt nicht allein durch sein eigenes Tun zur Vollendung, das sich von außen her nach innen richtet, er muß noch in den Tiefen seines Geistes umgewandelt werden, wo sic h in den letzten Winkeln seines Seins für die Außenwelt unerreichbare unbewußte Bilder verbergen.« (Bamberger 22) In den Träumen steigen die unbewußten Bilder in mir auf und offenbaren mir, wie es in den Abgründen meiner Seele aussieht. Wenn ich sie Gott hinhalte, kann er mich bis in den Grund meiner Seele reinigen.
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Die Fastenzeit –
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