Damit Kindern kein Flügel bricht - Kindliche Verhaltensauffälligkeiten verstehen und ein gutes Familienklima fördern
das Baby, jetzt körperlich getrennt, eine psychische Bindung an die Mutter aufbauen kann und umgekehrt.
Einigen Müttern ist diese große körperliche und notwendige Nähe jedoch unangenehm. Zweifel, ob sie es schaffen werden, diesem kleinen Wurm im Arm eine gute Mutter sein, sich auf dieses Neugeborene einlassen zu können, trüben ihre Gedanken. Das macht nichts. Es ist noch keine Mutter vom Himmel gefallen. Mutter ist man nicht, Mutter wird man ein Leben lang. Also viel Zeit, in die Rolle der Mutter hineinzuwachsen. Ich halte gar nichts davon, Müttern das Gefühl zu vermitteln, das Kind sei schon ein wenig in den Brunnen gefallen, wenn sie nicht stillen können oder wollen. Wie gestresst verlassen manche Mütter, meistens beim ersten Kind, das Wochenbett und Krankenhaus. Statt den Müttern Raum zu geben für ihre ambivalenten Gefühle ihrer erstmaligen Mutterschaft gegenüber, kehren diese jungen
Mütter mit einem Korb voller Ratschläge und dem Eindruck, dass den anderen Müttern alles viel einfacher fällt, nach Hause zurück.
Wir sind in den wenigsten Fällen noch Naturmütter. Wir sind Kopfmütter geworden. Das Wissen von Müttern über Kindererziehung war noch nie so groß wie heute. Doch Wissen bedeutet auch Kopf, linke Gehirnhälfte. Und Wissen hilft nicht viel, wenn die rechte Gehirnhälfte entgegen guter Kenntnis der linken Gehirnhälfte über Eltern-Kind-Bindung etc. mit Angst, Unsicherheit und Panik auf dieses Neugeborene reagiert. Eine solchermaßen aufgewühlte Mutter möchte nicht als Erstes die Zeitschrift Eltern abonnieren oder von der besten Freundin einen Buchtipp bekommen, sondern vielleicht nur davon sprechen dürfen, wie unzulänglich sie sich gerade fühlt, dass sie nicht genau weiß, was dieses Baby jetzt bedeuten soll für sie und ihr weiteres Leben. Vielleicht hat sie auch die Sorge, ob das Baby spürt, wie unsicher und verloren die Mutter sich gerade fühlt. Vielleicht quälen die Mutter auch gerade die persönlichen Lebensumstände - sie mag Studentin sein, arbeitslos, alleinerziehend - und jetzt hat sie plötzlich ein Baby und damit eine große Verantwortung. Kann sie, die Mutter, denn ihr eigenes Leben schon verantworten oder gerät sie durch dieses Baby wieder in die alte Abhängigkeit zu den Eltern, zum Partner?
Es sind so normale Zweifel, so natürliche Gedanken. So eine Mutter hat gewiss keine pathologischen Züge. Sie erfährt das ganze Ausmaß an Unsicherheit, das Mutter- und Elternschaft auslösen kann, in dem Augenblick am eigenen Körper. Es gibt hier kein Patentrezept. Es gibt dafür nur eine Haltung, die ich als hilfreich und angstmindernd erlebe: einlassen, sich einfach einlassen auf dieses große Abenteuer Mutterschaft, und zwar mit allen Zweifeln, Befürchtungen, Hoffnungen. Jede Mutter, die ehrlich zu ihren ambivalenten Gefühlen steht, wird eine gute Mutter.
Mutterschaft verlangt nicht den entzückten Mutterblick auf dem Spielplatz, es darf auch einmal ein gelangweilter sein. Mutterschaft braucht kein ständiges Beteuern, wie schön und einzigartig es sich anfühlt, Mutter geworden zu sein. Auch »böse« Gedanken wie »Was könnte ich jetzt alles mit der Zeit machen, die ich gerade mit meinem schreienden Kind verbringe?« gehören zu einer guten Mutter. Oder Seufzer, weil das Kind wieder nicht die Absicht hat, die Eltern schlafen zu lassen. Oder ein kräftiges »Sch …!«, wenn das Kind eben die Ausgehpläne der Eltern mit seinem plötzlichen Fieberanfall verhindert. Wohlverstanden: Es geht nicht darum, am Kind ungute Gedanken und Gefühle abzureagieren, doch selber zu den eigenen bösen und gerade einmal rabenschwarzen Gefühlen und Gedanken zu stehen - und sie sich nicht übel zu nehmen!
Viele Eltern, vor allem Mütter, tragen sich selber ihre nicht liebevollen Muttergedanken nach. Sie bestrafen sich womöglich noch dadurch, dass sie ein gerade aktuelles, eigenes Bedürfnis unterdrücken und noch einen Zahn zulegen im Bemuttern.
Wenn Eltern sich immer wieder von Neuem berühren lassen von ihren eigenen vorhandenen Gefühlen, ob schön oder hässlich, vermögen sie auch ihre Kinder zu berühren.
Hauterkrankungen nehmen laut Kinderärzten stetig zu. Nicht alle, doch die meisten dieser Hauterkrankungen haben einen psychosomatischen Hintergrund. Jetzt höre ich viele Mütter schon aufschreien: »Jetzt sind wir auch daran noch schuld!« Wenn Sie, liebe Mütter, unbedingt diese Schuld tragen wollen, kann ich Sie nicht daran hindern. Doch ich halte nicht viel von
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