Damon Knights Collection 3
Überall vom Flußwasser reingewaschen, außer dort, wo der Schmutz des Bodens ihn berührte, bot er einen bleichen, erbarmenswürdigen Anblick.
Ich beugte mich in der Hoffnung, ein Lebenszeichen zu finden, über ihn, als ich hinter mir die donnernde Stimme des Trolls hörte; sie war so laut und schrecklich, daß ich mir am liebsten die Ohren zugestopft hätte. Damit Eure Oberhoheit sich eine Vorstellung von der Stimme des Trolls machen kann, habe ich meinen Schreiber beauftragt, all seine Worte in großen Buchstaben niederzuschreiben; dadurch weiß Euer Schreiber, daß er beim Vorlesen die Stimme heben soll. Diesen Kunstgriff habe ich von Dokerfins gelernt, und er gefällt mir, obwohl mein Schreiber ihn für plump und stumpfsinnig hält.
Er sagte: »DER DA KANN DIR NICHT HELFEN. DU MUSST MIR ALLEIN ENTGEGENTRETEN.«
Als ich mich umdrehte, erblickte ich den Troll, aber nicht so, wie ich ihn auf der Brücke gesehen hatte. Hier leuchtete er wie die Flamme einer Kerze, so daß jede Falte im schwachen Schein zu erkennen war, und seine Gestalt war die eines großen Jagdteufels, aber noch breiter und höher über den Augen, und darum schmiegte sich ein Reif, aus irgendeinem Metall. Er hatte weder ein Schwert noch eine andere Waffe und trug auch keinen Panzer.
Kühn sagte ich zu ihm: »Ich habe keine Furcht, dir entgegenzutreten, aber ich finde es recht seltsam, daß du, der du weder eine Klinge noch eine Rüstung hast, mir mein Schwert läßt.«
»MICH SCHERT NICHT DEIN GERÄT ODER DEINE HARTE HAUT – SIE NÜTZEN DIR NICHTS IN DEM KAMPF, DER DIR BEVORSTEHT, ABER SAGE MIR ERST, WO DU DEINEN GEFÄHRTEN GEFUNDEN HAST. ER IST EIN SELTSAMER GEDANKE ODER WIRKTE SO, ALS ICH IHN HEUTE AUF DER BRÜCKE BERÜHRTE.«
»Er sagt, er sei von einem Stern gefallen, wenn du diesen Unsinn hören willst. Was übrigens das Berühren von Geist angeht, so habe ich soeben einen Schädel gefunden, dessen Hirn du auf deine Weise berührt hast, aber du scheinst das bei meinem Freund bisher noch nicht getan zu haben.«
Eure Hoheit, ich muß gestehen, daß es mich selbst überraschte, mich den irren Dokerfins Freund nennen zu hören, aber ich finde, daß der gemeinsame Aufenthalt in der Höhle eines Trolls ein sonderbares Gefühl der Kameradschaft erweckt.
»WAS DU ALS UNSINN BEZEICHNEST, IST FÜR MICH VON GROSSER BEDEUTUNG. ER IST VON DER AUSSENWELT MIT GEHEIMEN ABSICHTEN IN UNSERE STADT GESCHICKT WORDEN. VIELLEICHT ZEIGT ER SICH RITTERLICH, WENN ER ERWACHT, OBWOHL ICH WOHL NIE SOLCHE MACHT ÜBER IHN HABEN WERDE WIE ÜBER DICH, WIRD ER MICH IMMERHIN SO SEHEN, WIE ICH ES WÜNSCHE.«
»Ich werde dich so sehen, wie ich es wünschte«, sagte ich zu ihm, »und das ist: tot.« Und ich zog mein Schwert und stürzte mich auf ihn.
Meine Klinge berührte ihn nie. Statt dessen rannte ich außer Atem durch ein enges Tal, an dessen Seiten steile Hügel aufragten. Es war Nacht, die Luft in meinen Lungen feucht und kühl, aber nach Rauch riechend, wie wenn Wasser auf ein Feuer geschüttet worden ist. Mein Panzer und meine ganze Kleidung waren verschwunden; statt meines Schwertes hatte ich einen grünen Schößling in der Hand, den ich am liebsten weggeworfen hätte, als ich merkte, wie unnatürlich schwer er in meiner Hand hing. Dann wußte ich, daß nicht ich rannte, sondern mein Geist, und daß der Schößling in Wirklichkeit mein gutes Schwert war, wenngleich es im Geisterland nicht so zu sein schien; vermutlich weil ich eine neugeschmiedete Klinge trug und nicht meines Vaters Schwert.
Ich drehte mich um, bereit allem zu trotzen, was da kommen möge, erblickte aber nichts und hörte nur ein lautes Summen wie von einem Fliegenschwarm. Beritten oder zu Fuß empfiehlt es sich immer, eine Anhöhe zu halten, deshalb begann ich den Hang zu meiner Linken zu erklimmen. Im Dunkeln hatte ich geglaubt, daß der Hügel einfach aus Steinen und Erde bestünde, aber die Steine, die meine Füße loslösten, klirrten manchmal wie Eisen oder zerschellten wie irdenes Geschirr. Auch fühlten meine Finger oft statt Gras Asche oder Tuch …
… Als ich mir wieder meiner Umgebung bewußt wurde, war mein erster Gedanke, daß der Aufprall meiner Augen auf das Wasser zu Blindheit geführt hätte. Es dauerte einige Minuten, ehe sich meine Pupillen genügend weiteten, um Gegenstände zu erkennen, aber auch dann konnte ich nur unförmige Schatten wahrnehmen. Der Boden, auf dem ich lag, schien aus Stein zu sein und war mit einer zehn Zentimeter hohen Schicht fast flüssigen
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