Damon Knights Collection 3
wir, er und ich, hier lebend herauskommen? Überleg es dir gut, denn wenn du es mir nicht sagen kannst, habe ich vor, dich hiermit zu töten.«
»ES GIBT KEINEN BESSEREN AUSWEG.«
Er machte eine Pause, und ich konnte fühlen, daß er meinen Verstand intensiver ergründete als je zuvor.
»DU WIRST MICH NICHT TÖTEN. MORD STECKT NICHT IN DIR. DIR WURDE WÄHREND DEINES GANZEN KURZEN LEBENS EINGEIMPFT, DASS ES KEIN GRÖSSERES VERBRECHEN GIBT, ALS EINER INTELLIGENZ DAS LEBEN ZU NEHMEN. SOGAR ALS DU IN DIESE WELT KAMST, IN DER DER TOD OFT ZUSCHLÄGT, HAST DU NUR EINE WAFFE MITGEBRACHT, DIE NICHT TÖTET. UND ICH BIN WEHRLOS.«
Ich holte mit dem Schwert aus, erkannte aber dabei, daß der Traki recht hatte. Mein Arm zitterte, und mein Magen krampfte sich zusammen. In meiner Fantasie konnte ich das Zischen dieser lebenraubenden Klinge hören, den Widerstand und das Nachgeben spüren, wenn sie die Wirbelsäule spaltete und der klebrige Strahl warmen Blutes hervorspritzte; schlimmer noch, ich ahnte die mich heimsuchende Besudelung, meine lebenslängliche Selbstverdammung ohne Hoffnung auf Absolution. Ich wünschte, ich wäre selbst der Gefahr solcher Vernichtung ausgesetzt, und fiel in Ohnmacht.
… Als ich den Gipfel erreichte, wurde es heller, obgleich kein Mond schien. Ich schaute umher und erblickte auf einer Seite Lichtpünktchen, nicht verlöschende Funken, als erhöbe sich dort ein Berg, dessen Flanken viele fackeltragende Männer erklommen. Auf meiner anderen Seite konnte ich Sternenglanz im Wasser sehen, und ich wußte, ohne zu wissen wieso, daß es der Fluß war, an dessen anderem Ufer Sicherheit winkte. Ringsherum waren niedrige steile Hügel.
Ich konnte keinen Verfolger sehen, aber das Summen schwoll immer stärker an, und ich fürchtete mich davor, ohne zu wissen, warum. Ich glaube nicht, Eure Oberhoheit, daß es mir im Lande der Menschen so ergangen wäre; im Geisterland saugt irgendeine Zauberkraft das Blut aus den Adern eines Kriegers und läßt darin eine kalte Flüssigkeit zurück, die zwar Leben, aber keinen Mut verleiht.
Ich wollte schon weiterrennen, als ich etwas Glitzerndes zu meinen Füßen erblickte. Es war ein Stück rotes Glas – so wie es Priester verwenden, um Bilder in den Fenstern der Tempel zu schaffen. Es war zerbrochen und nutzlos; doch ohne mich zu bedenken, hatte ich es aufgerafft und zu anderem solchen Kram in den Beutel aus geflochtenen Binsen gesteckt, den ich um die Schultern trug. Ich kann nicht sagen, warum ich so etwas Törichtes tat oder warum ich so stolz darauf war wie eine Bauerndirne auf ein neues Band.
Nachtnebel stieg nun vom Fluß auf und füllte die Täler. Obgleich er üblen Gestank von dem Boden unter meinen Füßen mit sich brachte, segnete ich ihn, denn ich wußte, daß er mich verhüllte.
Die Hügel wurden niedriger und der Nebel dichter, als ich von Tal zu Tal floh, und ich wußte, daß der Fluß in der Nähe sein mußte, aber jeder Atemzug brannte in meiner Brust, und meine Schritte schwankten. Das Dröhnen des Blutes in meinen Ohren war so laut, daß ich das Rennen eines anderen durch das Tal, das ich überquerte, erst hörte, als er fast vor mir stand. Er war nackt wie ich, und sein langes Haar hing wie eine schmutzige Matte herunter, aber ich hätte ihn auch wie einen Bruder geküßt, wenn dazu Zeit gewesen wäre, so glücklich war ich, ein menschliches Gesicht in diesem furchtbaren Lande zu sehen.
Er rief mir zu – Worte, die ich noch nie gehört hatte, die mir aber so deutlich waren wie die Westsprache: »Hierher! Du hast dich verirrt. Folge mir!«
Er führte mich durch eine schmale Schlucht in den Hügeln, an der ich soeben vorbeigekommen war, ohne sie zu sehen. Auf der anderen Seite senkte sich der Boden unverkennbar zum Fluß hinab, und ich konnte den langen weißen Bogen der Brücke sehen, die ihn überspannte. Wir waren fast bei ihr angelangt, als ich erkannte, daß es die Brücke des Trolls war, und da erfuhr ich, was Angst heißt, und ich hätte kehrtgemacht, wenn mein Gefährte mich nicht beim Arm gepackt hätte.
»Ein Troll bewacht diese Brücke«, sagte ich, aber die von mir deutlich in der Westsprache geformten Wörter kamen mir nur als wirre Kehllaute über die Lippen. Dennoch schien er sie zu verstehen und zeigte zu einer niedrigen Festung fast auf Höhe des Wassers.
»Er ist zwar dort, aber er kümmert sich nicht um uns. Er betrachtet den Himmel. Siehst du das Auge?«
Ich schaute nochmals hin und erblickte ein großes Auge aus
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