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Damit Dein Leben Freiheit Atmet

Damit Dein Leben Freiheit Atmet

Titel: Damit Dein Leben Freiheit Atmet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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gegenseitigen Vorwürfen, die sie im Pfarrgemeinderat anhören mußten und denen sie nichts entgegensetzen konnten. Oft genug stopfen sie dann den Ärger zu, indem sie essen und trinken und sich vor den Fernseher setzen. Doch das, was sie zugestopft haben, kommt während der Nacht im Unbewußten wieder hoch.
    Es hat sich noch verbunden mit dem, was sie im Fernsehen wahrgenommen haben. So entsteht ein inneres Chaos, ein Sumpf, der in der Nacht ihrer Seele schadet. Sie haben unruhige Träume. Auch wenn sie sich morgens an keine Träume erinnern können, so wachen sie mit einem diffusen Gefühl von Unzufriedenheit auf. Sie sind gleichsam noch vom Vortag beschmutzt. Da hilft dann auch das Duschen allein nicht. Es käme darauf an, all das Unklare, das sie während des Tages in sich aufgesogen haben, abends zu klären. Ein gutes Abendritual wäre, sich mit allem, was sie in sich spüren, hinzusetzen und eine CD aufzulegen mit der Musik, die sich das Herz gerade wünscht. Oft haben wir ein gesundes Gespür dafür, welche Musik uns gerade jetzt guttun würde. Wenn ich dann diese Musik höre und nur Ohr dafür bin, dann klärt sich etwas in mir.
    Ich fühle mich nachher gereinigt und kann in einer anderen Verfassung ins Bett gehen.

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    Gehen und Wandern

    Für andere ist das Gehen ein wichtiger Weg der Reinigung.
    Wenn ich sehr aufgewühlt bin, hilft mir das Gehen, Abstand zu den Erlebnissen zu gewinnen, die mich so im Griff haben. Ich denke im Gehen nicht über die Probleme nach. Sie fallen einfach von mir ab. Und wenn ich wütend über einen Menschen weggegangen bin, kehre ich verwandelt zurück. Der Zorn ist verflogen. Ich habe mich von der inneren Bitterkeit gereinigt.
    Ich fühle mich freier, klarer, reiner. Sören Kierkegaard meinte einmal, er kenne keinen Kummer, von dem er sich nicht
    „freigehen“ könnte. Die gleichmäßige körperliche Bewegung hat eine reinigende Wirkung. Psychologen haben festgestellt, daß ein körperliches Ausagieren die Seele besser von Ärger und Unzufriedenheit befreit als ein Aussprechen, das die negativen Gefühle sogar noch verstärken kann.
    Wandern ist für mich zuerst einmal Auswandern. Ich wandere aus, aus allen Abhängigkeiten, aus dem, was an mir klebt und mein wahres Selbst trübt. Ich wandere aus, aus den Emotionen, die mich im Griff haben, aus dem Ärger, der Traurigkeit, der Müdigkeit, der Resignation, der Eifersucht. Und Wandern ist ein stetiger Wandlungsprozeß. Ich gehe immer weiter. Im Gehen kann ich nichts festhalten. Ich lasse die Gedanken los, die in mir auftauchen, und die Emotionen, die mich bestimmen möchten.
    Ich gehe mich frei von allem, was mich beherrschen möchte, damit meine eigentliche Gestalt immer mehr zum Vorschein kommt. Und im Gehen wird mir bewußt, wohin ich eigentlich gehe. Das Wort von Novalis begleitet mich: »Wohin denn gehen wir? - Immer nach Hause.« Gehen hat immer ein Ziel. Letztlich ist das Ziel immer ein Zuhause, eine Heimat, in der ich daheim sein kann. Nach dem Wandern kann ich das warme
    Wohnzimmer genießen. Aber zugleich habe ich eine Ahnung
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    davon, daß ich auf ein ewiges Ziel hin wandere, eine Heimat, die nicht von dieser Welt ist, die in meinem eigenen Zuhause nur aufleuchtet, aber nicht erfüllt wird.
    Viele kennen das tägliche Ritual, daß sie nach der Arbeit erst einen Spaziergang machen, bevor sie sich auf die Familie daheim einlassen. Sie haben die Erfahrung gemacht, daß ihnen dieses Ritual hilft, wirklich ganz daheim zu sein, wenn sie die Haustür aufmachen. Wenn sie ohne das Wanderritual nach Hause kommen, ist ihr Kopf oft noch voll von den Problemen der Arbeit. Und sie geben den Schmutz, den sie in der Arbeit aufgesogen haben, an die eigene Familie weiter. Sie können sich gar nicht erklären, warum es nach der Arbeit immer Streit gibt oder warum eine so negative Stimmung herrscht. Weil sie die eigene Stimmung nicht geklärt haben, geben sie das Ungeklärte weiter.
    Doch oft hilft ein kurzer Spaziergang nicht. Da braucht es schon einen ganzen »Wandertag«, damit sich das, was sich tief in mir festgesetzt hat, klären kann. Nach einem solchen Tag des Wanderns fühle ich mich wie neugeboren. Die frische Luft hat gutgetan. Ich konnte aufatmen. Die Erde mit ihrem würzigen Geruch hat allen inneren Mief aus mir vertrieben. Es ist nicht nur das Gehen, das reinigt, sondern auch die Begegnung mit den vier Elementen. Seit jeher hat man die reinigende Wirkung der vier Elemente für den inneren Reinigungsprozeß

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