Dampfnudelblues
heißt, vermutlich winken sie nur dem Karl. Weil das ja vermeintlich der neue Nachbar wird, den sie so sehnlich erwarten.
»Jetzt wink schon zurück«, sag ich zum Karl.
»Wieso ich? Ich kenn die doch gar nicht«, will er wissen.
»Weil sich das halt so gehört«, sag ich.
Und dann winkt er zurück. Einwandfrei.
Am Abend ruft dann der Birkenberger an und gibt seinen ersten Zwischenbericht durch. Ja, sagt er, er hat die Susi gefunden. Es war gar nicht so einfach. Viel schwieriger aber war es noch, überhaupt ein Hotelzimmer zu finden. Ausgebucht bis ins letzte Zofenkammerl, sagt er. Weil in der momentan herrschenden Hochsaison halt Hinz und Kunz nach Italien will.
Ich nicht, denk ich mir so.
Jedenfalls ist er dann schließlich doch noch fündig geworden, was das Zimmer betrifft. Und freilich auch, was die Susi betrifft. Er hat sie auf dem Marktplatz gesehen, wograde der Wochenmarkt stattfindet. Und dort hat sie sich von Bude zu Bude gebummelt und hat auch einiges eingekauft. Das hätt er mir jetzt nicht sagen müssen, das war sowieso sonnenklar. Für so überflüssige Informationen würd ich nie ein Geld ausgeben. Aber er ist ja quasi gratis, der Rudi. Drum ist es mir auch wurst. Sie war dort wohl allein, also auf dem Wochenmarkt. Zumindest hat er niemanden in direkter Begleitung gesehen. Was aber nicht unbedingt eindeutig ist, weil dort logisch Unmengen von Menschen waren. Er geht jetzt gleich zum Abendessen und dann macht er sich noch mal auf die Suche. So groß ist das Kaff nämlich nicht, sagt er. Es gibt nur ein paar Möglichkeiten, sich zu amüsieren. Abgesehen natürlich von den Hotelzimmern selber. Dann lacht er, der Arsch.
Er wird sich wieder melden, sobald er mehr weiß.
Weil die Urlaubswelle auch Niederkaltenkirchen leer gefegt hat, ist es noch deutlich ruhiger wie jemals zuvor. Vermutlich liegen alle an irgendwelchen versifften Stränden und holen sich dort Hautkrebs, quasi direkt vom Hersteller. Jedenfalls sind unsere Straßen und Plätze völlig verwaist. Da macht auch Streife fahren überhaupt keinen Spaß mehr. So nutz ich die Gunst der Stunde und fahr einmal nach Landshut rein. Mein Weg führt mich direkt zur Wohnung von der Angie.
Buchheim steht auf der Klingel.
Ich läute.
Sie ist daheim und macht mir auf. Sie schaut wesentlich besser aus als neulich am Friedhof. Wenn auch verweint. Im ersten Moment erkennt sie mich gar nicht. Sie fragt mich, was ich möchte. Dann aber fällt’s ihr wie Schuppen von den Augen und es huscht ihr sogar ein kleines Lächeln übers Gesicht.
»Franz?«, sagt sie und streckt beide Arme aus. »Franz Eberhofer, das glaub ich jetzt nicht. Wie lang ist das denn her?«
»Lang. Zu lang würd ich sagen.«
Sie zerrt mich in die Wohnung und ich schau mich kurz um. Alles ist schäbig hier. Sehr sauber, aber halt abgewohnt und armselig. Ich setz mich an den Küchentisch und sie fängt an, Kaffee zu kochen. Körperlich ist sie noch tipptopp, die Angie. Da kann man nichts sagen. Aber das Gesicht ist eben schon nicht mehr ganz knackig.
»Was treibt dich denn zu mir her?«, fragt sie, indem sie das Kaffeegeschirr hinstellt, wo es zu stehen hat.
»Es ist ein bisschen beruflicher Natur«, sag ich so und versuche, es so beiläufig wie möglich zu halten.
»Aha«, sagt sie und ist offenbar noch immer erfreut, mich hier zu haben.
»Ich bin bei der Polizei, Angie.«
Sie nickt. Dann holt sie den Kaffee von der Platte und gießt ein.
»Da wolltest du ja schon immer hin, das weiß ich noch genau. Und, hast du damit deinen Traumjob gefunden?«
»Nein«, sag ich. »Ein Traumjob ist es nicht. Nicht immer, zumindest. Heute zum Beispiel rein gar nicht.«
»Du bist wegen dem Marcel da?«, fragt sie und ihr Lächeln verschwindet jetzt hinter glasigen Augen.
»Im Grunde bin ich wegen dem Höpfl da. Sagt dir der Name irgendwas?«
Sie überlegt kurz und schüttelt den Kopf.
»Dein Marcel war drogensüchtig. Weißt du das eigentlich?«
Sie steht auf und wirft dabei ihre Tasse um. Ich geh zum Spülbecken und hol einen Lappen.
»Scheiße!«, sagt sie und weint. »Natürlich weiß ich das. Er ist immerhin dran gestorben!«
»Weißt du auch, womit er sich die Drogen finanziert hat? Ich mein, wenn ich mich hier so umschau, war das Taschengeld vermutlich nicht ausreichend für seinen täglichen Bedarf.«
Jetzt hält sie sich beide Ohren zu und fängt an zu singen. So kommen wir hier nicht weiter, so leid sie mir auch tut. Ich glaub, sie hat lange genug die Augen
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