Damit Dein Leben Freiheit Atmet
Frühjahrsputz für Leib
und Seele
Seit jeher galt das Fasten als körperliche und seelische Reinigungskur. Fasten entschlackt den Körper und baut das ab, was den Körper belastet und verunreinigt. Die Medizin hat die reinigende Wirkung des Fastens neu entdeckt. Dr. Buchinger, der Begründer des Heilfastens, schreibt: »Das Heilfasten ist im wesentlichen eine Ausscheidungskur, eine Reinigungskur der gesamten Körpergewebe und Säfte. Der gesamten! Der Satz des alten Galen hat wörtlich recht: ›Ab stinentia totum corpus aequaliter purgat.‹« (Grün, Fasten 21)
Viele Menschen leisten sich in der Fastenzeit den Luxus einer Fastenwoche. Die Fastenwoche beginnt mit einer Reinigung des Darmes. Das kann durch Trinken von Glaubersalz oder FX-Salz geschehen. Wenn der Darm gereinigt wird, kann man leichter fasten und dem sonst oft auftretenden Kopfweh entgehen. Dann trinkt man eine Woche lang nur Wasser, Tee und Fruchtsaft.
Mittags nimmt man eine Gemü sebrühe zu sich. Es gibt auch andere Weisen des Heilfastens, etwa die Mayer-Kur, in der man täglich ein trockenes Brötchen ganz langsam kaut. Eine halbe Stunde soll man sich dazu Zeit nehmen. Wer dieses Fasten eine Woche lang - manche fasten auch zwei Wochen oder noch länger - durchhält, der erlebt eine innere und äußere Reinigung.
Seine Sinne werden wacher und klarer. Sein Beten wird intensiver. Es ist nicht mehr gestört durch den getrübten Blick der Müdigkeit. Seine Träume werden klarer. Er fühlt sich innerlich gereinigt.
Wenn ich in unserem Gästehaus eine solche Fastenwoche anbiete, verbinde ich es mit dem Schweigen. Fasten intensiviert das Schweigen und umgekehrt. Fasten und Schweigen führen nicht nur zur körperlichen, sondern auch zur seelischen
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Reinigung. Im Schweigen während der Fastenwoche kann alles ungehindert in unserer Seele aufsteigen, was wir sonst verdrängt haben. Da lockert sich das Unbewußte. Und wir erkennen klarer, was der Grund unseres Ärgers und unserer Unzufriedenheit ist.
Wir entdecken, was sich alles an unsere eigenen Verletzungen angehängt hat, wie sehr sich unsere verwundete Seele mit den Verletzungen der anderen aufgeladen hat. Wir können klar unterscheiden, was unsere eigenen Wunden sind und wo sie sich verstärkt haben durch die Reaktionen der verwundeten Menschen unserer Umgebung.
Die Kirche bietet uns jedes Jahr im Frühjahr eine
vierzigtägige Fastenzeit an als Zeit, in der wir Leib und Seele reinigen. Man könnte die Fastenzeit als eine Art Frühjahrsputz für Leib und Seele bezeichnen. Der hl. Benedikt rät den Mönchen, in den Tagen der Fastenzeit »in aller Lauterkeit« auf ihr Leben zu achten (»omni puritate vitam suam custodire«) und die Nachlässigkeiten (»neglegentias« - »Unachtsamkeiten«), die sich eingeschlichen haben, zu tilgen (Benediktsregel, Kapitel 49,2f). Benedikt versteht die Fastenzeit als Zeit der inneren und äußeren Reinigung. Der Mönch soll bewußter leben, mehr beten und Fehlverhalten vermeiden. Die Fastenzeit ist eine Zeit des Trainings für die Erlangung innerer Freiheit. Während in der Natur alles gereinigt wird, bietet sich die Zeit zwischen Winter und Frühling auch an, Leib und Seele zu reinigen. Das geschieht in der Askese, in der ich bewußt auf manches verzichte, etwa auf Süßigkeiten oder auf Alkohol. Dieser Verzicht ist eine Einübung in die innere Freiheit. Indem ich verzichte, beweise ich mir, daß ich noch nicht abhängig bin von Kaffee, Süßigkeiten oder Alkohol. Die Erfahrung der inneren Freiheit tut gut. Und ich spüre, wie nicht nur der Körper leichter wird, sondern auch die Seele.
Der jährliche Frühjahrsputz kann sich auch ganz konkret darin ausdrücken, daß man seine Wohnung einmal durchforstet und
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überlegt, was man alles weggeben oder entsorgen sollte. Die Fastenzeit lädt uns dazu ein, unser Leben zu vereinfachen. Ich kann mich fragen, ob ich alles brauche, was sich in meiner Wohnung angesammelt hat. Es wäre gut, in der Fastenzeit einmal durch alle Räume meiner Wohnung zu gehen und mir alles unter dem Blick anzuschauen, ob ich es brauche oder nicht, ob es meine Seele verstellt oder nicht. Und dann sollte ich den Mut haben, alles Überflüssige wegzugeben. Die Psychologen wissen darum, daß eine zu vollgestellte Wohnung auch unsere Seele verstopft. Sie kann nicht mehr frei atmen. Heute gibt es von China her kommend eine eigene Philosophie der
Wohnungsgestaltung. Alles Überflüssige schadet.
In unserer Gemeinschaft hat uns der
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